Die Zauberquelle
hing ihr jetzt am Rockzipfel.
»Die nicht auch noch«, sagte die Frau mit dem Stecken.
»Alles«, sagte Margaret. »Man sollte meinen, ihr hättet sie seit meinem letzten Besuch nicht mehr gewaschen. Oh, wo will die denn hin?«
»So was tut sie manchmal, wenn sie wütend ist. Dabei bringt sie ihre Stute fast um. Aber lieber die Stute als mich, sag' ich immer. Sie läßt nämlich jeden ihre kleine Peitsche spüren, wenn ihr danach ist.«
»Wohin will sie?« fragte Margaret, während sie dastanden und Petronilla in Richtung Stall verschwinden sahen.
»Hierhin, dahin, überallhin. Das ist die reitwütigste Lady, die man je gesehen hat. Sie reitet sogar ihrem Stallknecht davon.
Oh, seht Ihr, da kommt ihr Beichtvater. Er läßt sie nicht gern allein reiten, er folgt ihr.«
Bruder Paul kam mit langen geschmeidigen Schritten hinter ihr her. Komisch, dachte Margaret, sonst ist er immer so krumm wie die heruntergefallene Ranke, das kommt wohl vom vielen Katzbuckeln. Und als die ersten wilden Hufschläge jenseits des Burgtores verklungen waren, hörte man noch ein anderes Pferd.
»Ah, da kommen die Servietten«, sagte Margaret, als das Mädchen mit dem Korb die Stufen zum Hof herunterkam. »Wirf sie einfach zu den anderen Sachen in den Kochkessel. Pfui, sind die eklig.« Mittlerweile wußte die Frau mit dem Rührstecken nicht mehr, wer ihr lieber war. Lady Petronilla war unbeherrscht, aber sie war einfach im Umgang und sah nur, was sie gerade haben wollte. Lady Margaret hingegen war ausgeglichen, hatte jedoch scharfe Augen. Andauernd spürte und schnüffelte sie herum und machte sauber. Man sollte meinen, sie wäre hier die Herrin, so wie sie herumkommandierte, und der alte Lord ließ sie gewähren. Aber bald würde sie wieder abreisen, und dann brauchten sie die nächsten ein, zwei Jahre nicht zu waschen – bis Lady Margaret wieder zu Besuch kam.
Dame Petronilla galoppierte im Herrensitz; der auf dem geflochtenen Haar festgesteckte Schleier flog wie ein Fähnchen, die Röcke rutschten ihr bis zum Knie und ließen ihre weichen ledernen Reitstiefel sehen. Ihre Fuchsstute war schaumbedeckt, als sie das Ackerland hinter sich ließ und die Weide überquerte. Am entgegengesetzten Ende tummelte sich Old Brownie mit zwei barfüßigen rothaarigen Mädchen auf seinem breiten, ungesattelten eingesunkenen Rücken mitten im Bach. Ab und an ruckte er am Zügel und senkte den Kopf zum Saufen. Hinter ihm wartete ein Stallknecht auf einem kleinen Pferd am sandigen Bachufer auf die Mädchen.
»Guck mal, da reitet Lady Petronilla«, sagte Alison. Cecily zog Old Brownies Kopf hoch, damit er nicht länger im Wasser planschte, sondern das Ufer hochkletterte.
»Alison, laß das Kneifen. Ich kriege lauter blaue Flecken.«
»Und ich sitze auf dem fetten Hinterteil, soll ich etwa runterfallen? Hier komme ich doch nie wieder rauf. Nur wenn John mich hochhebt, und dann schimpft er immer.«
»John, wohin will sie so schnell?«
»Weiß ich nicht, aber ihr Beichtvater ist dicht hinter ihr. Seht ihr? Allein zu reiten gehört sich nicht für eine Lady. Die alte Kinderfrau und der Beichtvater, die sie von daheim mitgebracht hat, bemuttern sie wie einen Säugling. Wenn ihr wüßtet, was ich weiß…«
»Wir wissen Bescheid. Sie ist verrückt und gemein. Los, hinterher.« Am Waldrand ließ Petronilla ihr Pferd im Schritt gehen, und sie sahen, daß Bruder Paul sie eingeholt hatte. Die beiden unterhielten sich kurz, dann ritt Bruder Paul, statt sie zu begleiten, in Richtung Wymondley davon, und Petronilla ritt allein weiter.
Vor sich konnten die Mädchen an den frischen Hufabdrücken auf dem blätterbedeckten Boden erkennen, in welche Richtung Petronilla wollte.
»Du, die reitet zur Quelle«, sagte Cecily.
»Kennt ihr Mädchen die Quelle?« fragte der Stallknecht verwundert.
»Klar. Als wir das letztemal hier waren, hat Mutter immer einen Karren mit Wasserfässern hingeschickt, und mit dem Wasser hat sie Ale gebraut. Sie hat gesagt, das Wasser ist sauberer, davon schmeckt das Bier besser.« Sonnenflecken fielen durch die grünen Blätter des Eichenhimmels über ihnen. Old Brownies Hufe klangen gedämpft, ein Geruch nach modernden Blättern und Wachstum stieg den Mädchen in die Nase und vermischte sich mit dem feuchten Schweiß- und Fellgeruch des alten Pferdes.
»Nun, sauberer ist das Wasser nicht mehr«, meinte der Stallknecht vielsagend.
»So sauber war es nie«, sagte Cecily, die nicht zugeben wollte, daß sie weniger wußte als der
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