Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
Form verwandelt, dann könnten sich auch alle Frauen in Männer verwandeln, und das wäre das Ende der menschlichen Rasse. Wenn aber Gott höchstpersönlich der Menschheit befohlen hat, fruchtbar zu sein und sich zu mehren – ganz zu schweigen von anderen Lebewesen –, und wenn die nun alle hingingen und sich in männliche Wesen verwandeln ließen, so wäre das wider Gottes ausdrücklichen Willen. Hmm. Also muß Gott Männer und Frauen für gleichermaßen wert erachten, wenn auch, sagen wir, für verschieden. Sonderbar. Betrachten wir es von einer anderen Seite. Nirgendwo steht geschrieben, daß der Stein eine Frau in einen Mann verwandeln kann, und da der Stein von Gott geschaffen ist, damit man Niederes in Höheres verwandeln kann, dann bedeutet das… Mich laust der… Aber gewißlich ist es weitaus besser, ein Mann zu sein.«
    »Meinst du damit, daß du aus mir keinen Jungen machen kannst, auch wenn du den Stein hast?« Bei diesen Worten heiterte sich Malachis Miene auf.
    »Ha, Cecily. Fassen wir es als Experiment auf. Wenn ich den Stein habe und falls du dann noch immer ein Junge werden willst, so werden wir es versuchen. Klappt es, so erfüllt sich dein Wunsch, wenn nicht…«
    »Dann sind Jungen und Mädchen vor Gott gleich viel wert, und die ganze Welt irrt sich, aber ich muß weiter sticken«, sagte Cecily.
    »Cecily, du bist ein kluges Kind. Der Mann, der dich einmal heiratet, kann einem heute schon leid tun«, sagte Bruder Malachi.
    »Beeil dich mit dem Stein«, sagte Cecily und seufzte, »ich weiß, ich kriege es bis dahin noch sehr satt, die Lady zu spielen.«
    »Nun gut«, sagte Bruder Malachi und legte den Suppenlöffel erneut hin, »gehen wir hinein und sehen wir nach, ob wir den Weißen Stein haben. Inzwischen müßte das Experiment abgekühlt sein. Ich habe zwar wieder ein Philosophenei verloren, aber das Fällprodukt darin dürfte das sein, wonach wir gesucht haben, falls der allweise Arnoldus recht hat.« Wir sahen, wie er tief Luft holte, wieder in sein Laboratorium stürzte, das Fenster zum hinteren Garten öffnete und die dicken Lederhandschuhe anzog. Sim lief hinter ihm her und reichte ihm Stab und Prüfstein. Trotz des sich rasch verziehenden Gestanks scharten wir uns alle um ihn und sahen zu, wie er in die Aludel griff, wo ein geschwärztes, geborstenes Glasgefäß, wie ein Riesenei geformt, in Sand gebettet lag. »Wie ich mir gedacht habe«, sagte Malachi. »Es ist entzwei. Margaret, du ahnst ja nicht, was diese Dinger kosten. Und nur ein einziger Glasbläser im ganzen Königreich kann sie richtig anfertigen. Uff. Er verdient ein Vermögen an mir. Nun gut. Laßt sehen – nun ja, zumindest glänzt es.« Und er stocherte mit seinem Stab in dem schwärzlichen metallischen Zeug im Ei herum. Cecily zitterte mittlerweile vor Erregung, und sogar Mutter Hilde und ich, die wir durch seine früheren Experimente abgehärtet waren, hielten die Luft an.
    »Alles voller Ruß – hmm.« Er kratzte Asche und einen bröseligen schwarzen Stoff ab, unter dem Metall zum Vorschein kam.
    »Och, das ist ja grau wie Asche und schwarz wie angelaufenes Silber«, sagte Cecily betrübt.
    »Kind, mußt du eine so unverblümte Sprache führen?« sagte Malachi. Er runzelte die Stirn und klopfte die Asche vom Stab. »Das Quecksilber hat sich nicht so verflüchtigt, wie es sollte, es ist eine Verbindung eingegangen. Eine… schwärzliche, silbrige… Verbindung. Ob die zu etwas taugt? Hmm, falls ich das Verfahren vor dem dreiköpfigen Drachen umkehre und das…«
    »Überall Rauch. Hier diehd ed ja aud wie in einer Djinkenräucherei. Wad dollen die Knochen auf der Leine? Dind dad 'ammelknochen?« Alison hielt sich geziert die Nase zu und sprach, als hätte sie eine böse Erkältung.
    »Hammel, daß ich nicht lache, das sind…«
    »Malachi, bitte«, sagte ich. »Sie sind noch so unschuldig.«
    »Rückgrate von Heiligen«, trompetete Sim, Malachis Lehrling, fröhlich und boshaft. Niemand wußte, wie alt Sim war, er selbst auch nicht; man wußte nur, daß er wenig wuchs und daß sein Kopf zu groß war für seinen Körper. Älter als zwölf, jünger als zwanzig und abgebrüht wie drei Greise. »Die sehen jetzt alle hübsch alt aus«, setzte er hinzu.
    »Margaret, so begreife doch, zwischen Unschuld und Leichtgläubigkeit liegen Welten«, brummte Malachi. »Das da, Kinder, ist Ware für mein sommerliches Gewerbe.«
    »Märtyrerinnen der heiligen Ursula – und sie hatte Hunderte –, die uns ein hübsches Sümmchen bringen,

Weitere Kostenlose Bücher