Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
leben sechs Tagesmärsche von hier. Und ich kenne sie. Weshalb ich jetzt auch nicht › Mach dir keine Sorgen ‹ sage. Die werden schon ihre Gründe haben, bewaffnet hier aufzukreuzen. In unmittelbarer Gefahr sind wir dennoch nicht.«
»Wir laden euch auch gern ein, das Mahl mit uns zu teilen«, wandte sich Cat erneut an die Eingeborenen, die steif den Frauen gegenüber Aufstellung genommen hatten. »Wir können gleich hier ein Feuer entzünden. Aber wollt ihr nicht den hongi mit uns tauschen?«
Die tohunga schwieg darauf, und der Häuptling rief ein paar scharfe Worte.
»Ich habe sie zum Essen eingeladen, doch der Häuptling sagt, er wolle nicht mit uns an einem Feuer sitzen«, übersetzte Cat seufzend. »Es sei kein Frieden zwischen ihm und unseren Männern. Er kommt, um Klage zu führen. Und er will wissen, wo Joe und Ottfried sind.«
Sie sprach ein paar ruhige Worte zu dem Häuptling, der daraufhin zu einer Erklärung ansetzte. Cat übersetzte für Ida.
»Es hat Schwierigkeiten gegeben mit dem Land, das sie Ottfried und Joe verkauft haben. Erst habe es wohl niemand haben wollen. Dann kam Mr. Butler – sie nennen ihn Mis-ta Rudia, ich nehme an, er heißt Rudyard oder Rüdiger oder so ähnlich. Jedenfalls kamen sie mit ihm gut aus, bis er bei einem ihrer Heiligtümer Land umpflügte. Und auf einem anderen ließ er Schafe weiden. Dabei haben Ottfried und Joe ihnen zugesichert, die tapu würden von den Siedlern geachtet. Sie haben Mr. Butler dann zur Rede gestellt, und der wusste von nichts. Er will jetzt jemanden beauftragen, der die Frage vor den Gouverneur bringt oder so etwas. Aber Te Kahungunu sieht das nicht ein. Er sagt, nicht der Gouverneur habe ihm die Zusicherungen gegeben, sondern Joe und Ottfried. Und ich natürlich, ich habe ja übersetzt. Wofür ich mich eben schon dreimal entschuldigt habe. Ich hoffe, sie glauben mir, dass ich es ernst meine. Außerdem können die Geister nicht warten, bis der Gouverneur Entscheidungen getroffen hat. Sie müssen versöhnt werden, und auf keinen Fall darf es weitere Verstöße gegen tapu geben. Deshalb sind sie hier. Sie wollen die Männer zur Rede stellen.«
»Hast du ihnen gesagt, dass sie nicht da sind?«, fragte Ida.
Cat nickte. »Sie wollen warten. Oder sie suchen gehen. Da ist nämlich noch etwas anderes. Sie haben herausgefunden, dass sie übervorteilt worden sind. Allein Butler hat schon zehnmal so viel für sein Land gezahlt, wie der Stamm für alles erhalten hat. Und jetzt wollen sie mehr Geld.«
Die Maori richteten ihre Speere drohend auf.
Ida rieb sich die Stirn. »Was machen wir denn jetzt?«, fragte sie unglücklich. Carol regte sich schon in ihrer Trage, sie hoffte, die Kleine würde nicht gleich schreien.
Cat zuckte die Schultern. »Erst mal Geschenke überreichen, würde ich sagen. Vielleicht nehmen sie ja doch etwas von unseren Speisen an. Aber dazu müssten wir sie zum pa mitnehmen, was ich ungern täte. Damit sähen sie schließlich den nächsten Bruch eines tapu . Harata wäre sicher erbost. Und dann müssen wir überlegen, ob wir sie nach Port Cooper schicken oder nicht.«
»Alle lassen jetzt die Waffen sinken!« Überraschend durchschnitt eine Männerstimme die Luft, klar und entschlossen.
Sowohl Cat und Ida als auch die Maori fuhren zusammen. In ihrer hitzigen Diskussion hatte keiner von ihnen den Reiter bemerkt, der sich vom pa her genähert hatte und jetzt ein Jagdgewehr auf Te Kahungunu und seine Leute richtete. Der Mann zögerte ein wenig, als er die Frau unter den Einheimischen erkannte. Anscheinend fragte er sich, ob er die Situation verkannte. Die Speere sprachen jedoch eine deutliche Sprache. Hier wurden zumindest Drohgebärden gezeigt.
»Karl!«
Ida sah zu dem Reiter auf und vergaß mit einem Schlag die Maori und ihre und Cats unangenehme Lage. Nichts war mehr wichtig. Vor ihr, auf dem hübschen Fuchs, den er Brandy nannte, saß Karl Jensch!
»Karl! Wo kommst du her? Wie hast du mich gefunden?« Idas Gesicht drückte Verblüffung aus, doch ihre Augen strahlten bereits.
Die tohunga sprach ein paar Worte zu Cat, die daraufhin den Kopf schüttelte. »Nein. Das ist nicht ihr Gatte«, gab sie Auskunft. »Ihr Gatte ist Otie. Aber ja, da ist Licht zwischen den beiden. Sie … äh … sie sind wohl alte Freunde.«
Einer der Krieger lachte. »So wie Kupe und Kura-maro-tini Freunde waren, bevor er ihren Gatten erschlug und sie mitnahm nach Aotearoa?«, frotzelte er.
Cat musste ein Lächeln unterdrücken. »Nein, nicht so,
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