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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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schuppig. Inzwischen hatte sie sich zu voller Größe aufgerichtet und blickte in das Rund anklagender Gesichter. »Wehe, ihr faßt mich an. Das darf niemand. Mir aus dem Weg.« Als Lady Petronilla sich zum Gehen wandte, erspähte Margaret auf der Erde unter ihrem Kleidersaum etwas Weißes und stellte den Fuß darauf. Lady Petronilla taumelte wie betrunken, und ihre ›Schwangerschaft‹ rutschte ihr vom Bauch auf die Knie. Alle Augen waren auf den Verbandstreifen unter Margarets Fuß gerichtet. Petronilla kreischte und drückte sich das rutschende Bündel an die Schenkel, dann bückte sie sich und zerrte. Margaret hob den Fuß, und die schwarzgekleidete Irre hastete durch die schweigende Menge, die sich vor ihr teilte.
    »Ein Kissen«, sagte Madame kalt und sah Margaret an. Margaret nickte stumm.
    »Mein Lämmchen, mein Kleines«, rief die alte Kinderfrau und eilte hinter Lady Petronilla her.
    »Und mit einem Wundverband befestigt«, sagte der Verwalter. »Seht nur, wie sie es festhält und die Binde hinter sich herschleift.«
    »Zum Erbarmen, einfach zum Erbarmen«, sagte eine Frau.
    »Schließt das Turmzimmer hinter ihr ab«, wies Margaret den Verwalter an, »und unternehmt nichts, ehe Euer Herr wieder daheim ist. Und stellt eine Wache bei meinem Pferd auf. Es darf keinen Unfall im Stall geben.« In dieser Nacht hörte man überall in der Burg das Geschrei aus dem Turmzimmer, wildes Gerüttel und Gehämmere an der Tür.

Kapitel 17
    M argaret, was ist mit deinem Pferd?« fragte mein Herr Gemahl, als er vom Weineinkauf zurückgekehrt war. »Vor seiner Box wacht Tag und Nacht ein Knecht, und seine Flanken sind völlig verschrammt. Der Knecht wollte keine Auskunft geben; er sagte nur, wir sollen dich fragen.« Während die Knechte den Karren im Hof abluden und die Fässer in den Palas rollten, von wo sie zur Aufbewahrung in den Keller gebracht wurden, kam Gilbert in den großen Raum gesprungen und sah frisch, wohlgemut und noch schöner aus als sonst, ich hingegen wie eine Vogelscheuche, denn vor lauter Sorgen hatte ich Ringe unter den Augen.
    »Wo ist dein Vater?« fragte ich. »Wir müssen mit ihm reden. Hugos Frau ist verrückt geworden und im Turmzimmer eingesperrt. Sie will mein Pferd töten lassen, weil sie angeblich durch meine Stute ihren Sohn verloren hat. Der Sohn war aber nur ein Kissen, das mit Wundverband festgewickelt war.« Das muß sich etwas wirr angehört haben, denn er schüttelte den Kopf, als verstünde er nicht recht.
    »Sie ist schwanger mit einem – einem Kissen?«
    »Genau«, sagte ich. Er nahm meine Hand und streichelte sie zärtlich.
    »Margaret, Margaret, kaum bin ich fort, schon ist hier der Teufel los, wie?«
    »Ja, anscheinend läuft das immer so. Es muß am Geist des Hauses liegen. Du weißt, was ich von Besuchen hier halte.«
    »Mir geht es genauso, Margaret. Und bedenke, ich bin hier geboren und kann es trotzdem nicht leiden.«
    »Mein Herr Gemahl, wir haben noch ein Problem. Die Mädchen sind im Söller.«
    »Na und? Nähen sie weitere Altartücher?«
    Ich seufzte tief. »Nein, damit meine ich, sie sind oben eingesperrt und kommen nicht heraus, bis wir uns überlegt haben, was wir mit ihnen machen.«
    »Was haben sie denn diesmal angestellt, schon wieder jemandem Frösche ins Bett getan?«
    »Nein«, antwortete ich. »Sie haben sich zu Priesterinnen eines heidnischen Kults machen lassen und den Bauern Geschenke und soviel Honigkuchen abgezwackt, daß beiden davon schlecht ist.« Bei diesen Worten griff sich Gilbert an die Stirn und ließ sich auf die Bank fallen, die sich im Palas an der Wand unter zahllosen Hirschgeweihen entlangzog, die sein Vater gesammelt hatte.
    »O mein Gott«, sagte er. »Die Inquisition.« Er schüttelte den Kopf. »Laß mich einen Augenblick nachdenken«, murmelte er. »Ich bin völlig durcheinander.«
    »Ich seit deinem Aufbruch auch.«
    »Hat einer der Priester davon Wind bekommen?« fragte er leise.
    »Nein, der Beichtvater deines Vaters ist betrunken, und Lady Petronillas Beichtvater ist auf und davon und verrät deinen Vater an die Augustiner von Wymondley. Vor morgen gibt es keinen Dorfpriester, und da liegt der Hase im Pfeffer. Die Bauern hätten sich dem alten Kult nicht wieder zugewandt, wenn sie einen anständigen, gottesfürchtigen Priester gehabt hätten. Über Lady de Vilers weiß jetzt jeder im Dorf Bescheid. Das läßt sich nicht mehr vertuschen. Man hat sie am Weiher angetroffen, wo sie als Succubus verkleidet getanzt hat. Aber das verrät

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