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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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ein.
    Jane passierte grußlos einen Matrosen, der das Deck schrubbte, und entdeckte dann endlich jemanden, an dem sie ihren Unmut auslassen konnte! Da schlich ein Zwischendeckpassagier an Bord herum! Und er suchte nicht einmal Deckung, als sie auf ihn zukam, sondern lächelte sie offen und freundlich an. Nun wagte er auch noch, das Wort an sie zu richten!
    »Goot mornink, ladi!« , radebrechte er.
    Jane blitzte ihn ungläubig an.
    »Issnt it a nize dei?«
    Jane runzelte die Stirn. Der Mann schien verwirrt zu sein.
    »Sie haben hier nichts zu suchen!«, herrschte sie ihn an. »Eine Unverschämtheit, herumzuschleichen und Leute zu belästigen! Verziehen Sie sich augenblicklich in Ihr Quartier, sonst werde ich meinem Vater Meldung machen!«
    Der Mann, jung und blond und eigentlich gar nicht so verrückt wirkend, wie seine Rede ihn erscheinen ließ, sah sie verblüfft und irgendwie verletzt an. Jane verspürte fast die Regung, sich noch einmal versöhnlicher zu äußern. Aber dann überlegte sie es sich anders. Was ging sie dieser irre Kerl an? Sie wandte sich auf dem Fuße um und schritt in Richtung der Kabinen. Majestätisch, wie sie hoffte. Sie durfte niemals so dick werden, dass sie derart watschelte wie ihre Mutter.
    Karl sah ihr unglücklich nach und schlenderte schließlich zu dem Matrosen hinüber, der Jane kopfschüttelnd hinterherblickte.
    »Hab ich irgendwas Falsches gesagt?«, fragte er den Mann.
    Der zuckte mit den Schultern. »Weet ick nich, heff nich tohört«, meinte er in breitem Hamburger Dialekt, bemühte sich dann jedoch, einigermaßen Hochdeutsch zu sprechen. »Wahrscheinlich haste aber nix verbrochen. Die Deern is immer so, da muss man sich nix draus machen. Raunzt jeden an, der ihr übern Weg läuft …«
    Karl rieb sich die Stirn. »Es ist nur … ich hab Englisch mit ihr gesprochen. Und vielleicht … es wäre ja möglich, dass ich etwas gesagt habe, das sie vielleicht beleidigt hat …«
    Der Matrose, ein kleiner Mann mit spitzem Gesicht und listigen, blitzenden Augen, sah kurz zu dem hochgewachsenen Auswanderer auf, bevor er sich wieder ans Schrubben machte.
    »Wat hest denn secht?«, fragte er, wieder ins Platt verfallend.
    Karl wiederholte die Worte, die er eben an die junge Frau gerichtet hatte.
    Der Matrose hielt mit seiner Tätigkeit inne und grinste ihn an. »Also, beleidigt haben kanste se damit nich«, stellte er fest. »Aber Englisch is dat auch nich.«
    »Nicht?« Karl war nun völlig verunsichert. »Aber es steht hier! In meinem Wörterbuch. Ich habe extra ein Buch gekauft. Und nun stimmt das alles nicht, was da drin steht?« Die Kosten für das Buch … und all die Stunden des Lernens … Sollte all das völlig umsonst gewesen sein?
    Der Matrose lachte. »Dat wird schon stimmen, wat in deim Buch steht«, meinte er mit Gemütsruhe. »Is bloß so, dat sich dat anners spricht, als es da geschrieben steht. Gloov ich jedenfalls, viel Englisch gelesen hab ich noch nich …«
    »Aber gesprochen?«, fragte Karl begierig. »Sie sprechen … du … du sprichst Englisch?«
    Der Mann pfiff durch die paar Zähne, die er noch besaß. »Also nich wie die feinen Herrschaften«, schränkte er ein. »Nur dat, wasse im Hafen so lernst – ’n Bier bestellen und ’nen Rum, ’ ne Hure aufreißen, feilschen … wat zu essen kaufen …«
    Essen schien in der Liste des Matrosen ziemlich weit hinten zu stehen, während Karl die Worte für die wichtigsten Nahrungsmittel gewissenhaft als Erstes gelernt hatte. Gleich nach »Arbeit« und »Geld«.
    »Sag mal etwas!«, forderte Karl den Seemann auf.
    Der grinste wieder. »Also dat, wat du da der Deern sagen wolltest, dat heißt richtich: Good morning, Lady . Die Engländer würden aber eher ›Miss‹ sagen. Der Käptain nennt die Lady ›Miss Jane‹ oder ›Miss Beit‹.«
    »Miss heißt Fräulein!«, meinte Karl eifrig.
    Das Wort hatte er auch bereits gelernt, und erfreulicherweise sprach es sich auch so, wie es sich schrieb. Die anderen Wörter allerdings …
    »Isn’t it a nice day?« , wiederholte der Matrose, als Karl ihm das Lexikon mit den Redewendungen hinhielt.
    Es klang völlig fremdartig, und Karl schwirrte der Kopf. Aber immerhin kannte er jetzt einen Experten. »Kannst du’s mir beibringen?«, fragte er den Matrosen. »Ich würd auch was dafür zahlen …« Blutenden Herzens überschlug er seine Barschaft. Hoffentlich würde der Mann nicht zu viel verlangen.
    Der Matrose schüttelte jedoch den Kopf. »Dat bissken, dat ick kann«,

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