Die Zauberlehrlinge
Mr. Lazenby freut sich sehr darauf, Sie zu treffen. Wann könnten Sie kommen? Vielleicht heute im Laufe des Tages?«
»Heute ist es ein bisschen schwierig.«
»Dann morgen?«
»Ja... äh...«
»Bis Ende der Woche hat Mr. Lazenby noch schrecklich viele Termine.«
»Also gut, morgen.«
»Zehn Uhr dreißig?«
»Ginge es etwas später?«
»Sechzehn Uhr?«
»Ja, das wäre gut, sechzehn Uhr.«
»Ich trage das in seinen Terminkalender ein. Mr. Lazenby ist morgen nachmittag um sechzehn Uhr für Sie und Ihren Kollegen frei, Mr. Page. Danke für Ihren Anruf.«
»Gut. Also, danke...« Harry hielt inne, sobald ihm klarwurde, dass er nur noch mit sich selber sprach. Das hatte er nie als gewinnbringende Übung betrachtet. Außerdem waren Selbstgespräche über Amraks Leitungen ruinös teuer. Er legte den Hörer auf, drängte sich aus der engen Kabine und ging im Rhythmus des Metroliners schwankend zu seinem Platz zurück.
Der Zug befand sich ungefähr auf halbem Weg zwischen Philadelphia und New York. Es war kurz nach zehn am folgenden Morgen. Harry starrte hinaus auf ein anonymes, bewölktes Stück von New Jerseyer Hinterland, als mache er es persönlich verantwortlich für diese Reise, die er eigentlich nicht hätte unternehmen sollen. Doch er konnte insgeheim darüber rechten, soviel er wollte, er hatte im Grunde keine Wahl. Er musste herausfinden, was mit Woodrow passiert war. Noch besser wäre es, ihn selbst zu finden, und zwar möglichst vor dem Termin, den er gerade bei Lazenby vereinbart hatte.
Vielleicht hätte er das überhaupt nicht tun sollen. Aber es noch länger aufzuschieben, hätte einen merkwürdigen Eindruck gemacht, und von da bis zum Argwohn war es nicht mehr weit. Vielleicht hätte er auch Donna konsultieren sollen, ehe er Washington verließ. Sie hätte in Baltimore in den Zug steigen und die Gefahren mit ihm teilen können, die ihn womöglich in New York erwarteten. Aber vielleicht hätte sie auch darauf bestanden, statt Harry zu fahren. Wahrscheinlich sogar, wenn man bedachte, wie wichtig er für ihre Pläne war. Und so war vielleicht irgendeine altmodische Vorstellung von Galanterie der eigentliche Schlüssel zu seinem Verhalten.
Der Zug verlangsamte kurz die Fahrt, als er durch einen Bahnhof brauste. Harry schaute hinaus und konnte den Namen des Bahnhofs lesen: Princeton Junction. Er war also nicht weit von der Universität entfernt, an der Torben Hammelgaard gearbeitet hatte, und auch nicht vom Institute for Advanced Study, wo Athene Tilson vor vierzig Jahren mit Albert Einstein hochfliegende Theorien ausgetauscht hatte. Und vielleicht auch nicht weit entfernt von einer Antwort, wenn er nur herausfinden könnte, wie die Frage lautete.
Bei der Ankunft in Penn Station schlug Harry sofort in einem Telefonbuch Woodrows Adresse nach. Dann sprang er in ein Taxi. Der Fahrer musste mehrere Minuten lang einen Stadtplan studieren, ehe er losfuhr, und in dem Gewirr von Wolkenkratzern verlor Harry bald die Orientierung. Sie steuerten vom Bahnhof aus nach Osten, dann Süden, überquerten den Broadway und landeten in einer schmalen Schlucht zwischen hochaufragenden Apartmentblocks. Die Fifth Avenue war das gerade nicht.
Woodrows Wohnung lag in einem fünfstöckigen Gebäude ziemlich weit am Ende der Straße. Sechs Klingelknöpfe mit den entsprechenden Drähten hingen nur dank einiger Streifen regennassen Isolierbandes noch am Türpfosten. Harry läutete bei Woodrow. Nachdem einige Augenblicke lang nichts passiert war, drückte er auf den Klingelknopf daneben. Die Sprechanlage, über die sich anscheinend jemand erbrochen hatte, gab ein Rauschen von sich. Harry erkundigte sich schreiend nach Woodrows Verbleib. Weiteres Rauschen, dann Stille. Doch nach einem weiteren Augenblick wurde schließlich die Tür geöffnet.
Der Flur war schmal und schlecht erleuchtet. Durch irgendein Oberlicht fiel staubig graues Licht auf braunes Linoleum und die unteren Stufen eines scheinbar endlosen Treppenhauses. Harry legte den Kopf in den Nacken, um nach oben zu schauen, und begegnete dem Blick eines Burschen mit mehreren Doppelkinnen in einem schmuddeligen T-Shirt, der ihn vom Treppenabsatz im ersten Stock anstarrte.
»Sind Sie der Typ, der wegen der Harley-Davidson kommt?« fragte der Mann und lehnte sich über das Geländer. »Wissen Sie, die will ich nur 'nem echten Fan verkaufen.«
Harry grinste abwehrend. »Ich bin nicht wegen des Motorrades hier. Ich suche Woodrow Hackensack.«
Der Mann im T-Shirt runzelte die
Weitere Kostenlose Bücher