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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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nahe kommt, was die Menschen beim Verdursten erleiden müssen.“
    Lilith sah ihn erschrocken an. Nie zuvor hatte sie in Raphaels Gegenwart so offensichtlich fassungslos ausgesehen. Die Selbstsicherheit und Überlegenheit der vergangenen Minuten war vollkommen aus ihrem Gesicht gewichen und hatte allein dem Schrecken und der Sorge Platz gemacht. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte und Raphael nun misstrauisch ansah.
    „Warum erzählst du mir das?“, fragte sie. „Ich wusste nicht, dass es einen zweiten Weg gibt einen Engel zu töten. Was ist, wenn ich dieses Wissen gegen euch verwende?“
    Raphael lachte freudlos auf. „Was willst du tun? Einen Engel gegen seinen Willen in Finsternis einzusperren wird dir nicht gelingen. Du solltest eigentlich wissen, dass wir Berge zum Einsturz bringen können. Nichts hält einen Engel an einem Ort , an dem er nicht sein will. Die einzige Ausnahme ist dieses Universum, aus dessen Grenzen wir nicht ohne Gottes Willen ausbrechen können.“
    Lilith nickte zögernd. „Du hast recht“, gab sie zu. „Hast du jemals einen Engel gekannt, der sich auf diese Weise das Leben nehmen wollte?“
    Raphael nickte. „Allerdings. Sein Name war Siriel. Du solltest ihn eigentlich gut kennen. Er war einer jener Engel, denen du vor fast zweitausend Jahren aufgetragen hast einen Galiläer namens Joël zu befallen. Jeshua von Nazareth hat sie schließlich alle aus dem Körper des Mannes vertrieben.“
    Lilith nickte ernst, doch Raphael fuhr gnadenlos fort. „Nach dieser Episode war Siriel so am Boden zerstört, dass er sich in die Dunkelheit flüchtete um sterben zu können. Als ich ihn das letzte Mal sah war er dem Ende schon so nahe, dass er es vermutlich mittlerweile hinter sich hat.“
    Die letzten Worte hatte er mit so viel Bitterkeit in der Stimme gesprochen, dass Lilith zusammenzuckte. Sie sah ihn misstrauisch an.
    „Machst du mich für seinen Tod verantwortlich?“, fragte sie erregt.
    „Zumindest hast du deinen Anteil an seinem Tod gehabt!“, stellte Raphael betont nüchtern fest.
    Mit einem knirschenden Geräusch gruben sich Liliths Fingernägel in die harte Tischplatte.
    „Ich bin nicht stolz auf diese Geschichte!“, presste sie hervor. „Ich war damals noch jung…“
    „Etwa tausend Jahre…“, warf Raphael spöttisch ein.“
    „… für einen Engel ist das nichts. Das solltest du doch wissen. Ich genoss damals du Macht, die ich über viele von euch hatte. Nicht wenige hielten mich für eine Art Messias, der gekommen war euch zu erlösen. Sie taten alles für mich!“
    „Und du hast deinen Schabernack mit ihnen getrieben.“
    Lilith sah betreten zu Boden. „So könnte man es wohl ausdrücken…“, druckste sie herum.
    „Und stattdessen lief der echte Messias in Gestalt eines Sterblichen über die Welt und wir haben ihn nicht erkannt!“ Raphael lachte zynisch auf. „Der einzige , der erkannt hat wer er wirklich war, musste ausgerechnet Asasel sein. Und der war im entscheidenden Moment zu schwach…“
    Lilith sah ihn ernst an, dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich habe mich nie wirklich mit diesem Jeshua und seinen Lehren auseinander gesetzt“, meinte sie gleichgültig. „Gut möglich, dass er etwas besonderes war. Vielleicht war er es aber auch nicht.“
    „So würdest du nicht reden, wenn du sein Ende gesehen hättest!“, warf Raphael erregt ein. „Was damals in Jerusalem geschah hättest nicht einmal du auf die leichte Schulter genommen. Asasel ist seitdem ein anderer… nicht nur äußerlich.“
    Lilith verzog den Mund. „Du wirst recht haben!“, gab sie zu.
    Das Gespräch erstarb und eine Weile lauschten die beiden auf die Stadt um sie herum. Noch immer waren zahlreiche Menschen auf den Straßen. Kleine Mopeds kurvten geschickt an den Autos vorbei und übertönten das unablässige Rauschen des Straßenverkehrs durch ihr Geknatter. Hin und wieder war eine Hupe zu hören und die Gespräche der Menschen an den anderen Tischen lagen wie ein dichtgewebter Klangteppich über allem.
    „Und? Was gedenkst du zu tun?“, fragte Raphael schließlich. Es klang herausfordernd und kämpferisch.
    „Was meinst du?“
    „Ich spreche von Eleanor!“
    Lilith zog eine Augenbraue hoch. „Was soll ich ihretwegen tun?“, fragte sie betont gleichgültig.
    „Du nimmst sie nicht mehr war“, stellte Raphael fest. „Ebenso wenig wie ich. Glaubst du ernsthaft ich bliebe bei dir, wenn ich das Gefühl haben muss, dass ihr etwas zugestoßen ist?“
    Lilith

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