Die Zauberquelle
weibliche Wesen auf zehn Meilen die Runde hat wissen lassen, wie hoch erhaben sie über deren gewöhnlichen, provinziellen Geschmack ist.«
»Gewählt, daß ich nicht lache. Handbreite Streifen sind kaum gewählt. Das sieht wie Dienstbotenlivree aus.« Im Hintergrund konnte ich Madame unterdrückt lachen hören.
»Aber was führt Euch vom Turnierplatz hierher, mein Herr Gemahl? Ich dachte, Hugo und Ihr trüget eine Wette aus.«
»Ich war dabei zu gewinnen, als die Kunde kam, und die möchte ich dir bringen. Hugo war es sehr zufrieden, daß wir aufhören konnten, und jetzt behauptet er, er hätte mich bald besiegt und nur aus Ritterlichkeit ziehen lassen, damit ich mir Schmach und Schande ersparte. Aber wie auch immer, die Kunde ist ausgezeichnet. Weißt du noch – der Richter, den der Advokat bestochen hatte? Alles verlorene Liebesmüh. Die Niederlage hat den Advokaten so verstört, daß er sofort ins Kloster gerannt ist und den Abt als Friedensstifter eingeschaltet hat. Er soll beim König eine Bittschrift zugunsten einer außergerichtlichen Regelung einreichen. Jetzt schickt der König einen königlichen Richter von Westminster hierher, der die Dokumente prüfen wird. Wir haben sie im Sack, Margaret! Wenn sie sehen, was wir haben, ist der Sieg unser. Vater geht wie auf Wolken. Unsere Beziehungen zum Herzog, unsere furchtbar alte Charta mit besonderer Erwähnung der Quelle, die Zeugnisse von betagten Einwohnern – alles läuft jetzt wie am Schnürchen. Margaret, und weißt du, was Vater gesagt hat? Er hat gesagt: ›Gut so, vielleicht braucht jede Familie einen Gelehrten. Aber nicht mehr als einen. Völlig nutzlos sind sie nicht.‹« Ich wollte gerade eine spitze Bemerkung über den selbstsüchtigen Charakter von Sir Hubert machen, als ich sah, daß Gilbert einfach selig war. Es kommt nicht häufig vor, daß ein zweiter Sohn überhaupt einmal, wenn auch widerwillig, gelobt wird. Und Gilbert schon gar nicht. Also hielt ich den Mund, damit ich ihm die Freude nicht verdarb.
»Gilbert, wo ist meine vergoldete Silberschnalle geblieben, die ich aus Frankreich mitgebracht habe? Die mit dem eingelassenen Amethyst? Hast du sie gesehen? Nicht zu fassen, aber dauernd verschwindet hier etwas. Ich habe jede Truhe durchsucht, ich kann sie einfach nicht finden.« Ein Mensch, der sich nie scheute, anderen die gute Stimmung zu stören oder sogar zu verderben, das war Hugo. Er kam schimpfend die Söllertreppe heruntergepoltert.
»Woher soll ich wissen, wo du deine Gürtelschnalle gelassen hast? Die ist doch immer an deinem Zierschwert gewesen, und das hat in der großen Truhe im Turmzimmer gelegen. Außerdem brauchst du sie im Augenblick gar nicht.«
»Sie hat gesagt, das würdest du antworten. Sie hat gesagt, vermutlich hast du sie genommen.«
»Sie? Meinst du damit deine Gemahlin, Hugo? Bruder, ich würde nie im Leben etwas nehmen, was dir gehört.« Ich blickte Hugo an, der sich entrüstet aufblähte, und fand, man sollte ihm reinen Wein einschenken.
»Denkt einmal nach, Hugo«, sagte ich. »Denkt: Zindelstoff und neue Schuhe aus Saffianleder und samtene Umhänge mit Seidenfutter und eine neue silberne Tassel, so groß wie ein bischöfliches Pektoral.«
»Was will deine Frau damit sagen?« fragte Hugo und blieb stehen.
»Margaret, du bist grausam«, sagte Gilbert, aber es schien ihm nicht unlieb zu sein, daß ich den ungerechten Zorn seines Bruders von ihm abwendete.
»Lilith, der Dämon geschmackloser Kleidung, setzt mir neuerdings zu.«
»Margaret, was meint Ihr damit?« Hugo baute sich jetzt vor mir auf. Droh du nur, dachte ich, mein Gilbert ist da, wag es nur, mich durchzuschütteln, wie du es gern möchtest. Ich blickte also von meiner Näharbeit auf und sah ihn an, als wäre er eine lästige Bremse.
»Damit meine ich, Ihr solltet, anstatt die Knechte zu verprügeln und den Mägden mit Händeabhacken zu drohen, lieber überlegen, wie jemand ohne Geld zu drei französischen Schoßhündchen aus Calais und einer vollkommen neuen Garderobe kommt.«
»Aber mir hat sie gesagt… Sie hat mir gesagt…«
»Daß die Hunde von ihrem Vater sind und eine liebe alte Tante ihr etwas Bargeld geschickt hat.«
»Woher wißt Ihr?«
»Balam, der Dämon des unpassenden Gelächters, hat uns letztens einige Besuche abgestattet.«
»Diese, diese hinterhältige, verlogene, heimlichtuerische… Den Knecht, den ich entlassen habe, den habe ich gemocht…« Hugo stürmte die Söllertreppe wieder hoch.
»Ha, ha, da geht er hin und
Weitere Kostenlose Bücher