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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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aufzuschließen, hielten Wachen ihn zurück. Fassungslos bekam er zu hören, dass er nicht auf der Gästeliste des Empfanges stand. Er war doch der Bruder der zukünftigen Zarin, da musste er doch einen Ehrenplatz bekommen! Die Wachen zuckten nur mit den Schultern.
    Am Tag darauf wurde er den Chevalier-Gardes vorgestellt, deren Kapitän er auf Wunsch des Zaren werden sollte. Er atmete auf. Wenigstens würde er in der Stadt stationiert sein, so konnten Olly und er sich nach Dienstende sehen. Oder an seinen freien Tagen.
    Dachte er .
    *
    Die nächsten drei Wochen wurden für Olly zu den anstrengendsten ihres Lebens – und das in vielerlei Hinsicht. Ein Empfang jagte den nächsten, sämtliche Hoheiten aus Politik, Kirche und Adel wollten Saschas zukünftige Gattin vorgestellt bekommen, Ollys und Adinis Anwesenheit war bei diesen Empfängen ebenfalls Pflicht. Natürlich kam sie jedem Wunsch ihrer Eltern nach, parlierte und lächelte hoheitsvoll. Dabei wollte sie doch nur einen sehen – Alexander. Aber nicht einmal für ihre Sehnsucht hatte sie genügend Zeit.
    Als würden diese Termine nicht reichen, war Anna der Ansicht, dass Olly ihre Klavierstunden, den Zeichenunterricht und weitere Fertigkeiten viel zu lange sträflich vernachlässigt hatte.
    Der Stundenplan, den sie für Olly organisierte, konnte fast mithalten mit dem, den Cerise vor ihrem Übertritt zum orthodoxen Glauben zu absolvieren hatte: Religionsunterricht, Russisch, Heimatkunde – die zukünftige Thronfolgerin stürzte sich mit einem solchen Eifer in ihre neuen Aufgaben, dass am Hof bald der Spruch die Runde machte, die Deutsche wolle russischer werden als die Russen. Ihren Bruder schien sie bei alldem nicht sehr zu vermissen, jedenfalls nahm sie am höfischen Protokoll, das Alexander bisher keinen Platz zubilligte, keinen Anstoß.
    Olly half Cerise bei ihren Studien, wo es ging. Viel lieber hätte sie ihr allerdings die Stadt gezeigt, wäre mit ihr Maria Bariatinski und andere Freundinnen besuchen gegangen, hätte mit ihr gelacht, geredet, getuschelt. Doch den gesellschaftlichen Part von Cerises Eingewöhnung hatte die Zarin einer ihrer jüngeren Hofdamen übertragen. Sehr zu Ollys Missfallen war dies ausgerechnet Julia Gräfin von Haucke. Sie, die sich einst in kürzester Zeit auf unkomplizierte Art eingelebt habe, würde Cerise bei deren Eingewöhnung bestimmt eine große Hilfe sein, hatte Ollys Mutter argumentiert.
    Tatsächlich verstanden sich die beiden auf Anhieb, was Ollys Aversion gegen Julia nur weiter schürte. Sie wollte doch diejenige sein, der sich Cerise anvertraute! Sie wollte mit ihr Freud und Leid teilen, ihre beste Freundin werden.
    Dass stattdessen Julia von Haucke einen solchen Einfluss auf Cerise bekam, passte Olly ganz und gar nicht. Adini verstand Ollys Ressentiments nicht, sie fand die bildhübsche Julia mit den Wangengrübchen sehr nett.
    »Julia von Haucke ist Cerise wirklich eine große Stütze«, befand auch Anna, fügte dann jedoch stirnrunzelnd hinzu: »Dass Julia sich allerdings im gleichen Maße um Cerises Bruder kümmert, finde ich eher … unpassend. Mich wundert, dass deine Eltern nichts dagegen einzuwenden haben, wenn die beiden ständig durch St. Petersburg spazieren. Immerhin ist sie nur eine gewöhnliche Hofdame und Alex ander der Bruder der zukünftigen Zarin.«
    Olly glaubte nicht richtig zu hören. Julia und Alexander trafen sich? Davon hatte sie noch gar nichts mitbekommen. Und ihre Eltern bestimmt auch nicht, so etwas hätte ihr Vater doch nie toleriert! Von ihm wusste Olly, dass sich Alexander gut in die Chevalier-Gardes eingefügt und den Respekt der anderen Männer erlangt hatte. Diese Nachricht war eine Beruhigung für sie gewesen. Wenn sie sich schon nicht sehen konnten, so ging es ihm doch wenigstens gut.
    Nunhörte sie jedoch noch aus anderen Quellen, dass Julia und Alexander schon mehrmals bei gemeinsamen Fahrten durch die Stadt gesehen worden waren. Julia habe ihn sehr angeregt auf die Sehenswürdigkeiten aufmerksam gemacht, man hatte den Eindruck, dass die Hofdame und der Bruder der zukünftigen Zarin sich prächtig verstanden.
    Olly, die vor Eifersucht fast platzte, versuchte daraufhin noch verzweifelter, ein Treffen mit Alexander zu arrangieren, doch immer wieder kam etwas dazwischen.
    Dann, fast drei Wochen nach ihrer Ankunft in St. Petersburg, stand ein Wiedersehen endlich bevor.
    Es war Marys Idee gewesen, alle Geschwister sowie die neue Schwägerin und den Schwager in ihrem Landhaus zu

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