Die Zauberquelle
weiter zu. Je besser wir Bescheid wissen, desto eher können wir uns etwas ausdenken.«
»Ich habe Margaret versprochen, daß ich die Mädchen niemals gegen ihren Willen verlobe«, hörte ich Gilbert knapp, aber fest sagen.
»Ihr Wille, ihr Wille. Diese beiden kleinen Ungeheuer. Was zählt schon ihr Wille gegen Vaters Bäume?«
»Deine Bäume, meinst du, Bruder, denn die erbst du irgendwann. Und ich sage dir, ihr Wille zählt, weil Margaret sagt, er zählt, und ich stehe zu meinem Wort.«
»Unfug, Gilbert. Es sind Peregrines Bäume. Hugos Frau ist unfruchtbar. Denk an deinen Sohn, den Herrn von Brokesford.«
»Herr einer Burg mit einem undichten Dach, mit keinem einzigen anständigen Kamin und einem Burggraben, der ausgehoben werden muß, weil er Mücken so groß wie Hummeln ausbrütet, mit Pferden, die euch die Haare vom Kopf fressen, mit einem Obstgarten, in dem nur wurmstichiges Obst reift, und mit einem Haufen fauler Bauern, die keine einzige ausreichende Ernte einbringen, um den nächsten Winter zu überstehen.«
»Letzteres ist nur vorübergehend. Denk an die Bäume, Gilbert. Die Wälder, die Felder, das Rotwild in der Morgendämmerung, die Lerchen in den Hainen, die glucksenden Bäche und die rauschenden Binsen und die beste Quelle mit sauberem Wasser weit und breit.«
»Die Eichen gehören schon bald dem Advokaten, und die Quelle ist ein heiliger Born, in den die Leute Sachen werfen. Es ist eine düstere, gottverlassene Stätte, Vater. Findet Euch damit ab, daß Ihr sie verliert.«
»Ich mich abfinden? Mich ABFINDEN? Ein de Vilers findet sich mit NICHTS ab! Kein Zoll Boden geht an den Feind, kein einziger Zoll, hörst du?«
»Hab ein Einsehen, Gilbert, bring ihn nicht schon wieder zur Weißglut. Die Sache ist doch ganz einfach. Die Lombarden wollen das Land mit den Eichen nicht als zusätzliche Sicherheit akzeptieren, weil der Advokat behauptet, daß unser Besitzanspruch fragwürdig ist. Er ist hingegangen und hat eine Besitzstörungsklage gegen uns eingereicht, die auf dem nächsten Gerichtstag verhandelt werden soll, und wir haben eine gegen ihn eingereicht. Dem Gewinner gehören die Eichen. Wir brauchen einen Kredit von den Lombarden, mit dem wir den Richter bestechen können, damit er unser Anrecht auf den Eichenwald bestätigt und nicht das des Advokaten. Wir haben aber vor dem letzten Feldzug schon alles beliehen, was einigermaßen von Wert ist. Wenn du also das Haus als zusätzliche Sicherheit anbietest, dann kaufen wir den Richter, bekommen das Land, und die Sache ist geregelt.«
»Nur, daß ihr kein Geld habt, um die Anleihe zurückzuzahlen. Und ich habe Schulden am Hals, die auch ich nicht zurückzahlen kann. Nein, Margaret hat mein Versprechen, und ich halte es. Das ist mein letztes Wort.«
»Kann dieses Ungeheuer an Eigennutz mein Sohn sein? Der, den ich von den Franzosen freigekauft habe?«
»Ach ja? Soweit ich mich erinnere, war es Margaret, die mich aus französischer Gefangenschaft befreit hat.«
»Ich hätte es auch getan. Du mußt zugeben, daß mein Plan brillant war.«
»Na schön, dann braucht Ihr jetzt auch einen brillanten Plan. Brillanter als den, Land zu verpfänden, das als Sicherheit für eine Anleihe dienen soll, mit der man in einem Rechtsstreit über dieses Land einen Richter besticht, der Euren Anspruch auf das Stück Land bestätigen soll. Und angenommen, der Richter ist ehrlich?«
»Ehrlich? Lachhaft! Welcher Richter wäre wohl ehrlich? Außerdem hat der Advokat ihm bereits zwanzig Goldflorin gegeben, damit er zu seinen Gunsten entscheidet. Ich muß noch drauflegen, sonst ist alles aus.«
»Uii! Zwanzig Goldflorin! Eine Riesensumme! Ist der Wald so viel wert?«
»Das und noch mehr, als Nutzholz jedenfalls. Und die Eiben auch. Und alles wird gefällt, jeder einzelne Baum.«
»Die Eiben auch?« hörten wir Gilbert sagen. »Die sind auf ihre düstere Art recht hübsch. Ich habe sie immer gemocht, sie sind so angenehm melancholisch.« Eine lange Pause. »Nein, das ist wirklich zuviel, die Eiben auch? Die sind in grauer Vorzeit gepflanzt worden, sonst würden sie nicht so in Reih und Glied stehen. Noch vor Wilhelm dem Eroberer, noch vor Christus, sogar noch vor den Römern, möchte ich meinen. Dieser Advokat ist ein Mistkerl.«
»Dann verpfändest du also das Haus?«
»Mutter!« Die Mädchen schnappten nach Luft.
»Oder verkaufst du die kleinen Ungeheuer?« Noch nie hatte mich Hugos hohe, näselnde Stimme so erbost.
»Psst. Hört, was euer Stiefvater
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