Die zehnte Kammer
blieben es auch.
Es war Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet eine der berühmtesten Taten Bernhards, diejenige, durch die er in die Geschichte einging, zu Barthomieus und Nivards Ableben führte. Im Jahr 1118 erschien ein niederer Landedelmann aus der Champagne namens Hugues de Payen in Jerusalem und trat als Ritter in den Dienst von König Balduin II. Mit Balduins Erlaubnis schützte er zehn Jahre lang christliche Pilger auf dem Weg zum Tempelberg, bis er sich 1128 mit einer Bitte an Bernhard von Clairvaux wandte. Er bat den einflussreichen Kirchenmann, den leuchtenden Stern des Mönchstums um seine Hilfe bei der Gründung eines Ordens Heiliger Ritter, die für Jerusalem und das Christentum kämpfen sollten.
Bernhard nahm die Idee sogleich auf und verfasste ein Traktat mit dem Titel De Laudibus Novae Militiae, eine lebhafte Verteidigung heiliger Krieger im Dienst des Christentums. Beim Konzil von Troyes, das in Bernhards Stammland, der Champagne, abgehalten wurde, gelang es ihm, Papst Innozenz II. zur formellen Anerkennung der »Armen Ritter Christi und des Tempels des Salomon« zu bewegen.
Der Templerorden war geboren.
Einige der ersten Ritter, die sich zu Hugues de Payen gesellten, waren Verwandte von Bernhard, darunter auch André de Montbard, ein Onkel mütterlicherseits, und seine Brüder Gérard und Guy. Eine Schar weiterer Edelmänner aus der Champagne legte ebenfalls den Eid ab. Vom Augenblick seiner Gründung an verehrte der Orden der Tempelritter Bernhard und war in seiner Liebe zu ihm unerschütterlich – bis zu jenem schicksalhaften Jahr 1307.
Dank der Schirmherrschaft des mächtigen Bernhards erhielten die Tempelritter Schenkungen des Adels, um ihre heilige Mission zu unterstützen: Geld, Land, hochgeborene Söhne. Die Templer konnten alle Grenzen ungehindert überqueren, sie bezahlten keine Steuern, und sie unterstanden keiner Autorität außer dem Papst.
Obwohl sie während Bernhards Lebenszeit keinen entscheidenden Sieg errangen und während des zweiten Kreuzzugs vor Damaskus sogar schmachvolle Niederlagen hinnehmen mussten, erlebten sie zu dieser Zeit eine erstaunliche Blüte. Im Jahr 1177 halfen fünfhundert Tempelritter bei der Schlacht von Montgisard mit, Saladins zwanzigtausend Krieger zählendes Heer zu besiegen. Einer dieser Ritter war Nivard von Fontaines, ein Mönch aus Ruac, der bei seinen Kameraden auch deshalb so beliebt war, weil er wusste, wie man eine Ziege oder ein Kamel schlachtete.
Der Ruhm der Templer war nach Montgisard gesichert, und ein Jahrhundert lang wuchs ihr Vermögen stetig. Durch eine listige Mischung aus Schenkungen und Käufen gelangten sie in den Besitz riesiger Gebiete im Heiligen Land und Europa und zu enormer Macht und Einfluss. Sie handelten in allen Ländern der Christenheit mit diversen Gütern, bauten Kirchen und Burgen und besaßen sogar eine eigene Schiffsflotte.
Und dann geschah das Unvermeidliche. Alles, was hoch hinaufsteigt, muss irgendwann ebenso tief fallen.
Die Tempelritter, die sich überall der Kontrolle der Herrscher entzogen, wurden mit der Zeit zu einem Staat im Staat, der von manchen gefürchtet und verachtet wurde. Im Laufe der Zeit mussten sie einige militärische Niederlagen im Heiligen Land hinnehmen. Als Jerusalem verlorenging, zogen sie sich nach Zypern zurück, ihrer letzten Hochburg in der Nähe zum Heiligen Land. Schließlich ging auch Zypern verloren, und das Ansehen des Ordens nahm rasch ab. So, wie ein verwundetes Tier durch sein Blut weitere Raubtiere anzieht, fielen nun auch daheim alte Feinde über die Tempelritter her.
Philipp der Schöne, der König von Frankreich, hegte schon lange einen Groll gegen die Templer, weil die ihn als jungen Mann nicht aufgenommen hatten. Außerdem hatte er hohe Schulden beim Orden, die er nicht zurückzahlen wollte. Also schlug der König zu.
Auch die Kirche war auf die Templer nicht gut zu sprechen. Sie verübelte den Tempelrittern ihre Ordensregel, die es ihnen erlaubte, ohne die Kirche als Vermittlerin direkt zu Gott zu beten. Und so war auch der Papst bereit zum Schlag.
König Philipp und Papst Clemens arbeiteten Hand in Hand und beschuldigten die Tempelritter abscheulicher Verbrechen. Man warf ihnen die Leugnung Christi ebenso vor wie blutige Ritualmorde und sogar die Anbetung eines Götzenbildes namens Baphomet. Man erließ Verfügungen gegen sie und mobilisierte Soldaten.
Die Falle schnappte zu.
Im Oktober des Jahres 1307 schlugen die Männer des Königs auf breiter Front
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