Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
meinte er, »dat is wahrscheinlich auch gar nich aals ganz richtich. Behalt mal dein Geld …«
»Aber du kannst mehr als alle anderen!«, flehte Karl. »Bitte! Kann ich … kann ich nicht irgendwas für dich tun? Dir hier helfen vielleicht …« Er wies auf das Deck. »Und dafür bringst du’s mir bei. Wie heißt du überhaupt?«
Der kleine Matrose stellte sich als Hein vor, und auch Karl nannte seinen Namen. Dabei schaute er schon mal nach einem zweiten Schrubber und Eimer aus.
»Du derfst doch gar nich an Deck«, gab Hein dann jedoch zu bedenken. »Wie wist du dat denn maken?«
Karl überlegte. Er war wild entschlossen, zu seinem Unterricht zu kommen. Kurz dachte er daran, Beit wegen einer Sondererlaubnis anzusprechen. Das war jedoch sicher keine gute Idee … Unsicher blickte er hinauf zur Brücke – und sah Kapitän Schacht im Gespräch mit dem Steuermann.
Karl nahm allen Mut zusammen. Der Kapitän hatte sie so freundlich auf seinem Schiff willkommen geheißen und versuchte immer wieder zu schlichten, wenn die Siedler mit Beit aneinandergerieten. Auch während der Trauung zweier Paare und bei der Trauerfeier für den kleinen Rudolf war Schacht ihm leutselig erschienen. Jetzt überlegte er nicht lange. Mehr als Nein sagen konnte der Kapitän nicht, und selbst wenn er über die Störung erzürnt war, würde er Karl kaum ins Meer werfen.
Entschlossen erkletterte der junge Mann die Brücke und schöpfte Hoffnung, als Schacht darüber lächelte.
»Wie kann ich helfen, mein Sohn?«
Kurze Zeit später hatte Karl eine Arbeit als Hilfsmatrose an Deck und auch schon gelernt, dass man dies auf Englisch job nannte. Er sollte Hein und den anderen Seeleuten zur Hand gehen, die Sprache, die dabei gesprochen wurde, war dem Kapitän egal. Schließlich verabschiedete Schacht ihn sogar auf Englisch, und Karl fand, dass seine Worte wohlwollend klangen, obwohl er ihren Sinn nicht ganz erfasste.
»So good luck, boy. After you have finished your studies, you will be welcome in every harbour. I hope they won’t forget to teach you the word ›French disease‹ …«
In den nächsten Wochen wurde das Wetter besser, die Sonne schien, und im Gegensatz zu den totenbleichen Passagieren auf dem Zwischendeck war Karl bald braun gebrannt von der Arbeit an der frischen Luft. Die Matrosen ließen ihn das Deck schrubben, die Rettungsboote instand halten und auch mal dabei helfen, ein Segel zu hissen. Während der Zeit brachten sie ihm Wörter auf Englisch bei, deren Bedeutung er zum Teil nicht einmal auf Deutsch kannte. Ihm schwante, dass es hier um Dinge ging, die man als Christ auch nicht unbedingt wissen musste. Doch er lernte auch Nützliches, und vor allem ging ihm irgendwann auf, dass der Aussprache der Worte in seinem Lexikon durchaus Regeln zugrunde lagen. Ein doppeltes O sagte man immer wie ein U, ein A fast immer wie ein Ä und ein E wie ein I. In seiner Freizeit studierte er sein Buch und wandte neu Erlerntes später bei den Matrosen an. Leider war vieles ihnen unbekannt – um im Hafen ein Mädchen aufzureißen brauchte man schließlich keinen Pflug und keine Egge, kein Saatgut und keinen Spaten. Auch fiel es Karl schwer, aus den Wörtern, die er lernte, ganze Sätze zu bilden. Die Kenntnisse der Matrosen beschränkten sich auf ein paar Redewendungen, und die dahinterstehende Grammatik durchschaute er nicht.
Hier kam Karl allenfalls weiter, wenn sich mal der Butler der Beits zu ihnen gesellte. Peter Hansen, ein freundlicher kleiner Mann, sprach fast fließend Englisch, hatte er doch mit seiner Herrschaft in Australien und in Neuseeland gelebt. Seine Frau war außerdem Schottin. Hansen war gern bereit, Karl weiterzuhelfen, zumal der ihn nicht ständig mit seinem »weibischen Job« neckte wie die Matrosen. Wenn der Butler Geld damit verdiente, dass er Anzüge ausbürstete, Blusen plättete, Staub wischte und Schokolade servierte, so war das für Karl eher ein Grund, ihn zu beneiden, als zu verachten. Eine so leichte Arbeit fand sich wohl kaum irgendwo sonst!
Allerdings war Beit kein einfacher Arbeitgeber. Er ließ dem Butler kaum Freizeit und beschimpfte ihn rüde wegen nichtigster Fehler – zum Beispiel dem, dass Hansen nicht fähig war, ihm seine Wünsche von den Augen abzulesen. Karl fragte sich oft, wie der Butler das aushielt. Er selbst hätte längst aufbegehrt und die Arbeit hingeworfen. Aber Hansen zuckte nur gleichmütig die Schultern, als er ihn eines Tages darauf ansprach.
»Gehört zum Job, Junge. Er
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