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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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den Herrn.«
    »Erst rauf, dann runter. Ich will ein neues Kleid haben. Schickt nach meinen Nähfrauen.«
    »Ich weiß, daß Ihr von den Dämonen befreit seid, doch nicht von der Unverschämtheit und der Sündhaftigkeit Eures Geschlechts. Kein Wunder, daß die Dämonen so gern in Euch Wohnung genommen haben. Auf die Knie jetzt – und gebetet.«
    Sir Hugo war nicht zugegen, um sie in die Burg zurückzubringen, denn er war unterwegs, um sich einen neuen Surkot ›im Stil der alten Sachsen‹ – was auch immer das sein mochte – anfertigen zu lassen; auf seinem Helm wollte er eine grimmige Maske eingravieren lassen, soweit das zu bewerkstelligen war. Sir Hubert war mit seinem Verwalter und seinem aufgefüllten Archiv fort, beriet sich mit Advokaten und machte neue Forderungen geltend. So blieb es mir und Gilbert überlassen, Lady Petronilla nach Hause zu bringen. Als ich sie aus der Kirche führte, sagte sie: »Ihr natürlich. Ich muß Euch nicht anfassen, wenn ich nicht will.«
    »Dann laßt es«, gab ich zurück. Doch als sie Gilbert mit den Pferden auf sie warten sah, stieß sie einen Wutschrei aus.
    »Wie könnt Ihr es wagen!« kreischte sie.
    Man hatte ihr Old Brownie gesattelt.
    »Die anderen Zelter sind alle fort«, sagte Gilbert mit ausdrucksloser Miene.
    »Wo ist mein Jagdpferd?«
    »Das hat ein Hufeisen verloren. Ich habe mir gedacht, auf einem Maultier mögt Ihr nicht reiten.«
    »Nicht ums Verrecken.«
    »Genau«, sagte Gilbert. »Das hier ist alles, was noch da ist.«
    »Dann will ich die weiße Stute reiten.«
    »Die gehört Margaret. Und Ihr habt sie verletzt. Ich dulde nicht, daß Ihr Pferde zuschanden reitet, die wir aus London mitgebracht haben.«
    Lady Petronilla stieß noch einen Wutschrei aus. »Mistkerl!« kreischte sie.
    »Sagt, Herr Kanonikus«, fragte Gilbert und warf dem Geistlichen, der sich gerade die Reithandschuhe anzog und aufsteigen wollte, »seid Ihr sicher, daß Ihr alle Teufel ausgetrieben habt?«
    »Vollkommen sicher«, antwortete der Kanoniker fachkundig. »Ich habe alles aufschreiben lassen. Nummer achthundertundvierunddreißig bis achtunddreißig. Ausgetrieben bei einer unfruchtbaren Lady mittleren Alters aus guter Familie, von kräftiger Konstitution und mit einem von Natur aus üblen Charakter. Eine schwierige, sehr schwierige Aufgabe. Es hat Augenblicke gegeben, da dachte ich, meine eigene Seele schwebt in Gefahr.«
    »Mittleren Alters? Ich bin noch lange nicht dreißig! Mein Leib ist noch immer schön! Schlange, Kröte, Ihr…«
    »Die Familie de Vilers schuldet Euch eine nennenswerte Belohnung«, sagte Gilbert mit frommer, demütiger Miene, doch in seinen Augen funkelte es ironisch und belustigt auf. O lieber Gott, betete ich. Lady Petronillas Teufel hast du ausgetrieben, dafür sind seine zurückgekehrt. Die Schenkungsurkunde, das Horn, die ganze Sache, alles ist ihm zu Kopf gestiegen. Mach, daß er sich beherrscht, lieber Gott. Bitte, bitte, keine satirischen Gedichte mehr, keine aufrührerischen theologischen Breitseiten, keinen Schabernack. Schenke uns Frieden, lieber Gott. Und hole uns hier so schnell wie möglich heraus. Aber natürlich ist es so, daß der Mensch denkt und Gott lenkt.

Kapitel 21
    W as um alles in der Welt ist das?« Gilbert wandte den Kopf nach dem lauten Geraschel und Gejapse. Die Kinder spielten in einer Ecke des großen Palas mit den neugeborenen Hündchen, doch der Lärm kam nicht von dort. Mutter Sarah schnaubte, als das Geräusch sie aus dem Schlaf hochschrecken ließ, und sogar Madame mit dem Flickzeug in der Hand neigte den Kopf, damit sie nicht lachen mußte.
    »Habt Ihr Lady Petronillas neue Schoßhündchen noch nicht gesehen? Wie konnte Euch dieser Anblick entgehen?« Denn Lady Petronilla war vorbeigerauscht, im Gefolge ein, nein zwei, nein drei kleine gefleckte Spaniels mit lockigem Fell und hervorquellenden Augen.
    »Ich meine nicht die Hunde, sondern das Kleid. Was für ein Anblick, Margaret.«
    »Vielleicht hat der Kanonikus Lilith vergessen, den Dämon geschmackloser Kleidung«, sagte ich und blickte auf mein Nähzeug.
    »Margaret, den hast du erfunden«, sagte Gilbert mit gespielt vorwurfsvoller Stimme.
    »Und ich dachte, Zindelstoff gefällt dir.«
    »Zindel ist nicht gleich Zindel. Das da, dieses Senfgelb und Gallegrün, das ist scheußlicher als der Kot eines kranken Hundes.«
    »Es ist die neueste Mode, Gilbert. Der Tucher aus St. Alban's, der es ihr verkauft hat, fand die Farben ›gewählt‹. Sei versichert, daß sie jedes

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