Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
er, wann er nach Haus kommt?«
    »Gleich, gleich. Die Alchimie ist der Schlüssel – und gewisse Redewendungen aus unserer langen Bekanntschaft –, es ist ein Code, den nur ich entschlüsseln kann.« Malachi streckte mir den Brief hin und wies auf die Rezeptur. »Sieh her. Gold steht für König, und die Umwandlung von einfachem Stoff für unsere Eroberung Frankreichs. Und hier, wo sich das Gold in der Lösung niederschlägt… Das bedeutet, der König ist geschlagen, Margaret, und Gilbert kehrt heim. Hmm, Vollmond im Zeichen des Widders. Ja, irgendein Unglück, noch gar nicht lange her.«
    »Aber kommt Gregory nach Haus? Wann? Schreibt er das?«
    »Hier… Hmm. Daß dich der Teufel! Er weiß, daß ich sie immer Zwillinge genannt habe. Wie unhöflich von ihm! Hmm, ja. Quecksilber, das Metall der Zwillinge. Wenn du Glück hast, Margaret, kommt er Ende Mai oder Anfang Juni nach Haus. Also, das da ist interessant, Margaret. Offenbar soll das hier heißen, dem Heer ist es zwar schlecht ergangen, aber gleichwohl hat er es zu etwas Geld gebracht. Wie wohl? Er war ja schon immer ein einfallsreicher Bursche. Hätte er dich sonst geheiratet? Nun ja, ich glaube nicht, daß du dich wegen der Geldkatze in der Truhe noch länger grämen solltest; aber du mußt dir ein neues Versteck ausdenken, damit diese Kinder sie nicht finden.«
    Doch inmitten aller Freude schoß mir schon wieder ein sorgenvoller Gedanke durch den Kopf. »Malachi? Schreibt er etwas darüber, ob sein älterer Bruder und sein Vater auch nach Haus kommen? Gebe Gott, daß er vor ihnen daheim ist, sonst muß ich noch mehr verstecken als nur die Geldkatze. Lieber Gott, lieber Gott, halt mir seine Familie vom Hals, laß sie in Brokesford bleiben, wenigstens so lange, bis ich etwas Zeit mit ihm allein gehabt habe.«

Kapitel 5
    W o nur der alte Peter so lange bleibt? Sie sollen noch gestern hier geäst haben.« Ungeduldig schnipste der Herr von Brokesford einen Krümel fort, der von der Taubenpastete auf die Brust seines schäbigen und fettfleckigen ledernen Jagdrocks gefallen war. Den Rest der Pastete hatte er noch in der Hand, und um weitere Krümel zu vermeiden, schlang er ihn mit einem Bissen hinunter. Gleich nach seiner Heimkehr aus Frankreich war er ohne Zwischenfälle auf seine Ländereien zurückgekehrt, Gott sei Dank mit heilen Gliedmaßen. Auch beide Söhne waren am Leben, was er als besondere Gnade empfand. Das war ganz eindeutig Gottes Wille und der Lohn für seine Tugend, und so war er rundum zufrieden, weil er sich alles als eigenes Verdienst anrechnete.
    Rosig dämmerte der Morgen herauf, eine prächtige englische Morgenröte, nicht eine dieser feuchten, fremdländischen, von denen er auf dem Marsch nach Calais viel zu viele gesehen hatte. Die Wolken am vergangenen Abend, die Vögel, die Sterne, alles hatte auf schönes Wetter hingedeutet. Englische Sonne, englisches Gras und englische Küche – alles besser. Er überblickte seine kleine Welt mit den Augen eines Mannes, der weiß, daß er Herr über alles ist, was zählt. Auf der betauten Wiese neben dem sich dahinschlängelnden Bach lagen Tischtücher ausgebreitet. Darauf eine reiche Auswahl an Gerichten für ein Jagdfrühstück, das Sir Hubert, seine Familienmitglieder, Nachbarn und Gäste verspeisen würden. Stallburschen hielten die gesattelten Pferde und die ungeduldigen Jagdhunde. Alles wartete darauf, daß der alte Peter, Sir Huberts Oberjäger, mit dem besten Jagdhund zurückkäme. Von hier, vom letzten Äsungsplatz, wollten sie ein Rudel Rotwild aufspüren. Ein kleines Zelt aus Zweigen markierte die Stelle, wo der Hirsch inmitten der Rehe und Kälber geäst hatte. Und dessen Witterung hatten der alte Peter und Bruno aufgenommen, denn heute sollte der Hirsch erlegt werden.
    »Ah, diese Luft. Die beste Würze für ein Gericht«, sagte Sir William Beaufoy, Sir Huberts alter Waffengefährte und heute der Ehrengast. Er war lange nicht mehr in Brokesford gewesen, genauer gesagt seit dem letzten Feldzug nicht mehr, seit ihrem gemeinsamen Abenteuer, seit der kleinen Sache mit dem Lösegeld, mit dem sie Sir Huberts jüngsten und undankbarsten Sohn aus französischer Gefangenschaft freikaufen mußten.
    »Es wird Euch guttun, einmal aus der stickigen Hofluft herauszukommen. Was mich angeht, so werde ich ein neuer Mensch, wenn ich weit weg bin von der zeternden Hexe, mit der ich zusammenleben muß.« Während er das sagte, langte Sir Geoffroi, der nächste Nachbar des alten Lord, nach einem großen

Weitere Kostenlose Bücher