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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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einem neuen Weg zu suchen, entweder ober-oder unterhalb des ursprünglichen Saums. Obwohl weder der Aufstieg noch der Abstieg sonderlich schwierig waren, wollte Luc Hugos Kletterkünste nicht überstrapazieren und sicherte ihn hin und wieder mit einem Seil. Hugo beschwerte sich zwar, aber Luc ging nicht weiter darauf ein, sondern trieb ihn in langsamem, aber stetigem Tempo voran.
    Tief unter ihnen paddelte eine Gruppe Kajakfahrer in knallbunten, spielzeugkleinen Booten flussabwärts. Am Himmel zog ein Schwarm schwarzer Milane über den blassblauen Himmel. Die untergehende Sonne tauchte die Auenlandschaft am Flussufer in ein warmes Licht. Luc sah auf die Uhr. Wenn sie jetzt umkehrten, würden sie den Wagen auf jeden Fall noch bei Tageslicht erreichen, aber er wollte trotzdem noch die nächste Anhöhe erklimmen. Dahinter konnte er hoffentlich einen Blick auf die nächste Felswand werfen. Je nachdem würde er dann entscheiden, ob sie kehrtmachen oder weitergehen sollten.
    Leider hörte der Weg noch vor der Anhöhe ganz auf, sodass sie einen steilen Felsvorsprung hochklettern mussten. Luc hatte eine schwierige Entscheidung zu treffen – Hugo meuterte schon jetzt, und wenn sie nun weitergingen, würden sie den Rückweg nicht vor Einbruch der Dunkelheit schaffen. Dennoch siegte der Abenteurer in Luc. Er wollte unbedingt wissen, was sich jenseits der Anhöhe befand. Er sagte Hugo, er solle mit den Rucksäcken am Fuß des Felsvorsprungs auf ihn warten und versprach, in einer Viertelstunde wieder zurück zu sein. Hugo war der Zustand seiner Hose inzwischen gleich. Er hockte sich im Schneidersitz auf den Boden und biss übel gelaunt in einen Apfel. Luc war eigentlich ganz froh, dass sein Freund zurückblieb. So konnte er nun in seinem eigenen Tempo weiterwandern.
    Der Vorsprung endete mit einem kleinen Plateau hoch an der steilen Felswand. Die Aussicht über das Tal war großartig. Luc hätte eigentlich ein Foto machen müssen, aber weil die Sonne schon fast untergegangen war, ließ er die Kamera um den Hals hängen und ging ein paar Schritte flussabwärts, um noch einen Blick auf die Landschaft hinter dem Höhenzug werfen zu können.
    Und dann entdeckte er etwas, was ihn vor Überraschung fast aufschreien ließ.
    Direkt unter ihm wuchs auf einem breiten Felsvorsprung ein einzelner Wacholderbaum im Unterholz. Er hatte einen mächtigen, knorrigen Stamm und reckte ein Wirrwarr grotesk verdrehter Äste in alle Richtungen. Der alte Baum hatte nur noch spärliche grüne Nadeln und sah aus wie ein Hund mit räudigem Fell.
    So schnell er konnte kletterte Luc zu dem Baum hinunter. Als er direkt davorstand, zog er die Kopie der Karte aus der Tasche und nickte. Die Übereinstimmung war fast schon unheimlich – und das nach über sechshundert Jahren! Wenn überhaupt ein Baum in der Lage war, auf so einem kargen Boden mehrere Jahrhunderte alt zu werden, dann war es der genügsame Wacholder.
    Jetzt konnten sie auf keinen Fall umkehren.
    Hugo würde sich zwar bitterlich beklagen, aber darauf konnte Luc keine Rücksicht nehmen. Sie mussten sich einen Platz zum Übernachten suchen oder zur Not auch unter den Ästen dieses uralten Baumes Schutz finden.
     
    Hugo jammerte schrecklich herum. Schön, da war ein Baum, aber deshalb musste es noch lange nicht der Baum sein. Mit seiner Skepsis ging er Luc dermaßen auf die Nerven, dass er vorschlug, Hugo solle zurück zum Landrover laufen und in ein Hotel fahren. Er selbst würde eben ohne ihn weitergehen.
    Allein den Rückmarsch antreten wollte Hugo allerdings auch nicht. Am Ende gab er klein bei und folgte Luc laut murrend den Felsvorsprung hinauf.
    Als die Sonne untergegangen war, wurde es kalt, und der Himmel verfärbte sich rosa. Hugo verlangte eine Pause für seine schmerzenden Schultern. Also hielten sie an einer breiten Stelle des Felsbandes an und tranken etwas Wasser. Danach öffnete Hugo seinen Hosenschlitz und pinkelte in die Schlucht. »Da hast du deinen Wasserfall«, sagte er ohne jede Ironie.
    Luc hatte seinen Rucksack ebenfalls abgelegt und lehnte mit dem Rücken an der Felswand. Er wollte gerade etwas ausgesprochen Pubertäres entgegnen, da spürte er, dass seine Haare feucht wurden. Er wirbelte herum und legte beide Hände auf den Felsen. Der war definitiv nass. Luc trat so weit zurück, wie es auf dem Felsband ging, und schaute nach oben. An der Felswand war ein breiter, dunkler Streifen zu erkennen.
    »Sieh mal«, sagte er und deutete hinauf zum Rand der Wand. »Das geht bis

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