Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
tatsächlich etwas wie ein Lob, da Beit sie in Ruhe aussprechen ließ. Doch der brach in schallendes Gelächter aus, und ihr Traum fiel jäh in sich zusammen.
»Nicht zu glauben! Meine kleine Jane will die Company retten! Nachdem sie deren kommenden Niedergang denn auch als Einzige festgestellt hat! Jane, mein Mädchen, soll das ein Scherz sein, oder was treibt dich zu solchen Verrücktheiten?«
Jane sah ihren Vater fassungslos an. »Aber jeder, der diesen Brief liest und eine einigermaßen klare Vorstellung von der Wirtschaftslage der Company hat, muss sich Sorgen machen! Der Gouverneur kann eure Firma zerschlagen, wenn er es will, er braucht den Forderungen der Maori nur uneingeschränkt nachzugeben. Die Schadenersatzforderungen der Siedler wären immens! Und womöglich auch die der Eingeborenen, die hätten ja ein Recht darauf, ihr Land so wiederzubekommen, wie es war. Wenn denen einfällt, dass die darauf schon erbauten Häuser wieder abgerissen werden müssen … Vater, das betrifft auch Teile von Nelson! Teile der Stadt! Es muss dringend mit den Maori verhandelt werden.«
»Schweig!« Beit unterbrach sie heftig, und Jane meinte, in seinem vorhin nur belustigten Antlitz jetzt auch Misstrauen und Sorge zu erkennen. »Und komm vor allem nicht auf die Idee, deinen albernen › Maßnahmenkatalog ‹ oder gar deine Befürchtungen bezüglich der Sicherheit der Company irgendjemand anderem zugänglich zu machen! Du würdest uns ja zum Gespött der Leute machen …«
»Oder vielleicht andere überzeugen, die mehr Einfluss haben als ich?«, fragte Jane frech. Sie wusste, dass sie zu weit ging, aber sie konnte nicht an sich halten. »Was würde Mr. Tuckett dazu sagen, der oberste Landvermesser? Mit dem habt ihr doch auch schon Schwierigkeiten gehabt, oder? Vater, wenn ihr nicht endlich alle einbezieht, die Maori und die Regierung beschwichtigt und Leute wie Tuckett an den Entscheidungen für die Siedler beteiligt, dann wird die New Zealand Company nicht mehr lange existieren!«
Jane erschrak zutiefst, als die Hand ihres Vaters hochfuhr und ihre Wange streifte. Bislang hatte er seine Kinder nie geschlagen, die Ohrfeige war eine Überraschung – und eine Warnung. Sie hatte Recht – ihr Vater hatte durchaus verstanden, was für einen Zündstoff der Brief des Land Claims Commissioners bot. Er war jedoch nicht willig, logische Konsequenzen daraus zu ziehen.
»Du musst etwas tun, Vater!«, beschwor sie ihn weiter. »Es nützt nichts, mich zu bestrafen. Ich bin doch höchstens … na ja, ich hab dir die schlechten Nachrichten gebracht. Aber ich kann dir auch helfen, die Probleme zu lösen. Lies meine Vorschläge, Vater, bitte! Und verhindere diese Strafmaßnahmen gegen Te Rauparaha!«
Beit schnaubte. »Ich werde ganz sicher etwas verhindern, Jane«, sagte er dann böse. »Nämlich, dass du dich weiterhin mit Dingen befasst, die dich nichts angehen und die du auch gar nicht verstehst. Die Kirchenleute haben Recht: Es ist nicht gottgefällig, dass ein Weib sich ins Geschäftliche einmischt. Und dieses Problem werde ich sehr bald lösen. Es wird Zeit, dass du dich mit weiblichen Aufgaben befasst, Jane. Deine Mutter hält mir das schon lange vor, aber ich habe die Zügel schleifen lassen. Ein Fehler, Jane, wie ich jetzt einsehe. Kümmere dich um deine Aussteuer, Mädchen. Sobald ich einen halbwegs passenden Mann finde, werden wir dich verheiraten!«
KAPITEL 10
»Du wirst dich da anschließen!«, erklärte Peter Brandmann seinem Sohn mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »Ich will, dass du verfolgst, was da vor sich geht!«
»Aber ich werde doch kein Wort verstehen«, gab Ottfried zu bedenken.
Was seine Teilnahme an der Expedition zur Ergreifung der aufständischen Wilden anging, für die Officer Thompson, wie er gehört hatte, noch Mitstreiter rekrutierte, waren seine Gefühle gemischt. Einerseits brannte er darauf, von seiner Familie fortzukommen – Peter Brandmann hielt seine Kinder seit dem Anlanden in Nelson unter strengster Kontrolle. Ottfried hatte es bislang nicht einmal geschafft, in eine der örtlichen Schenken zu entkommen, die man in Brasilien Bar nannte und hier Pub. Dabei hätte er gern mit Anton Lange und anderen jungen Auswanderern ein Bier auf die glückliche Ankunft getrunken – und er hatte auch nichts gegen Kontakte mit Einheimischen. In Salvador war er immer mal wieder entwischt. Er hatte gelernt, dass man Bier auf Portugiesisch cerveja nannte, während klarer Schnaps cachaça hieß
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