Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
endlich alle Lieder gesungen und die Begrüßungsrufe ausgestoßen.
»He tungata!« , erklärte der Häuptling feierlich, und so war das Band zwischen den Besuchern, den Stammesmitgliedern und den örtlichen Göttern und Geistern geschlossen.
»Ihr dürft jetzt ein paar Whiskeyflaschen herausholen«, wies Cat Joe und Ottfried an, als die Maori-Frauen eifrig plaudernd Essen heranbrachten.
Gibson grinste. »Sprich, wir gehen zum gemütlichen Teil über. Und wann reden wir übers Geschäft?«
Cat konnte die Männer kaum bremsen, doch schließlich setzte sie durch, die Verkaufsverhandlungen auf den nächsten Tag zu verschieben. Der Häuptling erlaubte den Gästen, ihre Zelte auf dem Dorfplatz aufzuschlagen. Ottfried bestand darauf, so nah wie möglich bei den Wagen zu übernachten, um die Waren schützen zu können. Er nahm seine Muskete mit ins Zelt, und Cat machte vor Sorge darüber, dass sich irgendein neugieriger Bengel heranschleichen könnte und dabei womöglich erschossen wurde, kein Auge zu. Bis sich ein paar kichernde Maori-Mädchen an das Zelt der interessanten weißen Männer herantasteten. Zum Glück laut genug, um keinen Diebstahlsverdacht zu wecken, und geschickt genug, ihr Anliegen auch ohne Sprache vorzubringen.
Ottfried und Gibson wirkten zufrieden, wenn auch nicht sehr ausgeruht, als sie am Morgen aus dem Zelt kamen. Cat war schon damit beschäftigt, den Frauen des Stammes bei der Zubereitung des Frühstücks zu helfen, was freundlich aufgenommen wurde. Sie scherzte mit ihnen, während sie Fladenbrot buken und die Kinder mit Früchten fütterten, und fühlte sich schon fast als Teil des Stammes, als dann auch die Mädchen dazustießen und vergnügt die Geheimnisse ihrer Nacht mit den pakeha ausplauderten. Schließlich zogen Ottfried und Gibson mit großen Gesten die Planen von ihren Handelswaren. Die Frauen bewunderten die Kleidungsstücke und Küchengerätschaften und teilten sie bereits in lebhafter Diskussion untereinander auf, die Männer bestaunten die Messer aus Stahl. Für Cat bestätigte sich das, was sie früher schon gehört hatte: Zumindest dieser iwi der Ngai Tahu war deutlich ärmer als die Leute um Te Rauparaha. Außer der Decke, die der Junge am Tag zuvor erwähnt hatte, besaßen sie noch keinerlei westliche Güter oder Kleidungsstücke. Sie lebten hauptsächlich vom Fischfang und von der Jagd auf Vögel, angebaut wurden lediglich die obligatorischen Süßkartoffeln. Die Bauten im Dorf waren auch primitiver gestaltet, als Cat es von den Ngati Toa kannte. Es gab weniger Schnitzereien und Götterfiguren. Die Frauen hatten Cat am Morgen erzählt, dass der Stamm häufig wanderte. Wenn ein Jahr zu feucht war und die Ernte verdarb oder wenn der Winter lang wurde und die Vorräte nicht reichten, suchte man sich reichere Jagdgründe bis hinauf ins Alpenvorland.
Als Cat nun ihr Anliegen vorbrachte, also die Möglichkeit eines Tausches von Waren gegen Land ansprach, bat der Häuptling die Besucher ins Versammlungshaus und rief auch die Ältesten des Stammes hinzu. Alle waren freundlich und gaben bereitwillig Auskunft über ihr Land. Te Kahungunu und sein Stamm verfügten über riesige Flächen Land – vom Ufer des Waimakariri bis fast ins Alpenvorland. Zumindest gab es keine anderen Maori-Stämme in der näheren Umgebung.
»Also gehört ihnen das Land nun, oder nicht?«, fragte Ottfried unwillig, als Cat diese Angaben wörtlich übersetzte. »Können und wollen sie verkaufen?«
»Sie sind sehr aufgeschlossen und willig«, erläuterte Cat. »Aber ihr müsst verstehen: Die Maori haben ein anderes Verständnis von Landbesitz. Und was zu verkaufen ist, weiß der Häuptling auch nicht so genau.«
»Hm?« Gibson runzelte die Stirn.
»Na, die Kerle in Wairau wussten das aber ganz gut!«, meinte Ottfried. »Um nicht zu sagen, sie verstanden sich sogar darauf, uns über den Tisch zu ziehen.«
Cat versuchte, das zu erklären. »Te Rauparaha hat schon seit vielen Jahren Kontakt zu pakeha , er weiß, wie sie denken. Deshalb lässt er sich ja auch nicht mehr mit Decken und Kochtöpfen bezahlen, sondern fordert Geld. Und er ist kriegerisch. Die Ngati Toa sind daran interessiert, Landstriche zu kontrollieren. Te Kahungunu hat dagegen nie um Land gekämpft, und was Geld ist, weiß er nicht – er hat jedenfalls nur ungefähre Vorstellungen. Das Land gehört für ihn dem, der es nutzt, doch er hat nichts dagegen, dass hier auch weiße Siedler herkommen und es bestellen. Er wird sie willkommen heißen,
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