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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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hinüber. „Viel zu lange schon verhöhnt uns dieses Weib. Es wird Zeit, dass sich das ändert!“
    Eleanor sah fragend zu ihm hinauf, doch eine ganze Weile schien der riesige Engel sie nicht einmal mehr wahrzunehmen. Als er endlich den Blick wieder zu ihr hinab senkte, fixierte er zum ersten Mal William.
    „Und dein Begleiter? Wie ist er in die Hölle geraten?“
    Verunsichert trat William vor und zwang sich, zu Asrael hinauf zu blicken.
    „Ich war ein Sünder“, begann er. „Doch Lady Eleanor hat mich aus der Hölle befreit. Nachdem sie für mich gebetet hatte, konnte ich das Licht sehen. Bevor ich aber hineintreten konnte, schob sich – ebenso wie bei ihr – ein Schatten davor. Er sprach genau dieselben Worte zu mir, wie er sie auch Lady Eleanor gegenüber benutzte. Als ich wieder aufwachte, befand ich mich in der Vorhölle. Dort begegnete ich ihr wieder und wir machten uns gemeinsam auf den Weg, um den Engel Raphael zu suchen…“
    Williams Stimme erstarb und er senkte beschämt den Blick. Seine Verteidigung kam ihm armselig und schäbig vor. So sah er nicht, wie sich in Asraels Gesicht ein Ausdruck von Achtung breitmachte.
    „Ihr zwei seid also den ganzen Weg durch die Hölle gegangen, um einen der unseren zu finden und ihn aus der Hand Liliths zu befreien?“, fasste Asrael schließlich beeindruckt zusammen. „Aber ich verstehe noch immer nicht, wie ihr so weit kommen konntet.“
    Wieder versuchte er Eleanors Blick aufzufangen, doch es war William, der an ihrer statt antwortete.
    „Das Böse kann ihr offenbar nichts anhaben“, sagte er. „Weder die Flüsse, noch die Akoloythoi können ihr Schaden zufügen.“
    „Ich bin mir sicher, dass ich es könnte!“, unterbrach Asrael ihn so zornig und ungehalten, dass William verstummte. Mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen trat er auf Eleanor zu. „Ich weiß , dass ich es könnte!“
    Dann berührte er sie sanft an der Schulter. Ein greller Blitz ließ die felsige Ebene aufleuchten und ein ohrenbetäubender Donnerschlag ließ die Akoloythoi vor Angst aufschreien.
     
    …
     
    Oliver sah Michael und Elizabeth beeindruckt an.
    „Heißt das, dass ihr die Hölle jederzeit verlassen könntet, wenn ihr wollt?“, fragte er.
    Michael und Elizabeth nickten und Oliver sah sie beinahe sehnsüchtig an. Eine unangenehme Stille entstand, während der sich Michael des unfassbaren Abstands zwischen sich und den Verdammten in der Halle dieses Krematoriums erst richtig bewusst wurde. Er schauderte.
    „Mir scheint, dass nicht wenige hier alles darum geben würden, wenn ihnen dasselbe gelänge“, flüsterte er. „Wenn sie einfach so gehen und die Hölle hinter sich lassen könnten.“
    „Was gäbe es denn, was sie für diese Gnade hergeben könnten?“, gab Oliver zurück.
    Michael hielt inne, dann nickte er bedächtig.
    „Diese Menschen haben nur noch ihre Seele, nichts weiter“, fasste er zusammen. „Und ihre Seele ist auch das einzige, was sie nicht aufgeben dürfen. Niemals.“
    „Ich sehe, du hast verstanden“, erwiderte Oliver. „Keinen Körper, keine Habseligkeiten… nichts was man hergeben könnte… nur die Seele. Was glaubst du, was deine Seele wert ist?“
    Michael sah ihn überrascht an. Mit einer solchen Frage hätte er nie gerechnet.
    „Meine Seele?“, stotterte er. „Wenn sie alles ist, was mich letzten Endes ausmacht, ist sie auch alles wert. Einfach alles…“
    Oliver lächelte. „Siehst du? Deshalb würde dir auch niemand hier ein Angebot für deine Fähigkeit machen, diese Hölle verlassen zu können. Irgendwann müssen wir doch vor unseren Schöpfer treten. Und wenn das geschieht, wird sein Licht alles aus uns wegbrennen, was nicht zu jener Seele gehört, die er uns bei unserer Geburt mit auf den Weg gegeben hat. Wenn deine Seele nur noch aus Wucherungen von Hass, Falschheit, Habgier und Lüge besteht, wird auch nichts von ihr übrig bleiben. Dann, und erst dann, wird der Mensch in Nichts vergehen und sterben.“
    „Das macht mir Angst“, flüsterte Elizabeth. „Was lädt man nicht im Laufe seines Lebens an Schuld auf sich. Wenn jedes Mal ein kleines Stückchen meiner Seele wegbricht – wie viel mag dann jetzt noch von ihr übrig sein? Wir sind doch alle Sünder. Wer von uns wäre denn frei davon?“
    „Du hast recht“, gab Michael traurig zu, während er ihre Hand drückte. „Ich glaube für den normalen Menschen ist die Erlösung nicht sehr wahrscheinlich.“
    „Sagt das nicht!“, fiel Oliver ihm ins Wort. „Die

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