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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Nordinsel schlagen sie das Essen in Blätter ein und garen es in Kochgruben unter heißen Steinen. Man gräbt es aus, wenn es gar ist«, erzählte er, und Ida war schon wieder nach Lachen und Scherzen zumute.
    »Man gräbt sich sein Essen hier immer aus«, bemerkte sie. »Denk an die Kiwis. Ottfrieds Bruder Erich, oder Eric, wie er sich jetzt nennt, hatte eine Art sechsten Sinn dafür, wo er nach ihnen buddeln musste.«
    Karl vergrub eine Wurzel in der Glut des Feuers, um sie darin zu garen. »Eric ist ein netter Junge«, meinte er.
    Ida rieb sich die Stirn. »Er ist anders als Ottfried. Und ich glaube, irgendwie war er schon immer so.«
    Jetzt war es an Karl, verwundert nachzufragen. »Wer? Eric? Der mag immer gute Anlagen gehabt haben, aber erst durch das neue Land kamen die richtig zum Tragen. In Raben Steinfeld …«
    »Nein, ich meine Ottfried«, flüsterte Ida und sah starr ins Feuer. »Er war doch in der Schule schon so. So aufbrausend und rechthaberisch und nie fleißig. Du hast dich mal irgendwann mit ihm geprügelt, weißt du noch? Als wir noch ziemlich klein waren. Lehrer Brakel hat das dann verboten. Und Ottfried hat irgendwann rausgefunden, dass man mit Prügeln nicht weiterkam in Raben Steinfeld. Besser mit Beten und Sichanpassen. Ich glaube, das Wichtigste für Ottfried ist, was die anderen von ihm denken. Am liebsten ist ihm, wenn sie ihn bewundern. Er braucht … Freunde ist nicht das richtige Wort.« Sie hielt inne.
    »Er braucht Kumpane«, bemerkte Karl. »Er braucht Leute, die mit ihm was auskungeln, die mit ihm reden und eben auch trinken und spielen.«
    Ida nickte. »Kungeln tat mein Vater auch gern«, gab sie zu. »Und Ottfrieds Vater. In Raben Steinfeld wäre Ottfried eine Stütze der Gemeinde geworden. Stur und fest im Glauben und bald Kirchendiener und Vorbeter und dann im Ältestenrat.«
    »Und sein Bruder Erich wäre das schwarze Schaf gewesen, das immer querschießt«, fügte Karl hinzu. »Aber jetzt …« Er lächelte grimmig. »Wir sind auf der anderen Seite der Erdkugel. Wo hier Norden ist, ist dort Süden. Wo der eine sein Glück macht, scheitert der andere.«
    Ida schüttelte den Kopf. »Ottfried wird nicht scheitern. Er kommt immer irgendwie durch. Er hat Glück, und er hat … mich … und euch, dich und Chris. Ich weiß genau, was ihr für mich tut, Karl, und wie schwer es euch fällt, mit ihm zurechtzukommen. Aber ich kann ihn nicht verlassen, Karl. Ich bringe es nicht fertig, es wäre eine Todsünde. Meine Mutter würde sich im Grabe umdrehen. › Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. ‹ «
    »Gibt es da denn gar keine Grenzen?«, fragte Karl verzweifelt. »Egal, was immer er tut? Ida, wir sind in Neuseeland, aber manchmal verhältst du dich, als wärst du immer noch in Raben Steinfeld!«
    »Vielleicht bin ich das«, sagte sie leise.

KAPITEL 6
    Obwohl es vom zweiten Tag der Reise an pausenlos regnete, waren Ida und Karl traurig, als am Nachmittag des dritten Tages die ersten Schafe von Riccarton Station in Sicht kamen. Überall in den Hügeln rund um die Farm knabberten die Tiere am letzten Gras. Sie suchten erkennbar die Nähe der Farm, wahrscheinlich standen sie gewöhnlich schon in den Ställen und bekamen Heu. Zurzeit aber war zumindest der größte der Schafställe von einer fremden Herde belegt. Knapp hundert Mutterschafe und Lämmer drängten sich im Paddock vor dem Haus.
    »Das sind sicher die von Cat!«, rief Karl aufgeregt. »Schöne Tiere! Es könnten glatt Merinos sein! Ich kann’s kaum glauben!«
    »Nicht schlecht geraten!« William Deans lachte.
    Er hatte den Wagen herannahen sehen und kam ihnen in Regenmantel und Südwester aus einem der Scherschuppen entgegen. »Ihr habt ein Glück, ihr Leute da von Fenroy Station, euch laufen die besten Schafe zu! Dies hier sind Rambouillets, auch French Merinos genannt. Ganz ausgezeichnete Wolllieferanten. Und nicht so sensibel wie ihre spanischen Vorfahren. Diese sind jedenfalls wetterfest. Im Gegensatz zu Ihnen, wie ich sehe. Kommen Sie, Karl, Ida … Gott, sind die Kinder gewachsen! Lassen Sie uns schnell reingehen, damit Sie ins Trockene kommen.«
    Karl konnte sich jedoch so schnell nicht von Cats Neuerwerbung losreißen. Fasziniert betrachtete er die dicke Wolle der Tiere und die ausladenden, gewundenen Hörner der Widder.
    »Wie kommt Cat an französische Schafe?«, erkundigte er sich.
    »Wie die Jungfrau zum Kinde!«, scherzte Deans. »Aber das soll sie Ihnen selbst erzählen. Jetzt

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