Die Zauberquelle
umdrehte und dem Knecht Befehle erteilte, würgte mich alles, was er mir angetan hatte, in der Kehle.
»Wenn Ihr die Hündchen auch nur anrührt, dann – dann erzähle ich alles dem Kanonikus. Ich schreie es von den Dächern. Ich erzähle es dem gräßlichen Bruder Paul, der Euch in diesem Augenblick an die Augustiner verrät.« Dem alten Mann quollen die Augen aus dem Kopf, und ehe ich mich's versah, hatte er mich bei den Schultern gepackt und schüttelte mich durch, bis mir die Zähne klapperten.
»Was soll das heißen, er verrät mich?«
»Er ist zu den Mönchen in Wymondley geritten. Na, wie gefällt Euch das? Und alle Welt weiß, daß Hugos Frau irre ist und als Succubus am Weiher getanzt und den Arzneikasten mit Hexenzauber gefüllt hat…«
»Der Succubus, meine Frau? Verdammt!« unterbrach mich Hugo.
»Und was habt Ihr vorgehabt, wolltet Ihr eines Nachts beim Weiher zusehen, Ihr unzüchtiger alter Mann? Kein Wunder, daß sie versucht hat, mit einem Kissen eine Schwangerschaft vorzutäuschen.«
»Meine Frau? Gilbert, du hast ja keine Ahnung, wie enttäuscht ich bin. Ich habe ihr alles gegeben…«
»Vater, wehe, Ihr faßt Margaret…«
»Und du, faß mich nicht an, du elendes Jammerbild von einem Sohn! DICH BRING ICH UM!« Das Unwetter, das sich rings um mich entlud, läßt sich schwerlich beschreiben, sie brüllten sich an, und ich wurde zwischen Gilbert und seinem Vater hin und her geschubst, während einer sagte, faß sie nicht an, und der andere sagte, ich, ich fasse an, wen ich will, noch bin ich hier der Herr, und so weiter und so fort. Der Lärm soll aus den Fenstern gedrungen sein, daß die Leute von den Festvorbereitungen abließen, im äußeren Burghof zusammenliefen und zuhörten. Er hallte auch die Wendeltreppe hoch in den Söller, und ehe ich wußte, wie mir geschah, hatte sich mein armer alter Lion in Sir Hugos Ferse verbissen, und dann kreischte ein kleiner Junge hoch und schrill: »Faß meine Mama nicht an«, und irgendwo weinte ein Mädchen, während jemand, vermutlich Cecily, mit einer Spindel wahllos auf die verschlungenen Leiber einschlug. Und dann ließ sich über dem ganzen Tumult eine kühle, klare Frauenstimme vernehmen.
»Meine Herren! Vergeßt nicht, daß Ihr Ritter seid.« Gilbert blickte hoch und ließ die Kehle seines Vaters los. »Der Kanonikus und die Priester der Kirche stehen vor dem Tor.« Gilberts Vater ließ Gilberts Kehle los. Ich befreite mich aus ihrer Mitte und zupfte mir Schleier und Gebende zurecht. »Schämt euch«, sagte Madame und stand aufrecht und bleich in ihrem schäbigen schwarzen Gewand da, das inzwischen so zerrissen war, daß es sich trotz aller Mühe nicht mehr flicken ließ. Hugo blickte grollend auf Lion, denn der wollte seine Ferse nicht loslassen.
»Das ist ein sehr teurer Schuh«, sagte er empört.
»Rührt meinen Hund nicht an«, sagte ich mit drohender Stimme.
»Großpapa, ich mag dich nicht, du bist gemein«, sagte ein Stimmchen. Sir Hubert blickte den kleinen Jungen an, der im Kampf rücklings zu Boden geworfen worden war.
»Noch bin ich hier der Herr«, sagte er und zog die grimmigen weißen Brauen wie Sturmwolken zusammen.
»Aber er ist der größere Edelmann, und dabei zählt er noch nicht einmal drei Jahre«, bemerkte Madame. »Er hätte in diesem Augenblick sein Leben für Madame, seine Mutter, gegeben, während Ihr sie wegen eines Wurfs kleiner Hunde erwürgen wolltet.« Das klang so gelassen, traf so genau ins Schwarze, daß die Streithähne plötzlich Ruhe gaben.
»In diesem Haus bin ich der Herr«, sagte der Lord von Brokesford. Es war ein letzter Versuch, seine Rechte geltend zu machen.
»Gott ist der Herr in jedem Haus«, sagte Madame und sah ihn mit kühlem blauen Blick an, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Gott hat unten im Dorf ein ungemein gutes Haus. Daran sollte er sich halten«, knurrte der alte Mann und gab klein bei. Madame lächelte. Es war ein sehr schmales, blasses Lächeln, das vielleicht nur ich bemerkte.
»Und Gottes Stellvertreter befinden sich schon bald in unserem Haus, sie bleiben zum Essen, bevor sie weiter nach Wymondley ziehen, wo sie dann übernachten.«
»Bei Gott, die stecken doch alle unter einer Decke«, sagte Hugo und wunderte sich über seinen eigenen Gedanken.
»Vater, überlegt es Euch gut, ehe Ihr Euch an Margaret vergreift. Ihr braucht sie noch«, mahnte Gilbert.
»Madame de Hauvill, Ihr seht aus wie eine Bettlerin. Wie mögt Ihr in diesem Aufzug einen Kirchenfürsten
Weitere Kostenlose Bücher