Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
Dollar gekauft.
Es war allgemein bekannt, dass Maxine Elaine Firestein mit ihrer perfekten Figur, ihren perfekten Kleidern und ihrer perfekten, fröhlichen Persönlichkeit das begehrteste Mädchen in ganz Philadelphia war. Mein Dad wurde hellhörig.
Mom sagt, sie liefen einander zum ersten Mal im Erdgeschoss des Bonwit Teller, eines Kaufhauses an der Chestnut Street über den Weg, wo sie mit ihrer Mutter gerade am Tresen mit den Schals und Halstüchern stand. Was sie damals nicht wissen konnte und erst später herausfand: Mein Vater hatte schon Monate vorher ein Auge auf sie geworfen.
Es war in einem Nachtclub namens Latin Casino gewesen, den sie damals beide frequentierten. Meine Mutter war selbstverständlich in männlicher Begleitung dort aufgekreuzt, und mein Dad hatte allein an der Bar gesessen, als er sie erblickte. Mit ihren blonden Locken und dem hautengen, trägerlosen schwarzen Kleid sei sie die schönste Frau gewesen, die er je gesehen hatte, erzählte er immer. Eindeutig der heißeste Feger im ganzen Lokal.
Als er meine Mom im Bonwit Teller ansprach, hatte sich mein Dad bereits zu einer Art Mini-Mogul gemausert und war auf dem besten Weg, reich zu werden. Er hatte da und dort kleine Grundstücke erworben und eben erst eine große Dreizimmerwohnung für seine Eltern und seine Schwestern gekauft.
Leider starben seine Eltern noch vor meiner Geburt, deshalb habe ich sie nie kennengelernt (ich hoffe aber, das bald nachholen zu können; sie müssten doch eigentlich auch hier sein, oder?).
Meine Eltern jedenfalls haben sich im Dezember 1958 kennengelernt. Das ist übrigens meine absolute Lieblingsgeschichte. Ich kenne sie bis ins kleinste Detail auswendig, denn meine Mutter musste sie mir mindestens fünfzigtausendmal erzählen.
Es war einer jener bitterkalten Tage, an denen jeder Körperteil, der nicht dick eingepackt ist, etwa die Nase oder die Ohren, sofort zu einem Eiszapfen gefriert. Mom und Grandmom waren unterwegs, um Weihnachtseinkäufe zu erledigen. (Ja, ich stamme aus einer jüdischen Familie, aber Weihnachten wurde bei uns trotzdem gefeiert. Wie ich meine Leute kenne, war ihnen jeder Anlass recht, um Geschenke auszutauschen und miteinander ein Festmahl zu verschmausen. Außerdem waren schon meine Großeltern nicht besonders streng gläubig, und meine Eltern folgten einfach ihrem Beispiel) Als die beiden in der Chestnut Street angelangt waren, kamen sie überein, sämtliche Einkäufe bei Bonwits zu erledigen, weil es einfach zu kalt war, um noch länger durch die Straßen zu wandern. Bei dem Gedanken an die eisigen Temperaturen fröstelte Mom noch Jahre später, wenn sie die Geschichte erzählte. Damals war ein Kaufhausbesuch noch eine große Sache. Man holte sich nicht nur mal eben eine Strumpfhose. Meine Großmutter und meine Mutter bekamen stets glänzende Augen, wenn sie mir von Bonwits erzählten. Man aß traditionellerweise zunächst dort zu Mittag und arbeitete sich dann systematisch durch sämtliche Etagen. Die Verkäuferinnen liefen nicht vor einem davon, wie das heutzutage der Fall ist; sie kannten sogar die Namen und den Geschmack ihrer Kundinnen. In besagtem Jahr gab es viele Geschenke zu besorgen, für die Angestellten meines Großvaters, für Cousins und Cousinen, Nachbarn und Freunde. Sowohl meine Mutter als auch meine Großmutter waren zu zahlreichen Weihnachtspartys eingeladen, sodass unter anderem der Kauf neuer Kleider ganz oben auf der Liste stand.
Mom behauptete immer, selbst wenn sie an jenem Tag nicht meinen Vater kennengelernt hätte, wäre er ihr bestimmt als einer der besten ihres Lebens in Erinnerung geblieben.
»Dieser Tag hatte einfach etwas Magisches«, schwärmte sie mit glänzenden Augen. »Im Kaufhaus wimmelte es vor Kunden, die alle vor demselben Problem standen: Was sollten sie kaufen, für ihre Lieben, für sich selbst? Alles beriet sich und verglich, was die anderen kauften.« Sie drängte meine Großmutter, für Neujahr ein mit Pailletten besetztes schwarzes Chiffonkleid mit Glockenärmeln zu kaufen. »Ich werde nie vergessen, wie wunderschön Grandmom darin aussah, als sie auf dem Schemel vor dem dreiteiligen Spiegel stand, während ihr der Schneider die Taille enger steckte und mit den Petticoats hantierte.« Für sich wählte Mom ein Kleid aus kastanienbrauner Spitze mit Spaghettiträgern und tropfenförmigen Glasperlen am Dekolleté, und damit begab sie sich dann in die Abteilung für Damenunterwäsche und ließ sich mit Unmengen von Petticoats
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