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Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern
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Erde für jede Menge Diskussionen. (Es würde mich nebenbei bemerkt brennend interessieren, wie die offizielle Antwort lautet, falls mir einer meiner himmlischen Leser je die Antwort flüstern möchte …)
    Ich beginne mit dem Tag meiner Empfängnis, weil er für mich ein Glückstag war, mein allererster bester Tag sozusagen. Außerdem hoffe ich, meiner Leserschaft auf diese Weise einen tieferen Einblick in mein Leben gewähren zu können, damit sie etwas besser versteht, auf welcher Basis und aus welchen Gründen ich diverse Entscheidungen getroffen habe. Auf diese Weise werden sie hoffentlich abschätzen können, ob ich über kurz oder lang ein erfülltes Leben gelebt hätte, wenn ich nicht so jung gestorben wäre.
    Sie müssen wissen, ich war ein biologisches Wunder, und zwar eines, das meine Eltern sehr glücklich gemacht hat.
    Man hatte ihnen nämlich gesagt, sie könnten keine Kinder bekommen. Ich weiß nicht, an wem es lag, aber wenn ich wetten müsste, würde ich auf meinen Vater tippen.
    Gegen Ende der 60er Jahre gab es weder künstliche Befruchtung noch Retortenbabys noch Leihmütter. Wenn man also keine Kinder bekommen konnte, gab es genau zwei Alternativen: adoptieren oder nicht adoptieren. Meine Eltern waren, als ich endlich unterwegs war, bereits zehn Jahre verheiratet gewesen, und in all der Zeit hatten sie sich über ihr kinderloses Dasein gegrämt.
    Mein Dad, Bill Dorenfield, ist ein gestandener Mann. Ein Selfmademan, der sich praktisch vom Tellerwäscher zum Millionär hochgearbeitet hat. Mein Großvater väterlicherseits war Vertreter für alles Mögliche, angefangen von Töpfen und Pfannen bis hin zu Kinderkleidung. Mein Vater hat oft über seinen Vater gesagt: »Bei ihm war jeder noch so hart verdiente Dollar nur die Hälfte wert.« Dabei war mein Großvater weder Säufer noch Spieler noch drogenabhängig. Er war bloß ein katastrophal schlechter Geschäftsmann (falls mangelnder Geschäftssinn erblich ist, habe ich dieses Gen definitiv von ihm).
    Mein Dad behauptete immer, er hätte von Kindesbeinen an gearbeitet. Er liebt es, zu arbeiten (dieses Gen überspringt offenbar eine Generation). Er wuchs in den 30er Jahren in West Philadelphia auf, und er erzählte oft davon, wie er seinen Vater zwischen der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg auf seinen Geschäftsreisen begleitet hat. Die beiden brachen vor Tagesanbruch auf in die tiefste Provinz von Pennsylvania oder in die entgegengesetzte Richtung, an die Küstengebiete von New Jersey, und von dort arbeiteten sie sich dann zurück nach West Philadelphia. Sie hielten an jeder Haustür und verkauften, was immer mein Großvater an dem betreffenden Tag feilzubieten hatte.
    Mein Dad diente dabei quasi als Verkaufsgarant – wenn er mit von der Partie war, ließ sich fast immer der eine oder andere gutgläubige Mensch erweichen und kaufte ihnen etwas ab. Manchmal spielte er das mutterlose Kind, oder er hustete wie auf ein Stichwort, damit ihre Kunden ein Pfannenset oder ein Rüschenkleidchen erstanden (selbst wenn sie gar kein Töchterchen hatten), nur um dem kränkelnden Jungen seine Medizin zu finanzieren. Zu dieser Zeit erteilte ihm sein Vater den – wie er es nannte – »besten Rat, den er je erhalten hatte«.
    »Mit dem Plunder, den wir hier verkaufen, bringen wir es nie zu Geld«, sagte mein Großvater väterlicherseits zu meinem Dad. »Wenn du erst alt genug bist, kauf Land.«
    Klingt wie ein Zitat aus Früchte des Zorns , ich weiß. Dabei bin ich ziemlich sicher, dass weder mein Großvater noch mein Vater das Buch je gelesen haben, jedenfalls nicht zum Vergnügen. Aber auch wenn er keine Bücher gelesen hat und über keinerlei Geschäftssinn verfügte, war mein Großvater ein kluger Mann.
    Der Geschäftssinn meines Vaters trat schon sehr früh zutage. Er begriff rasch, dass die magere Erfolgsquote meines Großvaters auf seine Einstellung zurückzuführen war (»Ach so, Sie haben kein Interesse? Tja, dann schönen Tag noch«), und dass man sich, um die Verkaufsrate zu steigern, nicht gleich abwimmeln lassen durfte. Früher oder später ließ sich fast jeder Kunde breitschlagen und kaufte etwas. Mein Großvater nannte meinen Dad seinen Glücksbringer, dabei hatte die ganze Sache, nach den Schilderungen meines Vaters zu urteilen, weniger mit Glück zu tun als vielmehr mit Beharrlichkeit. Obwohl die beiden jahrelang gemeinsam durchs Land tingelten, hat mein Dad in der Schule stets mit Bestnoten geglänzt. Freunde hatte er keine, soweit

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