Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
tiefstem Herzensgrunde.«
    »Und unter Eurer Anleitung, Madame, hat sich das sittliche Verhalten meiner Töchter ungemein gebessert. Dafür bin ich Euch sehr dankbar. Falls Vergebung erforderlich sein sollte, ist sie hiermit gewährt.« Madame blickte sehr erleichtert drein. Dann musterte sie die Mädchen, die vor ihr her hüpften, und merkte, daß sie ihr rasch einen Blick zuwarfen, ehe sie die Schuhe auszogen und neben den Trittsteinen im Bach herumplanschten.
    »Was die Besserung angeht, so ist sie nur vorübergehend«, sagte sie, »aber man sollte Heu machen, solange die Sonne scheint.«
    »Madame, habt Ihr Kinder gehabt?«
    »Ei, ja«, sagte sie und sah den Mädchen zu, die jetzt zusammen mit ein paar halbnackten armen Pachtbauernkindern spielten, die zu kleiden sie gekommen waren. Kreischend und spritzend tobten sie im Wasser herum. »Ich habe vier Mädchen und drei Jungen gehabt. Zwei sind ganz klein gestorben. Nur eine lebt noch, sie ist Nonne; ihr Vater wollte ihr keine Mitgift geben.« Madame blickte mich bei diesen Worten nicht an. Was hätte ich darauf sagen können? Wie knüpfte man da an? Madames kleinliche tyrannische Härte, ihre fadenscheinigen Ausreden, alles wurde mir verständlicher.
    »Wenn ich Euch mit Eurem Herrn Gemahl sehe und feststelle, was zwischen Euch gewachsen ist, dann begreife ich, daß Euch Pflicht zu Liebe geworden und daß solches möglich ist, und dafür achte ich Euch.«
    »Man sollte auf dieser Welt stets sein Bestes tun«, gab ich zurück, da ich darauf nichts anderes zu sagen wußte. Wir durchquerten den rauschenden grünen Bach auf den Trittsteinen und schwiegen, bis wir das andere Ufer erreicht hatten.
    »Dame Margaret, ist es wirklich wahr, daß Ihr Euren Gemahl freigekauft habt, indem Ihr bei einem Würfelspiel Eure Tugend gegen seine Freiheit eingesetzt und dann mit präparierten Würfeln gespielt habt?« Ihr Gesicht wirkte für ihre Verhältnisse erstaunlich rosig, und ihre Miene machte deutlich, daß ihr diese Frage schon lange auf der Zunge brannte.
    »Es stimmt«, erwiderte ich.
    »Oh, Dame Margaret«, platzte sie heraus, »woher habt Ihr nur die Würfel gehabt?« Wir lachten noch immer Tränen, als wir die Kate erreichten, in der die kranke Frau daniederlag.
    Es war die Tochter der Gevatterin Ann, der Hebamme, die kein Land besaß und jetzt, da ihre Mutter tot war, auch keinerlei Einkommen mehr hatte. Sie verdiente sich durch Krankenwachen und Totenwäsche einen Bissen Brot und verkaufte schlechte Arzneien, die sie aus Kräutern herstellte, denn sie hatte, als ihre Mutter noch lebte, nicht genug bei dieser weisen Frau gelernt. Ich kannte die Krankheit gut, sie war weder tödlich noch ansteckend, aber die Beine der Frau waren geschwollen, und sie war schwach und dachte, sie läge bereits auf den Tod.
    »Gottes Segen, Gottes Segen über Euch, wohledle Ladys, Ihr seid so anders als die Wölfin, die auf der Burg herrscht.« Wir lockerten das Stroh in ihrem Bett auf und machten es ihr bequemer. Und während wir den Stärkungstrank in einen Becher schütteten, schüttete sie uns ihr Herz aus, und da sie sich auf dem Totenbett wähnte, bat sie uns, nach dem Priester zu schicken, und teilte uns ein Geheimnis mit, das ihr auf der Seele brannte. Ihre Mutter, so glaubte sie, war nicht im Dunkeln ausgerutscht, sondern die hohe Außentreppe am Burgturm hinuntergestoßen worden. »Sie war gar nicht wacklig auf den Beinen, o nein, und ich bin vor ihr gegangen, habe ihr die Sachen nach unten getragen. Und ich könnte schwören, ich hörte jemand weglaufen, als sie aufschrie: ›Herr, erbarme dich!‹«
    »Ei, das ist ja furchtbar«, sagte ich. »Wer würde sie wohl hinunterstoßen wollen?«
    »Das ist das Geheimnis, das niemand wissen darf. Als sie gerufen wurde, sich um die Burgherrin zu kümmern, ließ man mich draußen vor der Tür warten, aber ich habe es gehört. Ich habe gehört, wie meine Mutter gesagt hat: ›Das ist gar kein Kind.‹ Und ich sage euch, an jenem Abend ist ein Ungeheuer geboren worden. Ein Teufel mit Hörnern und Bocksfuß, den sie heimlich erwürgt haben. Und die Burgherrin hat dann Schwarz getragen und gramgebeugt getan, und jetzt versucht sie immerzu, noch so einen Teufel in die Welt zu setzen.« Wir versprachen ihr, den Priester zu rufen, und verzogen uns durch die niedrige Tür der Kate nach draußen in den Sonnenschein zu den Kindern. Cecily und Alison planschten noch immer im Bach und versuchten, Libellen mit den Händen zu fangen.
    »Falls es ein

Weitere Kostenlose Bücher