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Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern
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ausstaffieren, bis sie aussah »wie eine Blume in voller Blüte«, was allerdings nicht unbedingt vorteilhaft war. An dieser Stelle der Geschichte predigte mir meine Mutter stets eine Lebensweisheit, die ich immer wieder vergesse, so oft ich sie mir auch in Erinnerung rufe: alles mit Maß und Ziel.
    Nach dem Mittagessen beschlossen die beiden, für sämtliche Sekretärinnen in der Firma meines Großvaters Halstücher zu besorgen. Sie versuchten gerade, sich zwischen einem himmelblauen Schal und einem mit orangefarbenen Punkten für Miss DeMarco, die persönliche Sekretärin meines Großvaters, zu entscheiden, als meine Mutter eine feste Stimme sagen hörte: »Nichts könnte Ihre Schönheit besser zur Geltung bringen.«
    An dieser Stelle fügte Mom stets hinzu: »Du musst wissen, es hat weder am attraktiven Aussehen deines Vaters gelegen noch an seinem schmucken Anzug, obwohl natürlich beides eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Es war in erster Linie seine tiefe, feste Stimme, dieselbe Stimme, mit der ich ihn auch immer mit seinen Kunden telefonieren höre. Nichts könnte Ihre Schönheit besser zur Geltung bringen. «
    »Wie bitte?«, sagte meine Großmutter, der dieser Mann auf Anhieb suspekt war.
    »Mrs. Firestein, ich bin Bill Dorenfield.« Er streckte Grandmom die Hand hin und fügte mit derselben festen Stimme hinzu: »Ich werde Ihre Tochter heiraten.«
    Meine Großmutter trat einen Schritt zurück und beäugte ihn von Kopf bis Fuß, wie er da am Tresen lehnte, mit derselben Nonchalance, die Männer sonst am Swimmingpool zur Schau stellen.
    »Mit diesem großspurigen Gehabe sicher nicht«, entgegnete sie und zog meine Mutter an der Hand davon.
    Grandmom hatte von Lil Feldman alles über Bill Dorenfield gehört, denn er war mit Lils Tochter Rona ausgegangen und im Zuge dessen »über sie hergefallen« (sprich, er hatte versucht, sie zu küssen). Wann immer Rona später meinen Eltern über den Weg lief, scherzte sie: »Ich hätte ihm noch mehr erlaubt, hätten wir nicht die 50er Jahre geschrieben.«
    Tags darauf erhielten sowohl Mom als auch Grandmom je ein Dutzend weiße Rosen, ohne Karte.
    »Keine Karte«, stellte meine Großmutter fest und ließ den Strauß in den Mülleimer fallen. »Für wen hält er sich? Weiß er denn nicht, dass eine Frau die magischen drei Worte hören will?«
    Von diesem Augenblick an hielt sich meine Mom heraus. Sie wusste, wenn Bill Dorenfield ihre Mutter überzeugen konnte, bekam er die hübsche Maxine Elaine.
    Am zweiten Tag ließ er Grandmoms Lieblings-Tapioka-Pudding liefern – den mit richtigem Perltapioka von Horn und Hardarts, nicht den billigen wässrigen, den es sonst überall gab.
    Am dritten Tag schickte er Eintrittskarten fürs Sinfonieorchester.
    »Ohne Absender«, sagte meine Großmutter und warf sie in den Mülleimer. »Der Kerl ist größenwahnsinnig. Total übergeschnappt.«
    Am vierten Tag erhielt sie eine Flasche ihres Lieblingsparfüms. Er hat uns nie verraten, woher er wusste, welches ihr Lieblingsduft war. Sie tupfte sich zwei Tropfen auf die Handgelenke und pfefferte den Flakon in eine Schublade. »Ich kann es nicht mehr riechen.«
    Am fünften Tag war es eine Flasche französischer Wein.
    »Billig«, behauptete meine Großmutter mit einem Blick auf das Etikett.
    Am sechsten Tag stand er höchstpersönlich auf der Matte.
    »Was muss ich tun?«, fragte er meine Großmutter.
    »Warum sprechen Sie es nicht endlich aus?«, keifte sie.
    »Ich möchte Ihre Tochter heiraten.«
    »Erst führen Sie sie gefälligst zum Essen aus.«
    »In Ordnung.«
    Also führte er meine Mutter zum Essen aus.
    Es heißt, als meine Eltern im darauf folgenden Mai vor den Traualtar traten, gab es auf der ganzen Welt keine zwei glücklicheren Menschen als meine Großmutter und meinen Vater.
    Ist das nicht sa-gen-haft? Ist es zu fassen, dass für meine Mutter bereits bei der ersten Begegnung mit meinem Vater alles sonnenklar war? Und dass sie alles Weitere einfach meiner Großmutter überließ? So ist meine Mom. Wunderschön, feminin und in der Lage, sich durchzusetzen, ohne ein einziges Mal den Mund aufzumachen. Wir könnten verschiedener nicht sein.
    Ich musste wie meine Großmutter immer alles zehnmal sagen, um meinen Standpunkt überzeugend darzulegen. Meine Mutter konnte sich ganz auf ihre Anmut und ihre Weiblichkeit verlassen.
    Als ich zehn war und meine Eltern ihren zwanzigsten Hochzeitstag feierten, fand ich eines schönen Nachmittags, als ich von der Schule kam, ein nagelneues

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