Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
auf. »Als ob Ihr nicht wüsstet, wer der Dunkelelf ist und was er vorhat. Als ob Euch nicht klar wäre, dass es unter seiner Herrschaft keine freien Völker gibt, und dass Sklaverei und Zerstörung ihm wie dunkle Schatten folgen.«
»Zumindest was die Wahl blumiger Vergleiche betrifft, scheint Ihr in der Tat viel von Farawyn gelernt zu haben.« Ardghal rümpfte die schmale Nase, was ihn noch blasierter aussehen ließ. »Wollt Ihr Euch wohl die Mühe machen, die Dinge einmal durch meine Augen zu sehen? Natürlich nur, wenn Euer offenkundig begrenzter Verstand dazu in der Lage ist...«
»Und was ist Eure verdammte Sicht der Dinge?«, verlangte Granock zu wissen.
»Als ich Tirgas Lan verließ, hatte ich einen guten Grund dafür«, erklärte der Elf und hob in einer Unschuldsgeste die dürren Arme, an denen die Ketten hingen. »Keineswegs bin ich gegangen, weil ich eine falsche Entscheidung getroffen hatte oder mich meiner Verantwortung entziehen wollte, wie Ihr behauptet. Sondern weil ich eine einfache Feststellung gemacht hatte - dass das Reich dem Untergang geweiht ist, wenn sich nichts ändert. Auf dem Elfenthron sitzt ein Kind! Ein Dichter! Ein Träumer! Was das Reich braucht, sind nicht Oden und Gesänge, sondern Recht und Ordnung!« Er unterbrach sich, und zum ersten Mal hatte Granock den Eindruck, dass der Hochmut aus Ardghals Zügen schwand.
»Als ich ging«, fuhr der Elfenfürst leiser fort, wobei er Granocks Blick auswich und zu Boden starrte, »hatte ich nicht vor, mich Margok anzuschließen, den ich noch vor nicht allzu langer Zeit noch ebenso gehasst habe, wie Ihr es tut. Aber ist es nicht so, dass wir stets die Dinge am meisten hassen, die wir nicht kennen? Von Unrast getrieben, wanderte ich umher, und traf schließlich auf Rurak, der mir die Augen öffnete.«
»Der Verräter öffnete Euch die Augen?«, hakte Granock wenig begeistert nach. »Wofür?«
Ardghal schaute auf und blickte ihm wieder direkt ins Gesicht. »Für die Wahrheit«, erklärte er unumwunden. »Margok ist nicht das, was stets behauptet wird und was seine Feinde in ihm sehen wollen. Er mag ein Zauberer sein und sich verbotenem Wissen verschrieben haben, und womöglich trug er auch Schuld am Ersten Krieg...«
»Womöglich?«, platzte Granock aufgebracht dazwischen.
»... in erster Linie ist er jedoch ein Erneuerer, der die Kraft hat, das Reich wieder zu einen«, brachte der Elf seinen Satz unbeirrt zu Ende. »Er allein kann es zu neuer Größe führen und Erdwelt dauerhaften Frieden schenken. Ist das nichts, wofür ein Kampf lohnt, Meister Lhurian? Wofür nötigenfalls auch ein Verrat lohnt?«
Granock ließ sich mit der Antwort Zeit, wählte jedes seiner Worte sorgfältig. »Nur weil Ihr Ruraks Schmeicheleien und Verlockungen auf den Leim gekrochen seid, muss ich es nicht auch tun«, beschied er dann. »Ihr mögt in König Elidor einen Träumer sehen, und vielleicht ist er das auch einmal gewesen. Aber er hat sich geändert, und ich zweifle nicht daran, dass Euer Verschwinden dazu beigetragen hat. Elidor hat den Bund mit dem Zauberorden erneuert und sich zu einem großen Anführer entwickelt, der das Vertrauen seines Volkes ...«
»Ein großer Anführer?« Ardghal lachte gequält auf. »Wollt Ihr Farawyns Marionette ernstlich so bezeichnen?«
»Ihr redet Unfug«, widersprach Granock entschieden. »König Elidor hängt an niemands Fäden. Ihr selbst jedoch solltet Euch überlegen, wer es ist, der Eure Schritte lenkt und Euch Dinge sagen lässt, die keinen Sinn ergeben.«
»Ich wurde manipuliert, das ist wahr«, gab der Elfenfürst zu Granocks Überraschung zu. »Es ist die hohe Kunst der Politik, andere in seinem Sinne agieren zu lassen und ihnen dabei das Gefühl zu geben, in ihrem Interesse zu handeln. Ich selbst habe diese Kunst einst meisterlich beherrscht - nun bin ich zum Objekt des Spiels geworden. Für Rurak sicherlich. Und auch für Margok. Und nicht zuletzt für Yrena, genau wie Ihr, mein Freund.«
»Was soll das heißen?«
»Was hat Sie Euch gesagt?«, wollte Ardghal wissen. »Dass sie mich Euch zum Geschenk macht? Dass sie dem Elfenkönig damit ihre Verbundenheit zeigen will?«
Granock entgegnete nichts, aber seine verblüffte Miene war Antwort genug.
»Das jedenfalls hätte ich an ihrer Stelle getan«, meinte Ardghal und grinste matt. »Macht Euch nichts vor, was Yrena betrifft. Sie ist eine schöne Frau - jedenfalls nach menschlichem Ermessen - und hat einen wachen Verstand. Vor allem aber ist sie die Tochter
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