Die zauberhafte Tierhandlung, Band 02: Lotte und die Drachenmagie (German Edition)
man zwei Stifte hat und man die Schrift erst sehen kann, wenn man mit dem zweiten drüberfährt.« Ruby musterte sie jetzt ein bisschen komisch, und Lotte nickte eifrig.
»Ja, so was in der Art«, bestätigte sie und wechselte rasch das Thema. »Ich kann nicht fassen, dass Zara immer mit allem durchkommt!«
Ruby schüttelte angewidert den Kopf. »Ich weiß. Es ist so ungerecht. Aber irgendwie muss ich bloß so was sagen wie … keine Ahnung … sie hat die stinkigsten Füße der Welt, und das halbe Lehrerzimmer erklärt mir, dass solche Bemerkungen verletzend sein können und ich meine Wut konstruktiver gebrauchen soll.«
»Das haben sie wirklich gesagt?«, fragte Lotte grinsend.
»Japp. Mrs Laurence, letztes Schuljahr. Sie war gerade auf irgendeinem Seminar gewesen, glaube ich.«
Lotte hob einen Zweig auf und steckte ihn durch die Löcher in den Metallstufen der Feuertreppe. »Hast du Lust, morgen nach der Schule mit zu mir zu kommen? Ich wette, mein Onkel hätte nichts dagegen«, sagte sie. »Du musst nicht, wenn du schon was anderes vorhast«, fügte sie hastig hinzu.
»Das wäre cool.« Ruby sah aus, als würde sie sich richtig freuen, und Lotte fragte sich plötzlich, ob sie sehr einsam an der Netherbridge-Hill-Schule gewesen war, seit Zara ihre Freundin Lucy vertrieben hatte. »Du weißt, dass wir in dem Haus mit der Tierhandlung wohnen«, ergänzte sie und richtete den Blick wieder auf den Zweig in der Feuertreppe. Sie hatte sich schon eine Menge gemeiner Sticheleien über stinkende Tierhandlungen und Leute, die kein richtiges Haus hatten, von Zaras Freundinnen anhören müssen – sie hatten dafür gesorgt, dass sie sie auch ganz bestimmt hörte. Und obwohl sie die Tierhandlung liebte, fragte sie sich plötzlich, ob Ruby ein bisschen auf sie herabgucken würde.
Aber Ruby nickte aufgeregt. »Ich weiß. Ich war schon mal da! Ich kaufe die Grillen für meine Eidechsen dort und diese komischen kleinen Dinger, die dein Onkel Eidechsenleckerli nennt. Er hat mir mal erzählt, dass sie aus zerstampften Spinnen gemacht sind, aber ich glaube nicht, dass das wahr ist … «
Lotte dachte, dass es das vermutlich doch war und Onkel Jack bloß vergessen hatte, mit wem er sprach.
»Egal, ich liebe den Laden jedenfalls, und ich komme immer nur mit meiner Mum hin, und sie lässt mich nie lange genug bleiben, dass ich alles angucken kann. Hat er immer noch diese niedlichen schwarzen Kätzchen?«
Lotte lächelte in sich hinein. Sie wusste genau, von wem Ruby sprach, aber sie hätte ganz andere Worte für sie gefunden. Teuflische kleine Biester wahrscheinlich. »Er hat zwei davon verkauft, aber wir haben immer noch Selina und Sarafan, die Mädchen.« Eine ältere Hexe hatte Midnight und Jet gekauft und Onkel Jack versprochen, ihnen in kürzester Zeit Manieren beizubringen, sie hätte da ihre Methoden . Lotte hatte Midnight noch nie so ängstlich gucken sehen.
»Du hast Eidechsen?«, fragte sie. Ruby schien eine furchtbar interessante Person zu sein. Viel zu interessant, um bloß einen Hamster zu haben, wie es aussah.
»Ich habe zwei, und sie sind genial«, begann Ruby zu erzählen, als die Glocke läutete.
Sie rappelten sich auf und traten geduckt unter der Feuertreppe hervor. »Glaubst du, Zara wird uns irgendwas tun?«, fragte Lotte und versuchte, nicht allzu nervös zu klingen.
»Wahrscheinlich.« Ruby wirkte einen Moment verunsichert. »Aber das hätte sie sowieso getan, selbst wenn ich sie nicht an den Haaren gezogen hätte, also mache ich mir nicht mehr Sorgen als sonst auch.«
Lotte nickte. Das ergab einen gewissen Sinn.
Bevor sie am nächsten Morgen in die Schule ging, erläuterte Lotte den Mäusen sehr eindringlich, dass sie eine Freundin mit nach Hause bringen würde und sie diskret sein mussten.
»Wir können diskret sein!«, quiekten die pinkfarbenen Mäuse, die sich soeben zu einer sechsmäusigen Nagerpyramide auf dem Dach ihres Käfigs formiert hatten. »Wir werden so diskret wie sonst nur was sein!«, fügten sie hinzu, lösten die Pyramide auf und bildeten stattdessen eine Polonaise. »Was bedeutet diskret?«, rief eine von ihnen über die Schulter zurück, während die ganze Bande, die Beinchen in die Luft werfend, Richtung Regalende marschierte.
Eine geisterhafte Stimme drang aus dem Schlafquartier von Septimus, der schwarzen Ratte. »Sie kennen die Bedeutung des Wortes wirklich nicht«, rief er. »Sie meint, ihr müsst euch normal verhalten«, erklärte er den Mäusen. »Was in Anbetracht der
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