Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
hätte er keine Schafe kaufen können. Eine gute Investition übrigens. Schafe sind mächtig im Kommen auf der Südinsel. Sie werden sogar schon geklaut, hab ich gehört. Die Brüder Redwood sind stinksauer, bei denen wurden welche weggetrieben. Jedenfalls scheinen die Viecher ein Geschäft zu sein. Wolle vor allem. Aber wen wundert’s bei dieser Kälte? Ich wäre jetzt jedenfalls für ein Feuer und einen Whiskey. Hier am Bach ist doch ein guter Rastplatz. Wie wär’s, ich mach ein Feuer an, und du fängst uns ein paar Fische?«
Auch die Abende und Nächte der Reise mit Carpenter verliefen unproblematisch. Der Händler war es gewohnt, sich selbst zu verpflegen, Cat fand es sehr angenehm, dass er sich den abendlichen Aufbau des Lagers ganz selbstverständlich mit ihr teilte. Sie hatte sich Karls Zelt geliehen, und Carpenter stellte es jeden Abend für sie auf. Er bedrängte sie nicht, während der ganzen Reise fiel keine einzige lüsterne Bemerkung. Nach dem zweiten Tag entspannte sich Cat völlig. Sie hielt ihr Messer nicht mehr griffbereit, wenn sie abends mit Carpenter am Feuer saß, seinen Erzählungen lauschte und ein paar Schlucke Whiskey mit ihm trank. Auch Chasseur, den Ida ihr aufgedrängt hatte, lag ganz gelassen neben Carpenter und ließ sich kraulen.
Nun hätte Chasseur ohnehin niemanden daran hindern können, ihr Gewalt anzutun, Ida hatte wohl auch eher an seinen Schutz als an den von Cat gedacht, als sie ihn energisch mit einer Leine versehen und gezwungen hatte, sich Cat anzuschließen. Ottfried zwang Ida wieder in fast jeder Nacht zu dem, was für ihn »Liebe« war, und Chasseur bellte dann anhaltend. Irgendwann, so befürchtete Ida, würde Ottfried das gewaltsam abstellen. Das Argument, der Hund würde zur Rattenjagd dringend gebraucht, zog nicht mehr. Die Collies, die Ottfried mitgebracht hatte, waren viel eifriger und erfolgreicher hinter den Schädlingen her …
Nach einer Woche gemächlicher Reise erreichten Cat und Carpenter dann Akaroa, eine Siedlung, die Cat sofort gefiel. Das Dorf lag oberhalb der French Bay, nahezu jedes Haus bot einen atemberaubend schönen Blick auf die in eine sattgrüne Hügellandschaft eingebettete Bucht. Alles wirkte sauber und liebevoll angelegt, die Häuser waren bunt gestrichen, mit Veranden und Erkern versehen und mit Schnitzereien verziert. Fast alle hatten gepflegte Gärten, zumindest Carpenters neue Liebe Nadine legte mehr Wert auf Blumen denn auf Gemüse. Sie bewohnte ein Cottage am Dorfrand, das ein wenig wie ein Puppenhaus aussah. Es war in hellem Gelb gestrichen, Türen und Fenster himmelblau abgesetzt, darum herum standen Töpfe, in denen Gewürzpflanzen wucherten oder Blumen gezogen wurden. Auf einer Terrasse waren zierliche Stühlchen um einen ebenso niedlichen Metalltisch herumgruppiert. Cat verstand Carpenter – dies war ein Ort, an dem man sich wohl fühlen konnte.
Und dann öffnete sich die Tür, ein französischer Wortschwall erklang, und eine junge Frau stürzte heraus, um Carpenter in eine herzliche Umarmung zu ziehen. Der kleine, untersetzte Händler schien darin vollständig zu versinken – Nadine war einen Kopf größer als er und recht korpulent. Alles an ihr schien weich und rund zu sein, sie hatte ein fröhliches Gesicht mit runden roten Apfelbäckchen, ihr üppiges schwarzes Haar lugte unter einer etwas schief sitzenden, niedlichen Spitzenhaube hervor. Nadine trug ein dunkelrotes Kleid, ihre Schürze spannte sich über ihrem gewaltigen Busen, und sie duftete unwiderstehlich nach Vanille und frischem Backwerk.
»Isch gerade backen!«, erklärte sie in gebrochenem Englisch und lachte ein perlendes Lachen. Ihre schwarzen Augen blitzten spitzbübisch. »Misch ’ aben gesagt Geister, dass kommen Tom! Hier, der misch ’ aben gesagt!« Vergnügt zeigte sie einen der hei-tiki, die Cats Stamm verkaufte und der um ihren Hals hing – Carpenter musste ihn ihr geschenkt haben.
»Aber kommen rein! Oh, du mitgebracht Besuch? Schön, wie du heißen? Und die Hünd … Komm her, kleines Hünd …« Sie lockte Chasseur, der sich sofort an sie schmiegte. Anscheinend zog ihr Duft auch ihn magisch an.
Doch dann störte eine verärgerte Männerstimme die Idylle. »Nadine!« Ein dunkelhaariger, dünner Mann stürmte um das Haus herum und überschüttete Nadine mit einem französischen Wortschwall. »Vos foutues brebis sont encore dans mon potager! Quand est-ce que ca arrêtera? Enfermez-les enfin! Mes belles laitues!« » Die verdammten Schafe«,
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