Die Zehnte Gabe: Roman
Mitbürger. Wir dürfen niemanden vorziehen.«
Erhitzt und wütend hatte er sie erneut bedrängt, bis sie am
Schluss müde antwortete: »Wenn du so entschlossen bist, das Mädchen zu retten, solltest du vielleicht seinen Vater aufsuchen.«
Robs Stirn runzelte sich verblüfft. »Madam, er ist seit vielen Jahren tot.«
»Ach, wäre es nur so. Der arme John Tregenna, ein stumpfer Mensch und nicht allzu sehr nach Janes Geschmack, aber er hatte es nicht verdient, die besten Jahre seines Lebens damit zu verbringen, für ein Balg zu sorgen, das nicht sein eigenes war, nur um wenige Jahre später von der Pest dahingerafft zu werden. Wenn du Catherine auslösen willst, dann wendest du dich am besten an Sir John Killigrew in Arwenack.«
Rob blieben die Worte im Hals stecken. Er erinnerte sich an die unwirkliche Szene damals zu Beginn des Sommers, zwei Gestalten mit flammend rotem Haar, die zu dicht beieinandergestanden hatten, und da wusste er, dass Lady Harris die Wahrheit sagte. Kein Wunder, dass John Killigrew das Mädchen aufgefallen war - immerhin war es sein eigenes Fleisch und Blut.
»Hier.«
Er blickte auf. Margaret Harris streckte die Hand aus. Seine Finger schlossen sich um den Beutel, bevor er merkte, dass er voller Münzen war.
»Erzähl niemandem, dass du es von mir hast. Trotz all ihrer Unzulänglichkeiten ist mir Catherine sehr ans Herz gewachsen, und wenn es die geringste Chance gibt, sie und Matty zu retten, dann vertraue ich darauf, dass du dein Bestes tun wirst, um sie auszulösen. Du bist ein fantasievoller junger Mann und wirst schon eine Möglichkeit finden, diese kleine Unterstützung zu ihren Gunsten einzusetzen. Der Gedanke, dass sich zwei junge Mädchen in den Händen solch verrufener Heiden befinden, ist mir unerträglich.«
Damit wandte sie sich ab, doch Rob hatte die Tränen in ihren Augen gesehen.
Die Versammlung des Stadtrats, die in Abwesenheit des Bürgermeisters John Maddern unter Vorsitz von Sir Arthur tagte, kam zu keiner angemessenen Entscheidung. Dafür hagelte es Vorwürfe: Warum hatten die Wachen nicht gesehen, wie die Schiffe sich dem Hafen näherten? Warum hatten die Kanonen auf dem Mount die Stadt nicht verteidigt? Warum hatte der Vizeadmiral von Cornwall die Gefahr nicht vorausgesehen, wenn es, wie berichtet wurde, ein Dutzend oder mehr Angriffe an den Küsten gegeben hatte, bevor die Kirche überfallen wurde? Was war mit den Gerüchten, der Großadmiral und Herzog von Buckingham entsende englische Kriegsschiffe, um dem französischen Kardinal Richelieu im Kampf gegen die Hugenotten beizustehen? Sollte man stattdessen nicht lieber die Gewässer des West Country beschützen? Und was sollte das Gerede über einen Krieg gegen Spanien, wenn es doch bereits einen Krieg vor ihrer Haustür gab, einen gegen den Terror aus dem Meer? Waren denn dem neuen König seine Untertanen gleichgültig? Mehr als eine Stimme erklärte bitter, Cornwall liege wohl zu weit entfernt vom Zentrum des Geschehens, als dass sich irgendwer große Gedanken um das Schicksal seiner Bewohner machte.
So wurden zwei Stunden verschwendet, bevor irgendwer zum Kern der Sache vorstieß - ob es eine Möglichkeit gab, die geforderten 3.495 Pfund aufzubringen, und ob sie auf irgendeine Bestätigung dafür hoffen konnten, dass die Gefangenen noch am Leben waren und tatsächlich zurückgeschickt würden. Die Stadt selbst verfügte über keine nennenswerte Pfründe, und das schon, bevor die nächsten Briefe mit Lösegeldforderungen für Bürgermeister Maddern, Ratsherr Polglaze und ihre Frauen eintrafen.
Petitionen machten die Runde, Gelder wurden gesammelt. Penzance und Market Jew sowie die entlegenen Gemeinden Sancreed und Madron, Newlyn und Paul steuerten bei, was sie konnten, bis hin zur Witwe Hocking mit einem einzigen Penny
und dem blinden alten Simon Penrose mit zwei Silbermünzen. Doch selbst nachdem siebenhundertachtzig Menschen ihre Spende beigesteuert hatten, waren nicht mehr als etwa sechsundvierzig Pfund zusammengekommen, und darin waren fünf Pfund von Sir Arthur und zehn von den Godolphins enthalten.
»Wir müssen eine Bittschrift an den Monarchen richten«, seufzte Sir Arthur, »obwohl ich fürchte, dass sie nicht viel Aussicht auf Erfolg hat. Das Parlament wurde aufgelöst. Ich weiß nicht, wann es wieder zusammentreten kann, da König Karl ihm von Grund auf misstraut. Der einzige Mensch, auf den er hört, ist Buckingham, und zu dem habe ich keine Verbindungen. Alles, was wir tun können, ist, das
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