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Die zehnte Kammer

Die zehnte Kammer

Titel: Die zehnte Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Cooper
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versah.
    Dann schob sie das Präparat unter das Mikroskop und blickte in die Okulare.
    Erleichtert verkündete sie, dass es »ziemlich gutes Zeug« sei und schaltete auf eine höhere Vergrößerung um. Nachdem sie den Objektträger ein wenig verschoben hatte, hielt sie den Atem an. »Ist das zu fassen?«, hauchte sie.
    »Was denn?«
    Ihre Stimme war vor Aufregung ganz heiser. »Zuerst einmal haben wir die üblichen Pollen von Farnen und Koniferen, aber dazwischen sehe ich drei ziemlich einzigartige Pollenarten. Am besten schaust du selbst einmal.«
    Sie ließ ihn ans Mikroskop, und er justierte die Okulare auf seine Sehstärke. Obwohl Luc kein Spezialist für Pollen war, wusste er sofort, welche drei Sara gemeint hatte. Einer sah aus wie ein behaarter Rugby-Ball, ein anderer wie ein flachgedrückter Autoreifen und der dritte wie ein vierzeiliger Embryo.
    »Was sind das für Pollen?«, fragte er.
    Sara sah rasch hinüber zu Odile, die in ihre Arbeit vertieft schien. Obwohl sie kein Englisch verstand, warf Sara Luc einen verschwörerischen Blick zu und flüsterte: »Das sage ich dir draußen, okay?«
    Sie entschuldigten sich und gingen zum Lagerfeuer, das leise knisterte.
    »Schön«, sagte Luc, als sie ein paar Meter vor den Flammen stehen blieben. »Was sind das nun für Pollen?«
    »Sie stammen von den drei Pflanzen, die sowohl in Kammer 10 als auch im Manuskript abgebildet sind: Ribes rubrum, die rote Johannisbeere, die Barthomieu als Stachelbeere bezeichnet, Convolvulus arvensis, die Ackerwinde, und Hordeum spontaneum, die Wildgerste. In den Proben habe ich riesige Mengen dieser Pollen gefunden!«
    Luc vollendete ihren Gedankengang. »Und das sagt uns, dass man viele dieser Pflanzen in die Höhle gebracht und sie zu irgendeinem bestimmten Zweck dort benutzt hat. So etwas ist für die Jungsteinzeit bisher unbekannt.«
    Sara strahlte ihn an. Der orangefarbene Schein des Feuers fiel auf ihr Gesicht und ließ es leuchten. Luc erinnerte sich auf einmal wieder, wie gut ihm ihr geschwungenes Kinn und ihr schlanker Hals immer gefallen hatten. Auch wenn ihr Hals bei weitem nicht der erotischste Teil ihres Körpers war, konnte Luc sich nicht mehr beherrschen. Bevor Sara viel tun konnte, umarmte er sie und küsste sie auf die Lippen. Zuerst glaubte er, sie würde seinen Kuss erwidern, aber dann stemmte sie beide Hände gegen Lucs Brust und schob ihn von sich weg.
    Sie strahlte nun nicht mehr, sondern sah sich um, ob jemand den Kuss beobachtet hatte.
    »Wir hatten unsere Chance, Luc«, sagte sie ernst. »Du hast es vermasselt, und es war verdammt hart für mich, darüber hinwegzukommen. So etwas brauche ich nicht noch einmal.«
    Lucs Mund schmeckte nach ihrem Lippenstift. »Entschuldige bitte. Das war keine Absicht. Ich war einfach so aufgeregt, aber du hast natürlich recht. Das darf nicht wieder vorkommen. Schon gar nicht jetzt, wo du dich so gut mit Carlos verstehst.«
    Das brachte sie zum Lachen. »Du weißt ja, wie es ist, Luc. Solche Affären bei einer Ausgrabung sind wie ein Abenteuer auf einer Kreuzfahrt. Geht man zurück an Land, ist alles vorbei.«
    »Das weiß ich wohl am allerbesten.«
    Sie sah ihm verschmitzt in die Augen. »Und jetzt verbringe ich den Rest des Abends mit meinen Proben.« Damit marschierte sie zurück zum Labor. Luc sah ihr hinterher, verfluchte sich innerlich und wusste nicht einmal genau, wofür. Weil er sie geküsst hatte? Oder eher, weil er sich nicht für alles entschuldigt hatte, was damals zwischen ihnen passiert war? Wie dem auch sein mochte, er war vielleicht unzufrieden mit sich, dafür jedoch mehr als zufrieden mit den Ergebnissen, die die Arbeit in der Höhle jetzt schon gebracht hatte.
    Da war es wieder, sein altes Problem mit der Arbeit und den Frauen, den beiden Fixsternen, um die sein Leben kreiste. Vielleicht brauchte er ein Hobby oder einen Sport, in dem er aufging. Dann stellte er sich vor, was für eine lächerliche Figur er mit einem Golfschläger in der Hand abgeben würde. Er verwarf den Gedanken schnell wieder und machte sich daran, Hugo zu finden und mit ihm noch ein Glas am Lagerfeuer zu trinken.
     
    Trotz Lucs Kuss hielt Sara ihr Versprechen und ging mit ihm, Hugo und Odile am nächsten Tag essen. Hugo zog alle Register und fuhr mit ihnen nach Domme, einer malerisch auf einem Hügel gelegenen alten Stadt. Vor dem Abendessen im L’Esplanade, dem besten Restaurant der ganzen Gegend, machten die vier einen Spaziergang auf der noch völlig intakten Stadtmauer und genossen

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