Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
ergangen wären.
Erich fiel das auf die Nerven. »Wir werden schon nicht verhungern«, erklärte er gelassen und entfachte geschickt ein Feuer, um die Fische zu braten. Auch das hatte Cat ihm gezeigt, und wie bei allen Überlebenstechniken erwies er sich als Naturbegabung. »Für Zimmerleute gibt’s in Nelson genug Arbeit. Vater muss nur Englisch lernen, auch wenn’s ihm nicht gefällt.«
»Wir bleiben doch alle zusammen?«, wollte Franz angstvoll wissen. »Das hat Vater gesagt, die Gemeinde bleibt zusammen, auch wenn wir Sankt Paulidorf aufgeben müssen.«
»Ja, das sagt mein Vater ebenso«, bemerkte Erich, dennoch drückte sein Gesicht Skepsis aus. »Wenn sich das bloß mal machen lässt. Also ich glaub …«
»Ich glaube, besser du lernst Englisch, Franz«, sagte Ida, strich ihrem Bruder übers Haar und reichte ihm einen auf einen Ast gespießten Fisch, damit er ihn selbst ins Feuer halten konnte. »Weißt du noch, wie die Partridges dich immer genannt haben?«
Franz lächelte. »Francis!«, sagte er. »Ich freu mich schon auf Paul! Wir wohnen doch wieder bei den Partridges, oder?«
Tatsächlich erwiesen sich die Bewohner von Nelson als genauso hilfsbereit und gastfreundlich wie bei der Ankunft der Siedler eineinviertel Jahre zuvor. Sie hatten von den ersten Flüchtlingen – einige von ihnen hatten wahre Gewaltmärsche hingelegt, um nur der Flut und der Erinnerung an ihre verlorenen Träume zu entkommen – von der erneuten Überschwemmung gehört und äußerten ehrliches Bedauern. Natürlich öffneten sie den gescheiterten Siedlern wieder ihre Häuser. Fast alle kamen in den Familien unter, bei denen sie schon vor dem Umzug ins Schachtstal untergebracht worden waren. Ida sah neidisch zu, wie Elsbeth Mrs. Partridge um den Hals fiel. Die Kaufmannsfrau erwiderte die Umarmung freundlich, rümpfte dann aber die Nase.
»Und schon wieder riechst du ein bisschen streng, Betty«, bemerkte sie. »Du brauchst ein Bad. Und du hast eine neue Zimmergenossin. Darf ich dir Amanda vorstellen? Mein Baby!«
Ida sagte den Partridges kurz guten Tag und bewunderte Amanda. Sie wusste natürlich, dass es für sie selbst auch ohne den Familienzuwachs keinen Platz mehr bei den Partridges gegeben hätte. Ida war verheiratet, sie gehörte zur Familie der Brandmanns. Und die tat sich schwer mit der Herbergssuche, die McDuffs fanden Ausreden, sie nicht wieder aufzunehmen. Ida wunderte das nicht. Frau Brandmann und ihre Töchter hatten sich dort schließlich nicht beliebt gemacht.
»Wir finden etwas anderes für Sie!«, tröstete der junge Sekretär des Magistrats, den Wakefield geschickt hatte, die Siedler in Empfang zu nehmen. »Heute Nacht bringen wir Sie erst mal in der Pension von Mrs. Robins unter, und dann hören wir uns um.«
Die Brandmanns lauschten ihm verständnislos, bis Ottfried übersetzte. Nach wie vor hatte keiner von ihnen auch nur ein Wort Englisch gelernt.
»Und was ist mit uns?«, fragte Ida ihren Mann. »Gehen wir auch in die Pension? Was wird jetzt überhaupt aus Cat? Und aus Chasseur?«
Der Einzug in die Pension wäre ihr unangenehm gewesen, wusste sie doch, dass sie nicht zahlen konnten. Zwar würde Ottfried in absehbarer Zeit sicher Arbeit finden, aber Ida war mit dem Gedanken aufgewachsen, dass kaum etwas so schändlich war, wie Schulden anzuhäufen. Außerdem würde die gestrenge und auf peinliche Sauberkeit achtende Pensionswirtin ganz sicher keinen Hund in ihren Zimmern dulden.
Cat hatte aus anderen Gründen wenig Lust auf Mrs. Robins’ Pension. Bislang hatte sie niemand in Nelson erkannt – im Gefolge der deutschen Siedler war sie eine blonde Frau unter vielen. Mrs. Robins würde jedoch wissen, wer sie war, und dann begann womöglich gleich wieder das Kesseltreiben. Dabei wäre Cat gern noch ein paar Tage in Nelson geblieben. Sie wollte zumindest wissen, was aus Ida werden würde, bevor sie aufbrach, um die Ngai Tahu zu suchen. Und sie scheute die lange, einsame Wanderung bei dem unbeständigen Wetter.
Die beiden Frauen sahen einander unglücklich an und suchten nach einer Lösung. Erstaunlicherweise hatte diesmal Ottfried eine rettende Idee.
»Für uns find ich schon was, Ida, keine Sorge!«, meinte er großspurig. »Ich hab hier schließlich Freunde. Ich bin kein Unbekannter in Nelson. Hab schon öfter hier übernachtet und das Geld für die Pension der alten Robins gespart. Kommt einfach mit, ich mache uns Quartier.«
Ottfried winkte seiner Familie und dem deutlich erleichterten
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