Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
das jetzt erst klar wurde. »Ich … er … Also ich wusste wohl, dass er früher schon mal was mit Huren hatte. Aber während der Ehe … Das ist eine Sünde!«
Cat zuckte die Schultern. »Wenn du mich fragst, ist es auch vorher schon eine Sünde. Frauen sollten nicht käuflich sein. Euren Gott scheint das nicht sonderlich zu scheren …«
»Das sagst du so!«, rief Ida. »Aber die Flut …«
Cat griff sich an die Stirn. »Ida, ich habe es dir schon zehn Mal gesagt: Die Flut hat es immer gegeben. Und dieser Karl hat das gewusst. Wer ist das überhaupt? Jedes Mal, wenn er erwähnt wird, bekommt dein Vater einen roten Kopf, Ottfried schäumt vor Wut und du … Ich weiß auch nicht, du scheinst irgendwie … zu lächeln. Oder zu leuchten. Du musst mir mal erzählen, was da zwischen euch war. Jedenfalls hat Karl die Überschwemmungen vorausgesagt, ganz unabhängig von Ottfrieds Hurerei. Da hatte kein Gott die Hand mit im Spiel, Ida! Allenfalls Te Rongas Flussgötter. Allerdings kümmern die sich nicht um die Menschen, die lassen den Fluss nur steigen und fallen, wie es ihnen beliebt.«
»Irgendwie haben wir wohl alle gesündigt«, murmelte Ida. »Aber Ottfried mehr als ich!«
Cat verdrehte die Augen. »Wenn’s dich beruhigt. Jedenfalls kosten Ottfrieds Sünden Geld, und jetzt kann er nichts mehr vom Geld der Gemeinde abzweigen. Also wird er schon arbeiten, keine Angst. Und wenn du morgen mal zu Frau Brandmann läufst und ihr ein bisschen was darüber vorweinst, dass du in einem Pub wohnen musst, dann wird sie ihm auch dahingehend Beine machen, dass er bald für eine bessere Wohnung sorgt!«
Ottfried erschien an diesem Tag nicht mehr, doch eine Stunde, nachdem die Frauen mit der Reinigung des Schuppens begonnen hatten, tauchte eine junge Frau mit strähnigem blondem Haar in einem fleckigen blauen Rüschenkleid auf und brachte zwei Humpen Bier, einen Teller Brot und gegrilltes Fleisch.
»Hier, schickt euch Paddy«, stieß sie zwischen den Zähnen hervor, ohne sich vorher einen Gruß abzuringen. »Sieht ja schon gut aus hier …« Mit ihren blauen Augen durchmaß sie flink den Raum. »Kann er glatt ’ ne zweite Hure drin anschaffen lassen, wenn ihr auszieht.«
Ida musterte die junge Frau schockiert, aber auch neugierig. »Sie sind Lucie?«, fragte sie erstickt.
Die Frau nickte und verbeugte sich zynisch. »Zu Ihren Diensten, Madam. Du bist die Ehefrau, ja? Und das ist die Maori?« Sie schien Cat mit Blicken auszuziehen. »Scharf«, urteilte sie dann. »Du könntest ’ ne Menge verdienen. Obwohl … reich wird hier keine. Zu bieder, das Kaff. Die meisten kommen nur zum Biertrinken. Dann esst euch mal satt. Paddy sagt, er setzt es auf Oties Rechnung.«
Ida sah ihr fassungslos nach, als sie mit schwingenden Hüften hinausging. »Wie kann er die lieben?«, fragte sie leise.
Cat lachte. »Du bist doch nicht eifersüchtig, oder? Er liebt sie nicht, Ida, er benutzt sie nur. Genau wie … verzeih mir, aber … genau wie dich. So, und jetzt essen wir was, und dann gehe ich mal rüber in den Pub, bevor es zu voll wird, und frage Paddy, ob er uns nicht wenigstens mit einem Tisch und zwei Stühlen aushelfen kann. Und wo wir einen Strohsack füllen können, für die Nacht.«
Der Pub war bereits voller Zecher, als Cat, die Hand auf ihr Messer gelegt, am frühen Abend dort vorbeischaute. Cat seufzte und wappnete sich für den Spießrutenlauf unter den Blicken der Männer. So selbstverständlich wie möglich, den Blick züchtig gesenkt, durchschritt sie den Schankraum – und würdigte vor allem Ottfried, der mit einem Whiskey vor sich in einer Runde mit anderen Männern saß, keines Blickes. Natürlich erntete ihr Auftritt trotzdem zotige Bemerkungen und eindeutige Anträge.
»Tut mir leid«, meinte Paddy, als sie endlich zu ihm durchdrang und ihr Anliegen vorbrachte. »Aber die Jungs meinen es nicht so. So was Süßes wie dich kriegen sie hier einfach nicht oft zu sehen. Willste nicht doch …? Komm, du bist die blonde Maori, nicht? Von der hier vor ein paar Monaten alles redete. Demnach warst du bei den Wilden nicht so prüde.«
»Für das Wort prüde kenne ich in der Maori-Sprache keinen Begriff«, sagte Cat kurz. »Und auch nicht für das Wort Hure. Bitte lassen Sie mich in Ruhe, Paddy. Meine Freundin und ich brauchen nur ein paar Möbel und einen Schlafplatz für uns allein.«
Paddy wies schließlich zwei noch nüchterne, sehr junge Männer an, Cat einen Tisch und zwei Stühle hinüberzubringen und ihr
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