Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
2
Cat konnte kaum glauben, dass der fliegende Händler, mit dem der Maori-Stamm unter Janes Ägide Geschäfte machte, wirklich der alte Tom Carpenter sein sollte, dem sie ihre Flucht aus der Walfangstation verdankte. Aber wenn sie es recht bedachte, war es nicht allzu abwegig. Carpenter war nach Cats »Adoption« durch die Ngati Toa nur noch einmal im Norden der Insel aufgetaucht, er war auch früher eher auf der Banks-Halbinsel und in den Plains herumgereist. Expeditionen zur Tasman Bay waren teuer und beschwerlich, kein Wunder also, wenn Carpenter den dortigen Markt anderen überließ und sich auf die wachsende Bevölkerung rund um Port Cooper und die durch Landverkauf reicheren Maori-Stämme konzentrierte.
Cats neuen Stamm der Ngai Tahu besuchte er gleich zwei Wochen nach ihrem Abschied von Fenroy Station. Zwei Wochen, in denen Cat alles getan hatte, um sich im Stamm einzugewöhnen, während Chris sie fast täglich besucht und bedrängt hatte, zurück auf die Farm zu kommen.
»Es muss sich doch eine Lösung finden, Cat! Wir lieben uns! Was wir hatten – was wir haben –, ist einzigartig. Bitte wirf es nicht weg!«
Cat blutete das Herz, wenn er sie derart anflehte, aber sie blieb hart. »Die Lösung hat sich schon gefunden, Chris. Ich lebe hier, und du lebst mit deiner Frau auf Fenroy Station. Und nicht ich, sondern du hast weggeworfen, was hätte werden können. Woraus ich dir keinen Vorwurf mache. Damals ging einfach alles zu schnell, wir standen beide noch unter dem Schock von Wairau. Du kanntest mich kaum, ich dich ebenso wenig, ich war gefangen in meiner Trauer um Te Ronga und du in deinem Traum von der eigenen Farm. Wir haben gespürt, dass etwas zwischen uns war, aber wir haben die Chance verpasst. Damit müssen wir uns nun beide abfinden – bitte mach es uns nicht allzu schwer.«
Chris gab jedoch nicht auf. Er suchte immer wieder Gründe, zum Maori-Dorf zu reiten und mit Cat zu reden oder sie immerhin zu sehen, und seine verzweifelten Blicke folgten ihr, wenn sie nach Fenroy Station kam, um Ida zu besuchen.
»Ich komme schon gar nicht mehr gern her«, klagte Cat ihrer Freundin. »So wie er mich ansieht … das muss Jane doch merken. Und Ottfried auch. Karl weiß wahrscheinlich Bescheid, aber vor Ottfried würde ich es lieber geheim halten. Dem gibt man besser kein Druckmittel in die Hand!«
Ida konnte nur nicken. Auch sie beobachtete besorgt, wie sich die Lage zwischen Ottfried, Chris und Karl zuspitzte. Ottfried beteiligte sich kaum an den gemeinschaftlichen Anstrengungen, Schafställe und Scherschuppen zu bauen. Stattdessen erklärte er, das alles für seine Tiere selbst auf seinem Land erstellen zu wollen. Er plante darauf ein Haus für seine Familie, mindestens so aufwendig wie das der Fenroys, machte vorerst jedoch keine Anstalten, mit dem Bau zu beginnen, schon deshalb, weil es an Materialien fehlte. Chris und Karl schlugen das Holz für ihre Scheunen und Ställe in den Südbuchenwäldern in der Nähe. Aber sie zeigten sich nicht bereit, Ottfried bei seinen Alleingängen zu helfen.
»Wir betreiben die Farm gemeinsam, das war die Vereinbarung«, schlug Chris seine Bitte entschlossen ab. »Das heißt, alle Schafe kommen in einen Stall, und das Futter lagert für alle in der gleichen Scheune. Um sämtliche Einrichtungen bis zum Winter fertig zu bekommen, brauchen wir jede Stunde Tageslicht und jeden Mann. Frag Kutu und Hare also nicht, ob sie dir helfen, es sei denn, du willst sie aus eigener Tasche bezahlen! Stallbau geht ganz klar vor Hausbau. Es haben ja alle ein Dach über dem Kopf, und deine Familie hat sogar ein ganz komfortables. Da sollte sich eher Karl beklagen. Also, willst du uns nun helfen oder nicht?«
Ottfrieds Arbeitseifer hielt sich bei Gemeinschaftsprojekten in Grenzen, aber natürlich konnte er sich auch nicht einfach weigern. Also erschien er zwar jeden Tag irgendwann zum Holzschlagen oder auf dem Bau, beschränkte sich allerdings weitgehend darauf, die Maori-Arbeiter herumzukommandieren. Die ließen das natürlich nicht zu, und so geschah bald das Gleiche wie anfänglich bei Jane: Die Arbeiter blieben beleidigt weg, und Chris musste beim Häuptling zu Kreuze kriechen, sich entschuldigen und Geschenke verteilen, damit die Männer wieder erschienen. In diesem Fall war sein Anliegen allerdings sehr viel dringlicher. Ohne Hauspersonal konnte Fenroy Station auskommen, den Bau der Ställe schafften Chris und Karl nicht allein. Schließlich verständigten sich die beiden darauf,
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