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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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das bißchen Seelenfrieden und Sicherheit, das ihr der alte Master Kendall, der sie auf Händen trug, hinterlassen hat. Gilbert und ich sind seit Jahren befreundet, und ich weiß natürlich, daß er mit einem Bündel alter Kleider, einem Federkiel und seiner Silberzunge recht üppig leben kann. Margaret jedoch nicht. Sie muß auch an die Kinder denken. Und verzieht mir nicht das Gesicht. Wenn ich Euch helfen soll, müßt Ihr Euch als das sehen, was Ihr seid: ein Räuber, der um jedweder Grille willen sogar die eigene Familie berauben würde.«
    »Wie… Wie könnt Ihr es wagen!« schäumte Sir Hubert und wollte gehen.
    »Wenn Ihr Euch jetzt verabschiedet, dann verabschiedet Euch auch von Eurem Besitz – und von Eurem Sohn und Enkel desgleichen, denn Gilbert hält in dieser Sache zu Margaret, und mir wäre es ein Genuß, mein brillantes Hirn darauf zu verwenden, Euch für immer von ihnen fernzuhalten. Wenn Ihr gehen wollt, dann jetzt. Schnallt Eure Sporen an, die Ihr, wie ich sehr wohl gemerkt habe, in Eurem Beutel habt, und stolziert auf unserem Gäßlein davon, das Euch so anwidert, und schnurstracks in den Abgrund. Geschieht Euch ganz recht, denn Ihr habt gelehrte Männer vor den Kopf gestoßen, wie Ihr es zweifelsohne Euer Lebtag getan habt.« Sir Hubert blähte sich auf wie eine Gewitterwolke. Hätte er sein Schwert getragen, er hätte vielleicht Gebrauch davon gemacht, aber Gilbert hatte ihn nackt und bloß wie einen Säugling hierhergeschleppt. Er knurrte, ein langes Knurren tief in der Brust, drehte sich um und marschierte aus dem Laboratorium. Und so zürnte er, daß er vergaß, den Kopf einzuziehen und sich die Stirn gewaltig am niedrigen Türrahmen stieß. Er taumelte zurück, legte die Hand auf die Stirn und setzte sich unvermittelt wieder.
    »Schwindlig… War das ein Stoß. Selbst Euer Haus hat sich gegen mich verschworen.«
    »Faßt es als Warnung auf«, meinte Bruder Malachi. Sir Hubert überlegte: ein geheimnisvolles Haus, seltsame Behältnisse und Körbe, ein unheimlicher Geruch, der ihm eine Gänsehaut machte, und jetzt die Stirn gestoßen. Ja, dieser Malachi mußte über furchtbare geheime Mächte gebieten, die er unseligerweise geweckt hatte. Der war noch schlimmer als der gottverlassene Weiher, der Sir Roger geschluckt hatte, noch ehe der alle Dokumente für den Prozeß aufgesetzt hatte.
    »Margaret…« hörte er Gilbert sagen. »Vaters Kopf.«
    »Es geht nicht mehr«, sagte sie leise. »Du weißt doch, was passiert, wenn du von einer langen Reise nach Haus kommst.«
    »Soll das heißen…«
    »Was sonst? Ich wollte nur ganz sicher sein, ehe ich es dir sage.« Der alte Lord sah, wie sein Sohn zu Margaret ging und sie schützend in die Arme schloß. Er kannte Margarets besondere Eigenschaften von früher und wußte, was das zu bedeuten hatte. Ihm würde der Kopf noch länger weh tun, und Brokesford würde einen weiteren Erben bekommen. Und er wußte, daß Malachi recht hatte. Wer hätte gedacht, daß sich Gilbert wegen derlei so rührselig anstellen würde? Kinderkriegen war Frauensache, bis sie einen männlichen Erben gebaren, der dann Männersache war. Er wußte auch, daß er die Kopfschmerzen behalten und seinen Sohn hier und jetzt verlieren würde, den er mit soviel Mühe zurückgeholt, aufpoliert und ehrbar gemacht hatte. Er dachte an all die Dinge, die ihm heilig waren: Besitz, Stammbaum, Siege…
    »Und zweitens?« fragte er.
    »Ich hasse Advokaten«, sagte Bruder Malachi.
    »Bei Gott, die hasse ich auch«, sagte Sir Hubert, jedoch ohne sein früheres Feuer, denn wenn er brüllte, würde sein Kopf noch mehr schmerzen. »Ich hasse sie wie die Pest.«
    »Also abgemacht?«
    »Nur immer zu, fangen wir sie in ihrem eigenen Netz. Und…« Er schwieg lange und seufzte. »Und außerdem bin ich ein Edelmann und weiß mich zu entschuldigen. Ich habe in der Tat die Bäume über das Haus der Kinder und ihr Glück gestellt. Ich habe gedacht, das zählt nicht.«
    »Für mich schon«, sagte Bruder Malachi.

Kapitel 12
    W as, schon wieder zur Messe, ihr zwei? Die Frömmigkeit in diesem Haus legt sich einem langsam aufs Gemüt.« Hugo ruhte rücklings auf der Bank in unserer Diele, in einer Hand ein Stück Taubenpastete von der Köchin, mit der anderen tätschelte er lässig einen der häßlichen Jagdhunde, die sie mitgebracht hatten. »Es geht doch nichts – mmpf, schmatz – über einen kleinen Happen, wenn man sich den Magen verdorben hat. Ich könnte schwören, der geräucherte Hecht von gestern

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