Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
hart.
Carpenter schüttelte den Kopf. »Ach was. Barker hat natürlich getobt damals, jetzt ist er allerdings längst weg. Die Walfangstation in Piraki gibt’s nicht mehr, er ist mit seinen Huren weitergezogen. Keine Ahnung, wohin. Nein, nein, es ist ganz etwas anderes. George Hempleman sucht dich. Seit Jahren, und er gibt nicht auf, es muss ihm wohl wirklich wichtig sein.«
Cat runzelte die Stirn. »Was sollte George Hempleman von mir wollen?«
Sie versuchte, gelassen zu klingen, aber als der Händler nur den Namen erwähnte, erinnerte sie sich an das Gesicht, das Hempleman bei ihrer letzten Begegnung gemacht hatte. Er hatte angewidert ausgesehen, auch irgendwie verletzt. Und sie hörte noch seine Worte zu dem grell geschminkten und aufreizend gekleideten kleinen Mädchen auf dem improvisierten Podium. Du widerliche Hure! Cat rieb sich die Schläfe.
»Ich glaube, er will sich entschuldigen«, meinte der Händler. »Und … es geht um eine Erbschaft.«
KAPITEL 3
Es sollte lange dauern, bis Cat mehr über Hemplemans Absichten erfuhr, so viele Fragen sich ihr auch sofort stellten und so schwer es ihr fiel, ihre Ungeduld zu zügeln. Aber die Abrechnung mit dem Stamm ging vor, da kannte Jane Fenroy kein Pardon. Sie ließ Carpenter nicht aus den Augen, bevor nicht der Verbleib jedes einzelnen Tiegelchens Salbe registriert und die Umsätze genau in ihren Büchern vermerkt waren. Am Ende verkündete der Häuptling mit großer Geste die Höhe des Gewinns und ließ sich dafür vom Stamm bejubeln. Jeder einzelne Dorfbewohner würde sich am nächsten Tag seine Wünsche erfüllen können, wenn Carpenter seine Waren feilbot. Während Jane und der Händler dann um die Bedingungen für die nächste Warenlieferung feilschten, bereiteten die Frauen des Stammes ein Festmahl vor. Beeilen brauchten sie sich dabei nicht, denn auch diese Verhandlungen zogen sich stundenlang hin. Makutu, die alte tohunga , die als Stammesälteste daran teilnahm, hielt ihren Fortgang weiterhin auf, indem sie immer wieder zu Cat herauskam, um sich mit ihr über das zu beraten, was sie meinte, verstanden zu haben.
»Der Händler will, dass wir mehr Medizin für weniger Geld hergeben. Und Jane und der Häuptling wollen, dass wir weniger für mehr weggeben. Ich verstehe das nicht. Richtet sich die Menge der Medizin denn nicht nach der Zahl der Kranken? Verwehren die pakeha ihnen die Medizin, wenn sie nicht bezahlen können? Das wäre verwerflich. Und ist es nicht ohnehin verwerflich, Geld für Medizin zu fordern?«
Cat bemühte sich, zu erklären und zu beschwichtigen. Sie teilte die Meinung der alten Heilerin, aber mit solchen Überlegungen dürfte man Jane und Te Haitara natürlich nicht kommen. Außerdem würden die pakeha die Medizin der Maori nur wertschätzen, wenn sie dafür bezahlen mussten.
Es war nicht einfach, Makutu das verständlich zu machen, und es machte Cat obendrein unbeliebt. Jane Fenroy blitzte sie wütend an, als sie endlich, nach zähen Verhandlungen, aus dem Versammlungshaus trat. Offenbar hatte Makutu die Abschlüsse wesentlich verzögert und dazu beigetragen, dass der Gewinn geringer ausfallen würde. Jane machte Cat dafür verantwortlich. Cat erwiderte ihren Blick trotzig, atmete aber erst auf, als der Häuptling ihr freundlich zunickte. Te Haitara war an der Harmonie im Rat genauso viel gelegen wie am Profit, und was das anging, so wirkte Makutu heute sehr viel zufriedener als nach früheren Verhandlungen.
Das drückte sich auch in den Reden aus, die gehalten wurden, nachdem nun endlich eine Einigung erzielt war. Makutu selbst rief die Götter und Geister an, um die neuen Verträge zu segnen, und deutete die Sterne dazu positiv. Wieder wurden karakia gesungen und haka getanzt, und natürlich aßen und tranken alle gemeinsam. Als Carpenter endlich Zeit für Cat fand, war es längst dunkel, und Jane Fenroy war nach Hause gegangen.
Cat hatte an einem Feuer nahe bei Carpenters Wagen gewartet und hüllte sich fröstelnd in eine wärmende Decke, als er sich zu ihr gesellte. Die Nacht war wunderbar klar, die Sterne beleuchteten die friedliche Szenerie der feiernden Dörfler, von den anderen Feuern klangen Musik und Gesang herüber.
»Ich hoffe, Sie haben Wollstoffe dabei«, begrüßte Cat den Händler. »Es wird kalt.«
Carpenter nickte. »Alles. Stoffe, Kleidung, auch ein paar Mäntel«, bestätigte er. »Und Hülsenfrüchte, daraus könnt ihr Suppe kochen.« Er grinste. »Und Whiskey!« Eine Flasche davon zog er gleich aus
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