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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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er es da draußen in Gegenwart der Akoloythoi getan hätte und ebenfalls sicherer als zu dem Zeitpunkt, da sie das Haus betreten hatten und nicht wussten, was hier auf sie lauern mochte.
    „Wenn ich euch richtig verstanden habe“, begann Nargal, „könnt ihr euch keineswegs sicher sein, dass eure Eleanor tatsächlich hier in der Hölle ist. Nach allem, was ihr erzählt habt, ist es wesentlicher wahrscheinlicher, dass sie das Licht Gottes gesehen hat und hineinging.“
    „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie wirklich ins Licht hineingegangen sein könnte“, erwiderte Michael skeptisch. „Ihr Verlangen nach Raphael war sicher größer.“
    Nargal lachte. Ein kristallklares Geräusch, das von den kahlen Wänden des Zimmers widerhallte und Michael einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
    „Man merkt dir an, Michael, dass du auf Raphael nicht gut zu sprechen bist“, lachte sie. „Aber sein Erfolg muss dich nicht verdrießen. Du hattest nie eine Chance gegen ihn und keiner von euch beiden hätte das ändern können. Das Gefühl, das Raphael durch eine einfache Berührung, ja allein durch seine Gegenwart in Eleanor auslösen kann, ist um so viel größer, als alles, was von dir kommen kann. Es ist, als träte ein Elefant gegen eine Maus an. Er kann sich noch so sehr zurücknehmen, er wird immer stärker sein als die Maus.“
    Michael knirschte unbewusst mit den Zähnen. Das war nun schon das zweite Mal in diesem Haus, das er mit einer Maus verglichen wurde. Langsam begann ihn das wirklich zu verdrießen.
    „Allerdings erklärt das auch, warum ihr euch ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen solltet, dass Eleanor nicht hier in der Hölle ist“, fuhr Nargal unbekümmert fort. „Das Licht Gottes zu sehen ist nichts, dessen man sich widersetzen könnte. Zumindest für einen Menschen gilt das. Raphael hat damals auf dem Sinai bewiesen, dass er dem Licht Gottes entsagen konnte. Einem Menschen würde das nie gelingen. Das Gefühl der absoluten Richtigkeit, welches vom Licht Gottes ausgeht, ist um viele tausend Mal stärker als jenes Gefühl, das ein Engel erzeugen könnte. Wenn Eleanor schon Raphael nicht widerstehen konnte, so wäre es ihr erst recht vollkommen unmöglich, sich bewusst gegen den Gang in Gottes Licht zu entscheiden.“
    „Aber dann hätten wir tatsächlich keine Chance mehr, an sie heranzukommen“, warf Elizabeth traurig ein. „Im Himmel erreichen wir sie nicht. Und sie würde dort auch gar kein Interesse mehr an uns haben, wenn das Gefühl von Glück und Zufriedenheit in Gottes Angesicht tatsächlich so vollkommen ist, wie du gesagt hast.“
    „Dann können wir auch sofort zurückkehren“, warf Michael frustriert ein. Er blickte zu Nargal hinüber. Immerhin war er sich keineswegs sicher, ob sie sie einfach so ziehen lassen würde.
    „Nein!“, rief Elizabeth plötzlich aus. „Nein, wir dürfen nicht einfach gehen. Wir haben immer noch eine Aufgabe vor uns.“
    Nargal und Michael blickten sie verwundert an.
    „Wovon sprichst du?“, fragte Nargal.
    „Selbst wenn Eleanor nicht in der Hölle ist, so ist doch Raphael noch hier“, erklärte Elizabeth. „Wir müssen ihm sagen, dass er nicht länger an Lilith gebunden ist. Jetzt, wo Eleanor tot ist.“
    „Du… du schlägst doch wohl nicht wirklich vor, dass wir uns auf die Suche nach den beiden begeben?“, stotterte Michael entsetzt. „Nach Eleanor zu suchen war eine Sache. Aber mal abgesehen davon, dass ich für Raphael nicht sonderlich viel übrig habe – er ist bei Lilith. Glaubst du, Lilith würde uns das einfach so durchgehen lassen, wenn wir bei ihr hereinspazieren und sagen ‚Hey, Raphael. Übrigens – du bist frei. Du musst nicht länger bei der Irren da bleiben!‘ Was meinst du wohl, wie es uns dann ergehen wird?“
    Elizabeth zögerte, während Nargal sie von der Seite aufmerksam beobachtete. Schließlich blickte sie auf und sah Michael entschlossen an.
    „Du hast recht“, sagte sie. „Ich kann von dir nicht erwarten, dass du mitkommst. Aber ich verdanke Raphael unendlich viel. Er ist überhaupt nur bei Lilith, weil er mein Leben retten wollte. Jetzt ist es an mir, ihn nicht im Stich zu lassen. Deshalb werde ich allein gehen!“
    Michael schnappte unbewusst nach Luft. „Allein? Du willst allein gehen? Du bist so gut wie tot, wenn du dieses Haus verlässt! Was meinst du, wie weit du kommen wirst?“
    „Er hat recht!“, warf Nargal ein. „In der Hölle hast du keine Chance, dein Ziel zu erreichen. Zudem weißt

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