Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
schimpfte er. Wann würden sie dem Garten endlich fernbleiben? »Sperren Sie sie endlich ein! Mein schöner Salat!«, empörte er sich.
»Oh …« Nadines freundliches Gesicht verzog sich erschrocken. »Oh, pardon , Monsieur Jules, pardon , Tom … isch muss … isch muss fangen Schafe. Schrecklische Schafe, immer weglaufen … Immer in Gemüse von Monsieur Jules …«
Nadine setzte sich in Trab und folgte ihrem verärgerten Nachbarn um das Haus herum. Hier gab es einen Schafstall – und einen Pferch, in dem die Herde wohl hätte stehen sollen. Tatsächlich war der Holzzaun an verschiedenen Stellen geborsten, und seine Bewohner verteilten sich auf den umliegenden grasbewachsenen Hügeln und in den Beeten nebenan. Monsieur Jules zog offenbar nicht nur Gemüse für den eigenen Tisch, sondern betrieb eine kleine Gärtnerei. Die Salat- und Kohlköpfe wuchsen hier in ordentlichen Reihen – oder hatten das jedenfalls getan, bevor Nadines Schafe eingebrochen waren. Sie hatten den zierlichen Lattenzaun, mit dem die Anlage umgeben war, ebenso zielsicher dem Erdboden gleichgemacht wie ihre eigene Pferchbegrenzung. Gleich zehn oder zwanzig Wollträger taten sich an den letzten Salatköpfen und am ersten Wintergemüse gütlich. Nadine und ihr Nachbar versuchten vergeblich, sie hinauszutreiben. Weder Jules’ Drohen mit einem Stock noch Nadines Rufe, die sie mit einem Wedeln ihrer Schürze zu unterstreichen suchte, machten irgendeinen Eindruck auf die Tiere.
Cat pfiff nach Chasseur, und wie immer genoss sie es, dem eifrigen Hütehund beim Zusammentreiben der Schafe zuzusehen. Chasseur war nicht ganz so geschickt wie Laura Redwoods und William Deans’ Collies, aber gut genug, um Nadine, Carpenter und den verärgerten Monsieur Jules außerordentlich zu beeindrucken. Binnen kürzester Zeit hatte der braun-weiße Mischling die Tiere zu einer Herde zusammengetrieben und schaute nun fragend auf Cat, die ihm und seinen Schützlingen die Tür zum Pferch öffnete. Gleich darauf marschierten die Schafe im Gänsemarsch hinein.
»Sie werden aber sofort wieder draußen sein, wenn Sie den Zaun nicht flicken, Nadine«, gab sie der begeisterten Französin zu bedenken, die dankbar auf sie zukam und bereit schien, Chasseur ebenso an ihr Herz zu drücken wie zuvor Tom.
»Das so güte Hünd! So was ich brauche! So eine Hünd!« Sie wandte sich an Carpenter, als hoffte sie, er könnte einen Hütehund aus dem Nichts zaubern.
»Was du brauchst, ist ein Käufer für diese Schafe!«, brummte Carpenter. »Kommen Sie, Monsieur Jules, Sie haben doch sicher Werkzeug. Wir bringen eben diesen Zaun in Ordnung.«
»Oh, isch auch Werkzeug! Bestimmt ’ atte gute Pierrot gute Werkzeug. Nur …« Nadine sah sich suchend um.
»Bis sie das gefunden hat, sind wir längst fertig«, meinte Carpenter.
Jules schien das ebenso zu sehen. Er ging hinüber zu seinem Gartenschuppen, und gleich darauf machten sich die Männer mit Zangen und Draht am Zaun zu schaffen. Chasseur hielt derweil die Schafe in Schach.
Nadine berichtete von ihrem Dilemma mit den Schafen, die ihr verstorbener Mann angeschafft hatte und von denen sie sich nun nicht trennen konnte.
»Tom sagt, isch soll verkaufen Schafe. Aber isch nischt bringe über Herz … So man sagt, nischt?« Nadine lächelte wehmütig und sah dann Cat an. »Weil hing Herz von meine gute arme Pierrot an Schafe. Immer sagen: Schafe sein future , Nadine, machen uns reisch. Doch dann, als Schafe gerade angekommen und Pierrot so glücklisch, er tot. Isch nischt verstehen wie. Letzte Blick auf Schafe, dann einfach fällen … fallen … füllen … tot um. Gute, arme Pierrot lieben Schafe! Isch kann doch nischt verkaufen Schafe von gute arme Pierrot an Leute, die ich gar nischt kenne … Wo noch gar nischt misch gemacht reisch.«
Tom Carpenter, der eben nach getaner Arbeit zu den Frauen zurückkam, verdrehte die Augen. »Nadine, vorerst sieht es eher so aus, als machten die Schafe dich arm!«, wandte er sich streng an seine Freundin. »Du musst Monsieur Jules den Salat und den Kohl erstatten, das ist dir doch klar, oder? Wo ist denn der Junge, der die Viecher hüten sollte?«
Nadine zuckte die Schultern. » ’ eute gemacht früher Schluss.«
Cat warf einen Blick auf die leeren Futterraufen und Wasserwannen im Pferch. »Die Tiere waren offenbar noch nicht satt, als er sie eingetrieben hat«, meinte sie. »Haben Sie irgendwo Heu, Nadine? Und Wasser brauchen Sie auch.«
Nadine seufzte unglücklich. »’abe
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