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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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raffiniertere Methoden.«
    Luc wurde wütend. Er mochte es nicht, wenn sein Freund ihn auf die Folter spannte.
    »Ist ja gut«, sagte Hugo, als er Lucs Gesichtsausdruck bemerkte. »Mein Spezialist in Brüssel hat sich das Manuskript näher angesehen und herausgefunden, dass es mit der sogenannten Vigenère-Chiffrierung verschlüsselt wurde, was ziemlich bemerkenswert ist, weil man bisher davon ausging, dass sie erst im 16. Jahrhundert erfunden wurde. Offenbar war Frater Barthomieu oder ein anderer Bruder seiner Zeit um ein paar Jahrhunderte voraus. Ich will dich nicht mit Details langweilen, aber die Vigenère-Chiffrierung ist eine hochentwickelte Variante der Cäsar-Verschlüsselung, die man nur knacken kann, wenn man ein geheimes Codewort kennt.«
    »Wenn du nicht sofort zur Sache kommst, bringe ich dich eigenhändig um«, rief Luc verzweifelt.
    »Als ich heute in Paris losfuhr, hat mir der Belgier erzählt, dass er kurz davor ist, ein paar Seiten zu entschlüsseln. Er glaubt allerdings, dass das Buch mindestens drei Teile hat, für die jeweils ein anderes Codewort benutzt wurde. Er lässt irgendeines von diesen neuen Entschlüsselungsprogrammen über den Text laufen und schickt mir eine Mail, sobald er was gefunden hat. Kann man hier irgendwo seine E-Mails abfragen?«
    Luc packte Hugo am Kragen und riss ihn hoch. »Im Büro«, sagte er und rannte aus dem Wohnwagen. Hugo folgte ihm.
    Als sie am Lagerfeuer vorbeikamen, zeigte Luc auf eine Frau und sagte: »Das ist übrigens Sara.«
    Er bereute seine Worte in der nächsten Sekunde, denn Hugo rannte sofort zu ihr hinüber und stellte sich als einen von Lucs ältesten Freunden und Mitentdecker der Höhle vor.
    »Ich habe schon von Ihnen gehört«, antwortete Sara. »Seltsam, dass wir uns nie getroffen haben, als Luc und ich …« Sie ließ den Satz unvollendet.
    »Ich habe natürlich auch von Ihnen gehört!«, rief Hugo. »Luc hat mir immer vorgeschwärmt, wie hübsch und intelligent Sie wären.« Er blickte sich nach seinem Freund um. »Luc, komm doch mal rüber!«
    Luc schüttelte den Kopf, weil er schon ahnte, was gleich kommen würde. »Mach keinen Ärger, Hugo«, sagte er.
    »Ich und Ärger?«, gab Hugo zurück und wandte sich wieder an Sara. »Es geht nur um Folgendes, wenn ich das mal ganz unverblümt sagen darf: Ich habe heute Abend eine Frau getroffen, die ich sehr gerne zum Essen einladen würde, und es würde mir die Sache immens erleichtern, wenn wir zu viert gehen könnten. Wie wäre es denn, wenn Sie und Luc sich zu uns gesellten, vielleicht irgendwann diese Woche noch? Ich bin nämlich nur ein paar Tage hier.«
    »Du meine Güte, Hugo«, stöhnte Luc.
    »Warum nicht?«, fragte Sara zu Lucs Erstaunen und Hugos Freude. »Ich bin dabei.«
    »Also abgemacht. Ich muss die Dame nur noch fragen, dann geht es los. Luc kann Ihnen sagen, was ich sonst vom Landleben halte, aber ein Rendezvous mit besagter Dame wird es mir deutlich versüßen.«
     
    Luc schaltete das Licht im Bürocontainer an, dessen Boden vom Motor des Generators vibrierte. Er ging an einen Computer, loggte sich ins Internet ein und überließ den Platz dann Hugo, damit der seine E-Mails abrufen konnte.
    Nach einer Weile verkündete sein Freund stolz, dass er zwanzig neue Nachrichten habe, darunter mehrere von verschiedenen Frauen und eine von seinem Codeknacker aus Belgien.
    Hugo öffnete die Mail und pfiff leise durch die Zähne. »Sieh mal einer an, er hat tatsächlich sechs Seiten entschlüsseln können. Das Codewort für diesen Abschnitt war NIVARD, was immer das auch bedeuten mag. Er schreibt, dass er uns den Klartext im Anhang geschickt hat und sich jetzt ans Entschlüsseln des nächsten Abschnitts macht.«
    »Schreibt er, was in dem Text steht?«, fragte Luc.
    »Ich glaube nicht, dass er ihn überhaupt gelesen hat. Er interessiert sich nur für die Verschlüsselung, nicht für den Inhalt! Außerdem ist der Text auf Latein, und das beherrscht mein Bekannter nicht.«
    Hugo öffnete den angehängten Text und überflog ihn rasch, während Luc ihm über die Schulter schaute. Dann begann er, das Latein des alten Mönchs zu übersetzen, erst in einem leidenschaftslosen Ton, dann mit deutlich mehr Engagement.
     
    »Ich bin mir sicher, dass ich alsbald einen grausamen und schmerzvollen Tod erleiden werde, aber anders als ein Märtyrer, der für seinen Glauben stirbt, sterbe ich für mein Wissen. Es ist Blut geflossen, und es wird noch mehr Blut fließen. Einen Freund zu verlieren ist nicht

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