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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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Sir John vereinbart?«
    »John wird wie üblich seine eigenen Gründe haben, weshalb er dich mir anvertraut hat. Du kannst mitkommen, aber erwarte nicht, dass ich deinetwegen Kopf und Kragen riskiere. Es wird gefährlich genug sein, auch ohne dass man Kindermädchen für einen armen Trottel spielen muss.«
    Rob runzelte die Stirn. »Wenn Ihr doch mit diesen Leuten Handel treibt, können wir dann nicht einfach in ihren Hafen einlaufen?«
    Der Ältere lächelte, doch seine Augen blieben kalt. »Nein, mein Junge, viel zu riskant. Es gibt zu viele Parteien, die beteiligt sind und sich alle gegenseitig an die Kehle wollen. Ein hübsches britisches Schiff mit einer wertvollen Ladung wäre eine große Versuchung für jede einzelne von ihnen. Seit Mansells vermaledeitem Angriff auf Algier ist jedes britische Schiff in diesen Gewässern Freiwild. Als John Harrison im Frühsommer auf seiner Mission herkam, musste er unweit von Tétouan an der Mittelmeerküste anlegen und als moslemischer Pilger verkleidet fünfhundert Meilen zu Fuß durch das unwirtliche Land marschieren, verrückt wie er nun mal ist!«
    Rob hatte keine Ahnung, wer Mansell oder Harrison waren, nickte jedoch, als wären solche Dinge allgemein bekannt. »Er hat es also geschafft, dieser Harrison?«
    »Oh, aye. Er schafft es immer. Der Mann ist ein Teufelskerl. Er fuhr mit dem Segen des Königs und versuchte, einige der circa tausend Sklaven freizukaufen, die in Sallee festgehalten wurden, kam allerdings fast mit leeren Händen zurück.«
    Rob starrte ihn entsetzt an. »Tausend Gefangene?«
    Marshall warf ihm einen missbilligenden Blick zu. »Die Türken rauben seit Jahren die armen Teufel von Handelsschiffen und Fischerbooten, und kein Mensch hat irgendwas dagegen
unternommen. Nach den Extravaganzen von König Jakob reichte das Gold in der Schatzkammer nicht mehr für eine anständige Flotte, und sein Sohn kann auch nicht besser mit Geld umgehen. Außerdem führen sie jetzt natürlich Krieg gegen Spanien, und es gibt Wichtigeres zu tun. Harrison ist so etwas wie ein Einzelkämpfer; ihm geht es um den Ruhm, obwohl ich zu behaupten wage, dass er nebenbei mit seinen Schmiergeldern und ›Gebühren‹ und was weiß ich noch alles ein hübsches Sümmchen verdient haben dürfte. Doch der Krieg eröffnet den Gewieften stets die eine oder andere Chance, sage ich immer.« Damit zwinkerte er Rob zu und begab sich in der Hoffnung auf das Abendessen in die Kombüse.
    In dieser Nacht fand Rob keinen Schlaf. Wenn es dem Vermittler des Königs nicht gelungen war, die Gefangenen frei zu bekommen, welche Chance hatte er dann? Es klang so, als wären sie dabei, die inneren Kreise der Hölle zu betreten, bevölkert mit Legionen von Unmenschen und Fanatikern. Die Aussicht machte ihm Angst: Sie war so weit entfernt von seinem Leben auf Kenegie. Dort konnte einem kaum etwas Schlimmeres passieren, als dass ein verzweifelter Schafsdieb versuchte, die Herde zu klauen oder ein fahrender Quacksalber einen im Dolphin um seinen Lohn bringen wollte. Rob hatte nie gelernt, mit dem Schwert umzugehen, obgleich er eins dabeihatte. Für derlei Fähigkeiten bestand in Cornwall nur wenig Anlass. Er konnte sich jedoch ganz gut mit seinen Fäusten oder einem Knüppel verteidigen, wie er sich nun erbittert einredete. Und vielleicht half ihm dieser Marshall - der einen gerissenen und erfahrenen Eindruck machte -, etwas zu erreichen, woran andere gescheitert waren. Aus dem kleinen Beutel, den er um den Hals trug, nahm Rob den Ring seiner Großmutter, den Cat ihm wieder in die Hand gedrückt hatte mit der Bemerkung, sich dafür einen besseren Zeitpunkt auszusuchen. Was könnte es für einen besseren Zeitpunkt geben als den, wenn er sie aus der Hand der Piraten befreite?
Rob war ein unverbesserlicher Optimist, und deshalb schlief er mit dem Ring in der Hand und dieser Vorstellung im Kopf schließlich ein.
    Am nächsten Tag glitten sie im Dunkeln an Salé vorbei und fuhren noch ein Stück weiter an der Küste entlang, bis sie die Lichter einer menschlichen Ansiedlung hinter sich gelassen hatten. Dann erst warf das Schiff den Anker, und Marshall rüttelte Rob aus dem Schlaf. »Reib dir das ins Gesicht, wickele den Turban um deinen Dickschädel und lass ja dein Schwert stecken«, sagte er und drückte ihm einen Topf mit einem durchdringend stinkenden Zeug in die Hand. »Wir dürfen nicht das Risiko eingehen, dass uns ein aufblitzendes Licht verrät. Die ganze Gegend hier wimmelt von Wegelagerern. Nimm nur

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