Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
der Tasche, entkorkte sie und reichte sie Cat hinüber. »Hier, nimm einen Schluck, das wärmt immer noch am besten. Ihr solltet euch damit gut eindecken, denn bis zum Frühling komme ich nicht mehr. Ich werde diese Lieferung noch verkaufen und dann in Akaroa überwintern. Ein hübscher Ort auf der Banks-Halbinsel. Alles Franzosen. Man versteht zwar kein Wort von dem, was sie sagen, und es sieht nicht so aus, als hätten sie vor, in den nächsten Jahrzehnten noch Englisch zu lernen, aber sie kochen gut! Und ich hab ein Auge auf eine der Frauen dort geworfen …« Er zwinkerte Cat vergnügt zu.
Cat runzelte die Stirn. »Dann hoffe ich mal, dass sie wenigstens die Bedeutung von yes und no kennt, wenn Sie mit ihr vor den Traualtar treten. Und wie erzählen Sie sich dann was an den langen Winterabenden?« Carpenter grinste und wollte etwas erwidern, doch Cat winkte ab, sie war nicht wirklich interessiert an seiner Beziehung zu dieser Französin. »Was ist denn jetzt mit Hempleman?«, fragte sie und gab den Whiskey zurück. »Und wer soll wem etwas vererbt haben?«
»Hemplemans Frau der kleinen Kitten, wenn ich das richtig verstanden habe«, antwortete der Händler. »Du warst in ihrem Testament erwähnt. George hat dir jedoch nichts gegeben. Er war derart aufgebracht, als er sah, wie Barker dich im Pub feilbot. Die grölenden Männer und du in der Mitte … und seine Frau war noch nicht mal kalt …«
Cat nickte und nahm die Flasche erneut entgegen. Diesmal trank sie einen größeren Schluck. Du verdienst nicht … Hemplemans letzte Worte ihr gegenüber ergaben plötzlich einen Sinn. Der Walfänger war der Meinung gewesen, sie wäre der Erbschaft nicht würdig.
»Na ja, und dann warst du ja weg«, sprach Carpenter weiter. »Da wird er sich seine Gedanken gemacht haben. Er sprach mich auf dich an, als ich wieder in Piraki war, und ich hab ihm erzählt, was ich wusste. Dass du vor Barker geflohen bist und keine Hure sein wolltest. Ich habe auch von Reverend Morton erzählt – und er war erschüttert. Es scheint ihm entgangen zu sein, was das für ein alter Lüstling war.«
»Linda Hempelmann hat viel von ihm gehalten«, murmelte Cat. »Aber sie konnte das natürlich nicht einschätzen. Sie war sehr fromm. Na ja, und die meisten Leute, die sehr fromm sind, sind ja auch ein bisschen … hm … unbedarft …«
Carpenter lachte. »Das kannst du laut sagen! Na ja, was soll’s, Friede ihrer Seele. Und wenn der Kerl ihr die letzten Tage etwas erhellt hat mit seiner Beterei, dann hat er ja wenigstens einmal im Leben was Gutes getan. Aber so naiv kann sie nun auch wieder nicht gewesen sein. Wenn sie dir was vererben wollte, dann doch sicher, um dir zu helfen. George hat das jedenfalls so gesehen, und sein Verhalten tat ihm sehr leid. Er ließ sich zehnmal versichern, dass du in Sicherheit bist, und trug mir auf, dich unbedingt zu ihm zu schicken, wenn ich dich wiedersehe. Danach war ich leider nicht mehr in Wairau. Erst ergab es sich nicht, und dann kam es da ja auch zu Konflikten. Jedenfalls hatte ich bis heute keine Ahnung, wo du geblieben bist.«
»Dann hat es sich inzwischen wohl auch erledigt«, meinte Cat und schürte das Feuer.
Carpenter schüttelte den Kopf. »Nein, nicht für George. Er fragt immer wieder nach dir, wenn wir uns sehen. Er hofft immer noch, dich aufzuspüren. Er lebt jetzt übrigens bei Akaroa, mit seiner zweiten Frau. Vor fünf Jahren oder so hat er noch mal geheiratet. Wenn du also nichts zu tun hast: Ich nehm dich gern mit, dann kannst du selbst mit ihm reden.«
Akaroa, eine kleine Bucht, in der französische Siedler ein Dorf gegründet hatten, war knapp dreißig Meilen südöstlich von Purau gelegen. Von Fenroy Station aus würde man wahrscheinlich eine gute Woche unterwegs sein. Bliebe der Rückweg. Cat überlegte, dass sie sicher leicht zu Fuß nach Port Cooper kam. Dort konnte sie dann bei den Deans warten, bis Karl oder Chris mal vorbeikamen und sie wieder mit den Waimakariri hinaufnahmen.
»Wenn du überhaupt zurückwillst«, gab Carpenter zu bedenken. »Womöglich macht dich die Erbschaft ja zu einer reichen Frau, und dir fällt etwas Besseres ein, als dich hier von Jane Fenroy mit Blicken erdolchen zu lassen.«
Cat lachte. »Ich hab in dieser Gegend Verpflichtungen«, meinte sie vage. »Aber Sie haben Recht, ich werde darüber nachdenken. Wie lange sind Sie hier? Doch sicher bis übermorgen, oder? Dann werde ich wissen, ob ich mitfahre.«
Ida weinte, als Cat ihr von der
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