Die Zauberquelle
Er spürte, daß ihm die Haare bereits zu Berge standen. Er, der sich nicht fürchtete, als erster einen Tunnel zu betreten, der es allein mit zwanzig Gewappneten aufnahm, er verspürte eine ungewohnte Kälte in Armen und Beinen. Das war eine andere Art von Angst, eine, die sich durch die unbewachte Hintertür einschlich, auch wenn er die Vordertür gründlich verbarrikadiert hatte. Angst vor dem Unbekannten, vor Magie und Alchimie und bösen Geistern, die allesamt nicht mit dem Schwert zu schlagen waren.
»Gilbert, was weißt du über diesen Burschen?« fragte Sir Hubert.
»Nur daß ich ihm mein Leben anvertrauen würde. Und das habe ich gelegentlich auch schon getan. Ich habe Euch doch gesagt, daß ich ihn seit vielen Jahren kenne. Ihr habt ihn einmal getroffen, aber das habt Ihr vielleicht vergessen.« Malachi blickte ungerührt, als er seine Besucher mit auf dem Bauch gefalteten Händen empfing.
»Ah, Margaret und Gilbert – und, meiner Treu, das muß der Herr der Eichen sein. Willkommen, tretet bitte näher, kommt in mein Laboratorium und nehmt Platz. Wir haben zu tun.«
Bei der Erwähnung der Eichen legte sich das Gesicht des alten Mannes in tiefe Falten. Er setzte sich und war auf einmal erschöpft. Dieser alberne fette Kerl in der Mönchskutte war nicht imstande, es mit einem gewieften Advokaten und einem mächtigen Richter aufzunehmen. Es war aus.
»Und jetzt«, sagte Bruder Malachi, »an die Arbeit. Dieser Kerl, dieser Advokat hat eine Urkunde, in der ihm ein Stück Land, darunter auch Euer Wald, zugesprochen wird.«
»So ist es«, sagte der Sieur de Vilers matt.
»Und was habt Ihr?«
»Der Landbesitz der de Vilers ist im Domesday Book verzeichnet. Leider Gottes ist die Beschreibung nicht sehr genau, und seit der normannischen Eroberung sind fast alle Wahrzeichen von früher verschwunden. Vom Blitz getroffene Eichen, große Steine, Wasserläufe – alles hat sich seitdem verändert. Ich besitze eine Quelle, er sagt, er besitzt eine Quelle. Laut mündlicher Überlieferung ist es meine Quelle.«
»Habt Ihr keine Schenkungsurkunden, keine Testamente?«
»Nur neueren Datums. Seine Schenkungsurkunde datiert aus der Zeit Heinrichs II. Sie beschreibt das Stück Land, das er gerade erworben hat und das hinten an meines grenzt und auf der anderen Seite an Klosterland. Dazu kommen als unheilige Dreingabe noch mein Wald und meine Quelle. Er hat damit gerechnet, daß ich für meinen König lange im Krieg stehe, während er daheim seine finsteren Pläne ausführen und mir mein Land stehlen kann. Was für eine schlechte Welt, die Ritter ruiniert und Advokaten reich macht.« Er schüttelte bekümmert den Kopf, es reichte nicht einmal mehr zum Brüllen. »Sir Roger, der Dorfpriester, wollte die ältesten Einwohner befragen, aber er, nun, er wurde verschluckt. Praktischerweise hat er alles aufgeschrieben, das konnte ich also mitbringen, aber der gerissene Advokat hier in der Stadt, den mir Gilbert empfohlen hat, meinte, gegen eine Schenkungsurkunde würde ich damit nichts ausrichten.« Er war so hoffnungsvoll nach London gekommen, bewaffnet mit einer Kiste voller Beglaubigungen und alter Briefe aus dem Burgarchiv und angefeuert durch den Gedanken an eine stattliche Anleihe, damit er den Handel abschließen konnte. Jetzt mußte er ohne Fall und ohne Bestechungsgelder nach Haus zurückkehren. Er war geschlagen. Hatte sich was mit Wunschbrunnen.
»Sir Hubert, ich habe viel über Eure Angelegenheit nachgedacht. Ich halte die Schenkungsurkunde für gefälscht.«
»Gefälscht? GEFÄLSCHT! Der Dreckskerl will mir mein Land mit einer GEFÄLSCHTEN Schenkungsurkunde stehlen? Den zeige ich an! Gelobt sei Gott! Wir haben gewonnen!«
»Nein, noch nicht. Das müßt Ihr erst beweisen. Und so, wie ich die Augustiner kenne, handelt es sich um eine ganz hervorragende Fälschung, die schwierig nachzuweisen ist, insbesondere wenn alle schwören, daß man sie im Klosterarchiv gefunden hat. Zweitens weiß ich, daß sie zunächst den Advokaten die Drecksarbeit machen lassen und dann einen Plan aushecken, wie sie ihm die Beute abjagen können. Mönche bauen ständig, und Land mit gutem Bauholz ist dieser Tage rar. Die sind mit allen Wassern gewaschen und wissen, was sie tun. Können sie ihn überlisten, können sie auch Euch überlisten. O ja, der Arm der Gerechtigkeit wird den Advokaten erwischen, aber davon habt Ihr nichts.«
Sir Hubert mangelte es nicht an einer gewissen angeborenen Bauernschläue. Die Worte des kleinen Mannes
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