Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
bis ich nicht mehr weiter konnte, bis ich endlich wieder einen klaren Kopf hatte. Die Sonne schien unerbittlich, und bald waren wir beide ziemlich geschafft, also setzte ich mich an einen Tisch vor einem Café.
Ich konnte nur noch daran denken, wie erschöpft ich war, zu erschöpft, um weiter über mein Versagen nachzudenken oder mir Sorgen zu machen. Ich glaube, ich hatte ganz einfach aufgegeben.
Wir saßen bestimmt über zwei Stunden vor diesem Café. Einer der Kellner war so freundlich, Peaches eine Schüssel Wasser hinzustellen, und nachdem sie die Schüssel geleert hatte, rollte sie sich auf dem Bürgersteig zusammen und schlief ein. Mir entging nicht, dass die Angestellten hin und wieder nach draußen spähten und sich wohl fragten, wann ich endlich zu gehen gedachte, aber ich blieb einfach sitzen. Ich konnte nicht weiter, konnte mir auch keine Tasse Kaffee bestellen, denn ich hatte keinen Cent Bargeld mehr, also saß ich in Gedanken versunken da und hoffte, ich würde mich irgendwann in Luft auflösen.
Mir war klar, dass ich nicht auf fremde Hilfe zu hoffen brauchte. Ich hatte angenommen, der Tag, an dem ich Charles verließ, sei bereits der absolute Tiefpunkt gewesen, doch es ging noch tiefer, viel tiefer, das war mir jetzt klar. Ich hatte schon damals niemanden um Hilfe bitten können oder wollen, und das konnte ich nun erst recht nicht. Ich musste selbst sehen, wie ich aus dieser Misere wieder herauskam. Und ich würde es schaffen.
Als die Sonne unterging, nahm ich Peaches auf den Arm und ging zu Fuß zu meinem fünf Kilometer entfernten Apartment zurück.
Bisher war sie jede Nacht aufgewacht und hatte zu kläffen begonnen, doch diesmal schliefen wir beide tief und fest. Sie war genauso erschöpft wie ich.
Als wir tags darauf gegen sieben erwachten, stellte ich überrascht fest, dass sie nicht auf die Kleider gepinkelt hatte, die ich am Vorabend einfach auf den Boden hatte fallenlassen. Sie saß nur auf der Bettkante und starrte mich aus großen Augen an. Wir machten uns sogleich auf zu unserem nächsten ausgedehnten Spaziergang. Während der nächsten Tage ging ich kaum ans Telefon und konzentrierte mich ganz auf das Training mit Peaches. Ich erstand mit meiner bereits hoffnungslos überstrapazierten Kreditkarte ein paar Spielzeugknochen und brachte ihr bei, darauf herumzukauen statt auf meinen Gucci-Pumps. Mir fiel auf, dass sie an der Wohnungstür kratzte, wenn sie pinkeln musste.
Dana hatte mir erzählt, der Runyon Canyon sei ein beliebter Tummelplatz für Hundebesitzer, also besorgte ich mir eine Wochenkarte für den Bus und ging jeden Morgen mit Peaches dort spazieren. Nach ein paar Tagen kamen mir einige der anderen Hundehalter schon bekannt vor. Man lächelte einander an, machte hin und wieder eine Bemerkung à la »Sie haben aber einen süßen Hund!«.
Binnen vier Wochen freundete ich mich mit zwei anderen Hundebesitzern an. Es war, wie Dana gesagt hatte: Man muss mit einer Gruppe unterwegs sein. In meinem Fall bestand die Gruppe aus Peaches und mir.
Die viele Bewegung tat auch mir gut. Ich baute meine Kohlenhydrat-Pölsterchen ab und begann, Muskeln zu entwickeln.
Eines Tages begegnete mir eine Frau mit einem schokoladenfarbenen Labrador, die mir bekannt vorkam, aber ich wusste nicht, woher. Als ich näher kam, fiel es mir beim Anblick ihrer dick bemalten Lippen wieder ein.
»Sagen Sie, kennen wir uns nicht?«, fragte sie mich prompt.
»Nicht dass ich wüsste«, log ich.
Sie sah von mir zu Peaches.
»Sie sind doch die Frau aus der Tierhandlung! Das ist der Hund, um den wir uns gezankt haben!«
»Ach, richtig«, gab ich verlegen zu. »Jetzt erkenne ich Sie wieder.«
»Wissen Sie, Sie sind mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen«, sagte sie.
»Das ist wahr«, bestätigte ihr Begleiter. »Sie hat oft von Ihnen und Ihrem Hund gesprochen. Morgan ist überzeugt, dass Sie beide füreinander bestimmt sind.«
»Stimmt«, fuhr sie fort. »Sie waren so wild entschlossen, diesen Hund zu kaufen. Und dann die hingebungsvollen Blicke, die er Ihnen zugeworfen hat …«
»Meinen Sie wirklich?« Peaches sprang an mir hoch, und ich tätschelte ihr den Kopf.
»Ja, er liebt Sie heiß und innig, das sieht man. Ich habe mir dann doch keinen Teacup-Pudel zugelegt, sondern dieses Riesenvieh hier.« Sie kraulte ihren Labrador.
»Das passt aber nicht in Ihre Fendi-Hundetasche.«
»Nein, die habe ich Peter und Lucky geschenkt.« Sie zeigte auf ihren Freund und dessen Shih Tzu. »Das hier ist der richtige
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