Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
es unbegrenzt beweiden und die Zuchttiere den ganzen Sommer in die Berge schicken wie in Wales und Yorkshire und den anderen Zuchtgebieten in England.«
»Gelegentlich wandern da allerdings andere Stämme«, schränkte Chris ein. »Wir sollten uns auch mit denen verständigen, wenn wir ihrer gewahr werden.«
»Und wenn wir ihrer nicht gewahr werden?«, fragte Ottfried streitlustig. »Dann treiben sie unser ganzes Vieh weg und berufen sich darauf, dass sie nicht wissen, was mein und dein ist wie beim Landkauf?«
Karl übersetzte.
»Sie kennen sich gar nicht gut genug aus mit Schafen, um irgendwelche Tiere wegzutreiben«, begütigte Chris. »Vielleicht eignen sie sich mal eins an und schlachten es. Damit muss man rechnen. Aber nicht mit Viehdiebstahl in großem Stil. Und sie kommen und gehen auch nicht unbemerkt. Te Haitara kontrolliert das Land, wie gesagt. Wenn andere Stämme durchziehen, gibt es eine Begrüßung, man redet miteinander – es gibt hier nur iwi der Ngai Tahu, die sind nicht verfeindet. Ich werde dann einfach mitgehen und das mit den Schafen erklären. Machen Sie sich keine Sorgen, Ottfried, da passiert nichts!«
Ottfried schnaubte. »Das mögt ihr ja alle glauben«, erklärte er, »ich trau den Kerlen trotzdem nicht. Meine Schafe jedenfalls treibt ihr nicht ins Hochland. Die bleiben schön hier unter Aufsicht.«
Chris warf Karl einen resignierten Blick zu. Sie hatten mit Schwierigkeiten gerechnet, und schon waren sie da. Es sollte allerdings noch schlimmer kommen. Karl und Chris führten ihren neuen Teilhaber an diesem Nachmittag noch relativ weit hinauf nach Westen, hier fand sich eine Hügelgruppe, von der aus man einen Teil der Farm übersehen konnte. Chris galoppierte stolz hinauf und wies auf die weiten Weiden, die Wäldchen und die manchmal wie steinerne Schlösser oder Türme aus der Ebene aufragenden Felsformationen.
»Und dort unten liegt Fenroy Station!«, sagte er glücklich. Die Farm war am Horizont nur schemenhaft zu erkennen. »Ist es nicht wunderschön hier? Das alles gehört uns. Bald werden hier überall Schafe weiden! Du hattest Recht, Karl, die Schafe sind die Zukunft der Südinsel und besonders der Plains!«
Ottfried lenkte sein Pferd neben ihn, und auch seine Augen leuchteten, als er über die Ebenen blickte. Er setzte sich im Sattel auf und straffte sich wie ein König, der sein Land überblickt.
»Das ist weit größer als Raben Steinfeld!«, sagte er zufrieden, »größer als das, was der Junker hatte.«
Karl lachte. »Das ist fast so groß wie ganz Mecklenburg!«, ärgerte er ihn. »Aber es ist eine andere Art von Besitz. Wir werden hier keine Zäune ziehen und keine Dörfer gründen. Ich sehe uns mehr als Schäfer. Wir treiben unsere Herden über das Land, wir verändern es jedoch nicht.«
Ottfried schnaubte erneut verächtlich. »So siehst du das. Andere sehen es vielleicht anders. Wie machen wir das jetzt überhaupt? How we now make it? «
»Was?«, fragte Chris, der sein Pferd gerade wieder den Hügel hinunterlenkte.
»Na, das mit dem Land. Und dem Hof. Wenn uns das jetzt alles zusammen gehört, dann kann es nicht mehr Fenroy Station heißen. Und wir sollten das Land auch aufteilen. In Parzellen. Damit wir wissen, was wem gehört.«
Karl musste erst Luft holen, bevor er das für Chris übersetzte. »Ottfried, das wird eine Schaffarm«, sagte er dann beschwörend. »Ein Großbetrieb. Es gibt auf der Nordinsel schon Farmer, die haben mehrere Tausend Tiere. Die Herden wachsen schnell. Und sie sollten nach Mutterschafen, Jungtieren, Widdern, Woll-, Fleisch- und Milchvieh zusammengestellt werden – nicht danach, ob sie Jensch, Fenroy oder Brandmann gehören. Wir brauchen außerdem große Flächen, du kannst so viele Schafe nicht in Pferche sperren. Wenn sie das Gras einmal zertrampelt haben, ist die Narbe zerstört, und es wächst nichts mehr. Ich schlage vor, wir bearbeiten alles zusammen und teilen am Ende den Ertrag durch drei. Bei den Deans- und Redwood-Brüdern scheint das sehr gut zu funktionieren.«
»Bei Brüdern bleibt’s auch in der Familie«, wandte Ottfried ein. »Aber was ist, wenn ich am Ende einen Erben habe und du nicht?«
Chris schüttelte den Kopf, als Karl übersetzte. »Brandmann, bisher haben wir mit dieser Schaffarm noch keinen Penny verdient. Da können wir doch jetzt noch nicht übers Erben reden!«
Ottfried lachte. »Noch nichts verdient, doch schon etliche Pence reingesteckt!«, prahlte er dann. »Fünfzig schöne Schafe! Die hätt
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