Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Magistratsangestellten noch einmal zu und setzte sich dann zielstrebig in Bewegung. Ida und Cat folgten ihm.
»Seine Freunde wohnen aber nicht in der besten Gegend«, murmelte Cat, als sie ins Hafenviertel abbogen.
Ida zuckte die Schultern. Sie konnte sich das Ziel vorstellen und wurde dann auch nicht überrascht. Ottfried führte sie zu einem Pub – einer Hafenkneipe, deren Fassade verwahrlost wirkte, obwohl das Haus noch nicht alt sein konnte. Keines der Häuser in Nelson war alt. Ida sah unglücklich, Cat besorgt auf das wacklige Schild über der Tür. Paddy’s Hideaway. Ein Pub oder obendrein ein Hurenhaus?
Ottfried stieß die Tür auf und betrat einen typischen Schankraum, aus dem ihnen Biergeruch entgegenwaberte. Gescheuerte Tische und Stühle aus rohem, billigem Holz, ein fleckiger Fußboden, eine lange Theke, die ein gemütlicher, rotgesichtiger Wirt eben polierte. Für Ida war das nur abschreckend, Cat überlegte sarkastisch, dass sie sich hier eigentlich heimisch fühlen könnte. Immerhin war der Raum sauber – das war mehr, als man von Barker’s Pub hatte sagen können.
Ottfried ging zielstrebig auf die Theke zu. »Paddy, alte Haus … grüß ich dich!«, radebrechte er auf Englisch.
Der Wirt erwiderte den Gruß freundlich, zog aber fragend eine Augenbraue hoch, als Ida und Cat hinter Ottfried eintraten. Der sprach gleich weiter.
»Ich dich brauch du Hilfe. Wir viel Wasser in Dorf. Wir da weg. Jetzt brauchen Platz, Wohnung für ich und mein Frau.«
Paddy grinste. »Soll das heißen, euer Sankt Paulidorf is abgesoffen? Und ihr alten Frömmler habt’s endlich eingesehen? Halleluja!« Er lachte. »Und nu willst du mit Weib und Hund hier einziehen?« Er blickte auf Chasseur, der gleich die Feuerstelle ins Auge fasste und sich davor niederließ, obwohl gar kein Feuer darin brannte, und dann abwechselnd auf Ida und Cat.
»Mit zwei Weibern«, berichtigte der Wirt sich dann. »Es sei denn, ich seh doppelt.« Ida senkte schamhaft den Kopf. Cat bemühte sich um Gleichmut, während das grinsende Gesicht des Wirtes langsam einen bewundernden Ausdruck annahm. »Teufel, Otie, ich hab’s ja nie geglaubt, wennde mit deinen beiden Weibern angegeben hast! Aber nu seh ich’s mit eigenen Augen. Zwei. Und eine schöner als die andere! Wer ist denn nu die Angetraute? Und steht die andere vielleicht auch mal der Allgemeinheit zur Verfügung, wenn ich euch hier wohnen lass?« Paddy leckte sich die Lippen.
Ottfried verzog sein Gesicht. Man konnte nicht erkennen, ob er stolz oder befangen war. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, trat Ida vor.
»Mr. Paddy«, sagte sie in langsamem, aber korrektem Englisch. »Mein Name ist Ida Brandmann, und das ist unsere Magd und Haushaltshilfe – und meine Freundin – Katharina. Ich weiß nicht, wie man es in England handhabt oder in Irland oder wo Sie herkommen, doch in unserem Land hat ein Mann nur eine Frau. Was Cat angeht …«
»Mädchen sucht Job!«, erklärte Ottfried und wies auf Cat.
Die blitzte ihn an. Der Wirt beobachtete fasziniert die hasserfüllten Blicke, die sie dem Mann ihrer Freundin zuwarf.
»Ich suche keinen Job von der Sorte, die Sie anzubieten haben, Paddy!«, schleuderte sie ihm wütend entgegen.
Paddy hob beschwichtigend die Hand. »Schon gut, schon gut … ich wollt dir nicht zu nahe treten. War ja nur ’ ne Frage. Weil, nach dem, was unser Otie so erzählt hat … und da er jetzt mit euch zwei Hübschen ankommt … Was soll’s denn nun sein, Otie? Ein Zimmer für drei? Oder doch nur für dich und deine Lady?«
Ottfried wand sich sichtlich. »Alle drei. Aber nicht weiß, wie Zimmer …«
»Es wäre schön, wenn wir alle für eine kurze Zeit hier unterkommen könnten, falls Sie Zimmer vermieten«, meldete Ida sich erneut zu Wort, genauso würdevoll wie eben.
Cat konnte nicht umhin, sie dafür zu bewundern. Sie beide sahen abgerissen und erbarmungswürdig aus. Ihr Haar war strähnig und ungepflegt, obwohl Ida immerhin ein paar Kämme von Mrs. Partridge bekommen hatte, die ihnen ermöglichten, es lose aufzustecken. Dennoch wirkte Ida wie der Inbegriff der ordentlichen und absolut integren Siedlersfrau.
»Wir sind zurzeit allerdings mittellos, wie Sie sicher schon der Rede meines Mannes entnommen haben …«, in Idas Augen blitzte es spöttisch auf, bisher hatte Ottfried stets so getan, als wäre sein Englisch perfekt, »… mussten wir Sankt Paulidorf aufgeben. Wir müssten also …«
»Paddy und mich werden einig über Geld!«,
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