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Die Zehnte Gabe: Roman

Titel: Die Zehnte Gabe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson , Pociao
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unsere Galeeren.«
    Robert spürte, wie ihm der Schreck in die Knochen fuhr. »Was? Nein!«
    Er starrte den Marshall mit vor Grauen aufgerissenen Augen an, doch der lag schon auf den Knien und sammelte die Münzen ein.

NEUNUNDZWANZIG
    R obert war in den dreiundzwanzig Jahren seines Lebens keinen einzigen Tag krank gewesen. Er war den Pocken entkommen, der Pest und dem Scharlach. Die jahrelange Arbeit auf dem Land hatte seine Muskeln gestählt und aus dem schlaksigen Jungen einen kräftigen Mann gemacht. Mit knapp zwei Metern Größe überragte er die meisten anderen in seiner Umgebung, und mit seinen leuchtend blauen Augen, der hellen Haut und dem strohblonden Haar war er ein solch stattlicher Vertreter Adams, wie man sich nur vorstellen kann.
    In der Sklaverei der Barbaren sollte sich dieser Vorteil bald als Fluch erweisen.
    Rob wurde splitternackt ausgezogen und von Kopf bis Fuß untersucht, einschließlich der Zähne. Dann drückte man ihm ein Bündel in die Hand, mit einer Decke, einer kurzen Jacke mit Kapuze, einem kragenlosen Hemd und einer Pluderhose mit weiten Beinen. Ein Schreiber trug seinen Namen, so gut er ihn verstand, in eine Liste ein. Anschließend wurde er in einen der Sklavenkerker gebracht, mazmorra genannt, wo er auf hundert oder mehr Leidensgenossen stieß, die wie er in eine dunkle, stinkende und enge Zelle gesperrt waren. Männer stöhnten und wimmerten, kauerten stumm und gebrochen am Boden oder fluchten und randalierten in einem Dutzend verschiedener Sprachen.
    Mitten in der Nacht weckte man ihn und die anderen neuen Gefangenen und brachte sie zu einem Schmied, der ihnen mächtige Fußschellen aus Eisen anlegte, ohne sich darum zu kümmern, ob er mit seinem schweren Hammer Eisen oder
Knochen traf. Bei dieser letzten Demütigung brach einer der Männer in heftiges Schluchzen aus: Die Fessel war die endgültige Bestätigung dafür, dass sie keine Menschen mehr waren.
     
    Robert Bolitho war, ohne dass er davon wusste, in die Liste der zukünftigen Ruderer eingetragen worden, doch da die Saison noch nicht begonnen hatte, wurde er bis dahin als Steineklopfer eingesetzt. Diese Arbeit gehörte zu den härtesten überhaupt, die nur von den kräftigsten Gefangenen bewerkstelligt werden konnte. Seinen Wächtern fiel er schon auf, als sie ihn in das erste harte Morgenlicht stießen und er blinzelte.
    »Der könnte drei Monate durchhalten«, erklärte einer der Aufseher.
    »Wenn er das schafft, kriegst du von mir ein Huhn.«
    Der Aufseher starrte ihn eiskalt an. »Der Koran verbietet das Glücksspiel, Ismael. Gib Acht, sonst endest du genauso wie sie.«
     
    Mehr als vier Monate, nachdem Robert Bolitho zur Arbeit im Steinbruch verurteilt worden war, wo er mit nichts als ein paar groben Werkzeugen und roher Gewalt gewaltige Steinbrocken aus dem Fels hauen und dann mit Hilfe von Schlitten und Tauen zwei Meilen bis zur Küste schleppen musste, war er entgegen allen Voraussagen immer noch am Leben.
    Rob hatte gesehen, wie Männer zu Dutzenden zusammenbrachen und starben, aus Erschöpfung und Unterernährung, blutig gepeitscht oder von der Sonne in den Wahnsinn getrieben. Einmal war ein Gefangener Amok gelaufen und hatte versucht, einen der Aufseher zu ermorden. Er war auf der Stelle exekutiert worden; man hatte ihm ohne Vorwarnung den Kopf abgeschlagen, und der Körper war grotesk und kopflos noch zwei Schritte weitergestolpert, bevor er zu Boden sank. Der Kopf war den Hügel hinabgerollt. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn zurückzuholen. Andere waren an verseuchtem Wasser, noch andere an Scham und Verzweiflung gestorben.

    Und die ganze Zeit, während sich die Hanfseile in sein Fleisch schnitten und eiternde Striemen hinterließen, die Eisenschelle die infizierten Wunden an seinem Knöchel aufscheuerte, während sein Rücken von Peitschenhieben gezeichnet wurde, seine Muskeln protestierten, wenn er mit einem Hammer gegen den unerbittlichen Felsen vorging, während sich das Ungeziefer in seinem Haar einnistete und an seiner Haut gütlich tat, lebte Rob weiter. Immer wenn er dachte, er könnte nicht mehr, erinnerte er sich an Cat, wie sie auf dem uralten Thron auf Castle an Dinas saß, wie ihr fuchsrotes Haar im Wind flatterte, und zwang sich, durchzuhalten.
    Es gab Tage, an denen er vergaß, wie der Ausblick von Kenegie gewesen war, den er so sehr geliebt hatte; Tage, an denen er nicht mehr wusste, wie er hieß. Aber er vergaß nie, welche Schattierung Catherine Anne Tregennas Augen hatten oder den

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