Die Zeit der Androiden
Doktor Schneiter in Untersuchungshaft auf seinen Prozeß wartet, sieht alles gut aus, aber es bleibt noch manches zu tun.«
Wachtmeister A. Sutter schwieg und schüttelte seinen Kopf. Er stellte sich zwei männliche Peter-Androiden und einen weiblichen Anita-Androiden vor, die alle für leidenschaftliche Liebe programmiert waren und mit der Zwanghaftigkeit von Insekten unaufhörlich übereinander herfielen, in einer endlosen und beschämenden Parodie auf die menschliche Sexualität.
»Man fragt sich«, sagte Dan Thaler, »wie die beiden miteinander zurechtkommen werden.«
Sutter nickte abwesend, dann fragte er: »Wie?«
»Stellen Sie sich eine Frau vor«, sagte Dan, »die für den Rest ihres Lebens vorgeben muß, ein programmierter Androide zu sein. Ich meine damit meine wirkliche Schwester, wie sie jetzt mit Peter zusammenlebt.«
»Ach so«, sagte Sutter. »Das!« Und er dachte ein paar Sekunden darüber nach, wie Anita I. unter solchen Bedingungen mit ihrem Mann leben mußte – ein wenig neidisch, denn seine eigene Frau war in letzter Zeit etwas schwierig …
»Sie wird es nicht lange durchhalten«, sagte er zweifelnd.
Sie waren bei seinem Streifenwagen angelangt. Als Sutter die Tür aufmachte, hörte er das ungeduldige Schnarren des Autotelefons.
»Augenblick«, sagte er. »Das wird meine Frau sein.«
Er ließ sich hinter das Lenkrad fallen und drückte zum fünften oder sechstenmal an diesem Vormittag auf den Schalter.
Er lauschte einen Moment, dann sagte er resigniert:
»Ja, Liebes – natürlich liebe ich dich. Das habe ich dir heute schon fünfmal gesagt …«
Projekt Omega
l.
Barbara Ellington fühlte die Berührung, als sie sich vom Wasserkühler aufrichtete. Es war eine leichte und kurze Berührung – ein momentanes, winziges Schnippen von etwas Eiskaltem gegen ihren rechten Oberarm –, aber Barbara erschrak nichtsdestoweniger, denn sie hatte sich allein geglaubt.
Sie fuhr mit einer ziemlich ungeschickten Bewegung herum, dann starrte sie verwirrt den kleinen, gut gekleideten, kahlköpfigen Mann an, der zwei Schritte hinter ihr stand und offenbar darauf wartete, daß er an die Reihe käme, einen Schluck Wasser zu trinken.
»Guten Abend, Barbara«, sagte er freundlich lächelnd.
Barbara fühlte die Verlegenheit. »Ich, äh …«, begann sie stammelnd. »Ich wußte nicht, daß jemand in der Nähe war, Doktor Gloge. Ich bin jetzt fertig.«
Sie hob die Mappe auf, die sie an die Wand gestellt hatte, und ging eilig weiter durch den hell erleuchteten Korridor.
Etwas hat mich angefaßt, dachte sie.
Am Ende des Korridors blickte sie zurück. Dr. Gloge hatte getrunken und entfernte sich nun gemächlich in die entgegengesetzte Richtung. Niemand sonst war in Sicht.
Als sie die Ecke genommen hatte, rieb Barbara mit der linken Hand die Stelle an ihrem rechten Oberarm, wo sie diese winzige, momentane Eisnadel gefühlt hatte. War Dr. Gloge dafür verantwortlich gewesen – was immer es gewesen war? Sie runzelte die Brauen und schüttelte ihren Kopf. Nach ihrer Einstellung hatte sie drei Wochen in Gloges Büro gearbeitet. Und Dr. Henry Gloge, Leiter der Biologischen Abteilung des Instituts, obschon höflich und aufmerksam, war ein kalter, ruhiger, zurückgezogener Typ, der ganz in seiner Arbeit aufzugehen schien.
Ganz gewiß war er nicht der Mann, der es spaßig finden würde, einer Stenotypistin einen Streich zu spielen.
Und es war tatsächlich kein Streich gewesen.
In Dr. Henry Gloges Sicht war die Begegnung mit Barbara Ellington ein sehr glücklicher Zufall gewesen. Ein paar Wochen zuvor hatte er sie ausgewählt, eine von zwei nichtsahnenden Versuchspersonen zu werden, an denen er seine Omega-Stimulierung ausprobieren wollte.
Seine sorgfältigen Vorbereitungen hatten einen Besuch in ihrer Einzimmerwohnung mit eingeschlossen. Dort hatte er während ihrer Abwesenheit Geräte installiert, die in einer späteren Phase des Experiments von Wert sein mochten. Zwei Tage später, als er ins Schreibzimmer gegangen war, hatte er dann entdecken müssen, daß Barbara in eine andere Abteilung versetzt worden war.
Gloge war besorgt gewesen. Als er sie am vierten Tag seiner Suche plötzlich fünfzehn Meter vor sich durch den Korridor hatte gehen sehen, war es wie ein Zeichen des Schicksals gewesen.
Als das Mädchen am Trinkwasserspender haltmachte, vergewisserte er sich rasch, daß sonst niemand in der Nähe war. Im Näherkommen zog er die Injektionspistole und zielte auf ihren bloßen
Weitere Kostenlose Bücher