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Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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keiner mehr zu sehen.
    „Asrael!“, rief einer von ihnen. „Beruhige dich! Was ist nur in dich gefahren?“
    Schwer atmend bedeutete Asrael, dass man ihn loslassen könne. Fast widerstrebend folgten die Engel um ihn herum der Aufforderung. Asrael erhob sich und blickte sich aufgebracht um.
    „Du weißt, was du getan hast?“, fragte einer der Umstehenden. Asrael nickte verkniffen. Offenbar konnte er seinen eigenen Zornesausbruch selbst nicht wirklich fassen.
    „Wenn Eleanor unter ihnen war, werden wir es jetzt nicht mehr erfahren“, meinte einer der Engel.
    „Aber wenn sie es nicht war, kann sie auch noch nicht weit sein“, erwiderte ein anderer.
    „Sie war nicht unter ihnen“, sagte Asrael nachdrücklich und mit rauer Stimme. „Als ihre Seelen durch mich hindurch gingen, war keine darunter, auf die ihre Beschreibung gepasst hätte. Keine Seele, die das erlebt hätte, was Eleanor erlebt hat. Sie war nicht dabei!“
    „Dann müssen wir sie suchen!“
    „Der nächste Grenzfluss ist nicht weit. Vielleicht hat sie ihn schon überquert. Wir müssen uns beeilen!“
    „Das werden wir“, sagte Asrael. Er war nun ganz ruhig und wirkte erschreckend selbstbeherrscht. „Auf!“
    Die gefallenen Engel erhoben sich wortlos und gleichzeitig in den staubigen Himmel, während die verängstigten Akoloythoi zunächst zögerten und sich dann aufmachten, ihren Herren zu folgen. Kurz darauf war der Hohlweg leer, allein die Leichen der getöteten Akoloythoi würden hier liegenbleiben.
    Eleanor sah zu William hinüber und erstarrte, denn William grinste.
    „Findest du witzig, was da eben geschehen ist?“, fauchte sie ihn an. Fast wäre sie in Tränen ausgebrochen, so sehr schmerzte sie der Verlust von Robert, Allys, Kathryn, Toby und all den anderen.
    „Aber Milady. Habt ihr nicht gesehen, was passiert ist?“
    Eleanor blickte ihn noch immer zornig an, doch jetzt mischte sich Verwirrung in ihre Miene.
    „Asrael hat die Beherrschung verloren!“, lachte William. „Wäre Robert ruhig geblieben, hätte er sie alle zurück an den Ort ihres Leides geschickt. Ein Wink zu den Akoloythoi hätte genügt und die meisten wären jetzt wieder im Flammensee, während Robert mit Kathryn, Toby und Allys wieder im neunten Kreis der Hölle blind nacheinander suchen würde. Aber stattdessen war Asrael so zornig, dass er versucht hat sie zu töten!“
    „Und?“, gab Eleanor unter Tränen zurück.
    William verdrehte lachend die Augen. „Erinnert ihr euch nicht, wohin die Seelen der Menschen gehen, wenn ein Engel ihnen das Leben nimmt? Solange die Seele eines Menschen nicht im Himmel angekommen ist, wird sie geprüft. Das gilt nicht nur in der Welt der Lebenden. Auch jene Seelen, die in die Hölle hinab geworfen wurden, haben doch am Tag des Jüngsten Gerichts eine winzig kleine Chance auf Vergebung, sofern sie sich gebessert haben. Ich bin doch das beste Beispiel dafür, dass die Hölle nicht das Ende sein muss. Auch für jene, die hier ihre Sünden abbüßen müssen, kann es eine Vergebung geben. Was geschieht also mit jenen, denen ihre Probezeit genommen wurde?“
    Ein Lächeln breitete sich auf Eleanors Gesicht aus, als sie zu verstehen begann. „Sie kommen zurück in den Himmel, um neu ausgesandt zu werden!“
    William nickte. „Genau. Sie bekommen eine zweite Chance. Vielleicht bestehen sie auch diese nicht, aber zumindest sind sie vorerst der Hölle entkommen.“
    Eleanor begann zu lachen und auch William stimmte wieder mit ihr ein. Es dauerte eine ganze Weile, bis beide sich wieder beruhigt hatten.
    „Meinst du, Robert hat das mit Absicht getan? Das hätte bös nach hinten losgehen können“, fragte Eleanor.
    William zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Sollten wir ihn je wiedersehen, werden wir ihn fragen!“
    Wieder begannen beide zu lachen, doch diesmal war es eine Befreiung von der Last der Hölle, die sie sich einen kurzen Augenblick vergessen ließ.
    „Wir sollten uns auf den Weg machen“, meinte William schließlich und spähte vorsichtig aus ihrem Unterschlupf. „Dort draußen scheint niemand mehr zu sein.“
    „Gut, dann auf!“
    Sie krochen aus ihrem Versteck und blickten ein letztes Mal auf die Leichen der Akoloythoi. Dann wandten sie sich in die Richtung, die auch die gefallenen Engel genommen hatten.
    „Dieser Asrael meinte, es sei nicht weit bis zum nächsten Grenzfluss“, sagte Eleanor, während sie den steinigen Pfad zwischen den felsigen Hügeln entlang gingen. „Aber wir sollten trotzdem auf

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