Die Zauberschatten - Goryydon #2 (German Edition)
einmal einen dieser bösartigen Anhänger Kloobs zu sehen. Dort unten hockten drei seiner Männer. Es half nichts, dass sie überlegte, dass der wiederauferstandene Kloob diese Männer mit Magie und Gehirnwäsche zu Todesreitern gemacht haben mochte, dass diese Kerle dort unten nur willenlose Marionetten waren. Dass auch diese Schergen unfreiwillig Kloobs Gefolgschaft darstellten. Der Zorn brannte in ihren Schläfen und steigerte sich ins Unermessliche, als ihr Blick zu dem Gefangenen wanderte. Die Hände auf den Rücken, das Tau einmal um seinen Leib geschlungen, hatten sie Arans geschundenen Körper am Pfahl festgebunden.
Er hing mehr als er stand, offensichtlich zu geschwächt, um sich aufrecht zu halten. Sein schwarzes Haar hing ihm ins Gesicht und Juliane erkannte nicht, ob er überhaupt bei Bewusstsein war.
Sie spürte die silberne Schnur über sich und dehnte sie aus, hinunter zu ihm. Aran? Halte aus, ich werde dich befreien!
Er reagierte nicht. Sie wusste weder, ob er bei klarem Verstand war, noch, ob er sie wahrnahm. Sie empfand weiterhin Leere in sich. Ohne Moiras Versprechen hätte sie bezweifelt, dass er noch lebte. Es kostete sie mehr Überwindung, als sie zugeben wollte, sich zurückzuziehen. Sie schlich an eine Stelle, von der aus sie die in der Senke hockenden Todesreiter gewiss nicht bemerken konnten.
Ku’guar hatte menschliche Gestalt angenommen und lehnte aufrecht stehend an einem Baum.
»Es ist genauso, wie du gesagt hast«, flüsterte Juliane. »Wir klettern nach Einbruch der Dunkelheit hinunter.« Sie nahm das Seil von Staubwolkes Sattel. »Könnte reichen«, sagte sie skeptisch, warf das Tau auf den Boden und setzte sich daneben.
Sie zog ihre Knie an und umschlang sie mit den Armen. Jetzt hieß es auf den Anbruch der Nacht warten.
Die Todesreiter hatten sich niedergelegt und schnarchten am Feuer. Einer schob Wache, doch sein Kopf sank immer wieder auf die Brust. Es war offensichtlich, dass er nicht mit einem Angriff rechnete. Außerdem herrschte in dem Flussbett dichter Nebel.
»Schaffst du es?«, fragte Ku’guar leise.
Juliane nickte und umwickelte ihre Hände mit Stofffetzen.
Ku’guar knotete das Tau um einen Baumstumpf.
Sie trat an den Rand des Hanges und blickte hinunter. Es mochten drei oder vier Meter sein, die sie überwinden musste. Ein Klacks für jemanden wie sie. Sie packte das Seil und begann mit dem Abstieg.
Stück für Stück ließ sie sich am Seil hinab. Trotz des improvisierten Schutzes brannten ihre Handflächen binnen kurzer Zeit. Sie biss sich auf die Zähne, als sie ihr Knie empfindlich an der Wand stieß. Behutsam tastete sie sich vor und zuckte zusammen, als sie meinte, eine Berührung in ihrem Haar zu spüren. Ein eisiger Hauch streifte ihren Nacken. Sie blickte sich um, Nebel umschmeichelte sie wie ein weißer Schleier aus Feuchtigkeit. Sie blinzelte. Die Schwaden bewegten sich, waberten umher, als wären sie lebendige Wesen. Julianes Nackenhaare richteten sich auf.
Unverständliches Murmeln drang an ihr Ohr und eine unheilvolle Atmosphäre hing mit einem Mal über der Senke. Ihr Bauch grummelte. Etwas in ihr schrie auf, warnte sie und wollte sie zur Flucht bewegen. Dennoch glitt sie weiter am Seil hinunter und kam auf dem Boden auf. Kiesel knirschten unter ihren Füßen. Gegen jede Vernunft hielt sie das Geräusch für weithin hörbar. Atemlos lauschte sie, doch niemand hatte sie bemerkt.
Sie tastete nach ihrem Dolch und zog ihn vorsichtig aus dem Gürtel. Durch den Dunst erkannte sie Aran als aufrechten, dunklen Schemen. Sie schlich zu ihm.
Der Dampf waberte um sie herum. Zum ersten Mal in ihrem Leben ängstigte sich Juliane vor Nebel. Er legte sich auf ihr Gesicht, strich durch ihr Haar und wisperte an ihren Ohren.
Sie unterdrückte das Unbehagen, verwarf ihre Empfindungen als lächerlich und duckte sich hinter Aran, nachdem sie einen Blick auf die Wache geworfen hatte. Der Mann sah in die andere Richtung. Er bemerkte Juliane nicht, nicht einmal das Seil fiel ihm auf. Er stierte nur geradeaus vor sich hin. Mit einem Mal fiel der Kopf auf seine Brust und schnellte sofort wieder hoch.
Sie wartete atemlos, bis die Wache endgültig eingenickt war.
»Aran?«, flüsterte sie dicht an seinem Ohr. Sie kam ihm so nah, dass sie seine Wärme fühlte.
Er zuckte zusammen. »Juliane?« Seine Stimme klang heiser. »Was tust du hier? Bist du allein?« Er drehte sein Gesicht, darum bemüht, einen Blick auf sie zu werfen.
»Ich befreie dich.« Sie glitt auf
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