Die Zarin der Nacht
Salons von Sankt Petersburg, während Nikita Iwanowitsch Panin in dem Glauben, dass Katharina nur als Regentin herrschen will, bis ihr Sohn volljährig ist, am Hof Kontakte herstellt.
Ihre Botschaft verbreitet sich schnell und zieht weite Kreise. Gold macht Zögernde mutig. Sie, die künftige Kaiserin, hält alle Fäden in der Hand, verknüpft sie so, dass nur sie das komplizierte Geflecht auflösen kann.
Sag ihnen nicht zu viel, mute ihnen nicht zu viel Nachdenken zu, ermahnt sie sich selbst jeden Morgen. Drücke dich einfach und klar aus, sodass sie sich deine Worte leicht merken und sie wiederholen können.
Freiheit von der Tyrannei! Schaffen wir uns diesen verrückten Ausländer vom Hals, der glaubt, dass es eine Strafe ist, in Russland zu leben! Der aus uns PreuÃen machen will. Nicht wie seine Frau Katharina Alexejewna, die so viel unter ihm gelitten hat und die immer Respekt bewiesen hat vor allem, was uns Russen heilig ist!
In den Salons von Sankt Petersburg wächst die Anspannung. In verrauchten Hinterzimmern machen sich erfahrene Höflinge Gedanken, wer wohl stärker ist, Katharina oder Peter.
Ihre Versprechungen sind mittlerweile auch in den Kasernen bekannt, wo man Elisabeth in hohen Ehren hält. Die verstorbene Matuschka hat der Nation aufopferungsvoll gedient â das beweist doch, dass eine Frau sehr wohl ein Land gut regieren kann.
Katharina weià ihre Schwangerschaft gut zu verbergen. Wenn sie Besucher empfängt, sitzt sie immer hinter ihrem Schreibtisch, der ihren Bauch verdeckt. Inzwischen macht das Spiel der Täuschung ihr sogar SpaÃ, und es erfüllt sie mit Stolz, dass sie so erfolgreich alle Welt hinters Licht führt. Am Morgen vor dem Ankleiden legt sie ihre Hand auf ihren Bauch und fühlt die flinken Bewegungen des Kinds. Rastlos wie sein Vater, denkt sie.
Eine Geburt ist immer gefährlich. Sie ist jetzt dreiunddreiÃig, und dies ist ihr drittes Kind. Für Paul, ihren Erstgeborenen, ist sie eine Fremde. Die kleine Anna bekam sie kaum je zu sehen, weswegen sie fast keine Erinnerung an sie hat. Nur eine kleine kalte Hand, die sie küsste, bevor man den Sargdeckel schloss, ist ihr im Gedächtnis geblieben.
Es waren schwere Geburten, die sie beinahe das Leben gekostet hätten.
Sie versucht, mit ihren Ãngsten allein fertigzuwerden, in aller Stille und unbeobachtet. Was immer die Zukunft bringen mag, Matuschka , die Mutter Russlands, muss sich allein damit herumschlagen.
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Das Kind in ihrem Bauch ist so groà geworden, dass alle Tarnung nicht mehr viel nutzt. Ihr Mann reagiert zunehmend gereizt auf ihre zu oft wiederholten Bitten, sie wegen Krankheit zu entschuldigen. »Madame Neunmalklug ist so hochmütig wie eh und je«, erklärt er. Und Katja Daschkowa stöÃt einen spitzen Entsetzensschrei aus und will ihr unbedingt ihren eigenen Arzt schicken, damit dieser die geschwollenen FüÃe der GroÃfürstin untersucht. »Sie geben immer noch nicht genügend auf sich Acht«, lässt sie ausrichten. »Darum müssen wir, Ihre Freunde, uns um Sie kümmern.«
Die GroÃfürstin ist erleichtert, als endlich die Wehen einsetzen und die Fruchtblase platzt und die Hebamme kommt, die ununterbrochen Gebete und Ermahnungen flüstert. Diese Geburt wird eine Befreiung sein. Sie wird eine hinderliche Last loswerden und dann bereit sein, den nächsten Schritt zu tun.
Sie ist nicht allein. Grigori und seine Brüder haben geschworen, sie mit ihrem Leben zu schützen. Sie sind taktisch versiert und werden ein Ablenkungsmanöver veranstalten.
»Ein Feuer, wie es Sankt Petersburg noch nicht erlebt hat.« Grigori lacht glucksend. Der Brand wird Unmengen von Gaffern anlocken. »Du wirst schon sehen, Katinka.« Ein vertrauenswürdiger Freund von Grigori wird ein altes Holzgebäude weiter oben an der StraÃe, das seit einiger Zeit leersteht, anzünden. »Das brennt lichterloh. Und dann kannst du schreien, so viel du willst«, verkündet er mit fast kindlichem Stolz.
Die Hebamme scheucht Grigori aus dem Zimmer. Bei einer Geburt kann man keine Männer gebrauchen.
Stunden vergehen, bis die Hebamme sie anweist, zu pressen.
Lange Stunden, in denen Warwara beruhigend auf sie einredet. Alles ist genau geplant und sorgfältig vorbereitet. Warwara selbst wird das Neugeborene aus dem Palast schmuggeln. »Ich werde mich darum kümmern, dass es gut versorgt wird â¦
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