Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
zahlten und sich auf den Weg zurück in ihre Quartiere machten.
»Ich verstehe diesen Wakefield nicht«, meinte Jakob Lange, als sie den Hafenbereich verlassen hatten, wobei Ottfried stolz seine Waffe über der Schulter trug. »Er wird doch wohl mit einer Horde unbewaffneter Wilder fertig werden, die nicht einmal mit Pfeil und Bogen schießen, sondern ihre Jagdbeute ausgraben! Warum fährt er nicht hin, macht deren Lager dem Erdboden gleich, wie sie es mit dem der Landvermesser getan haben, und reibt die Kerle einfach auf?«
»Das wäre nicht christlich«, gab Peter Brandmann zu bedenken.
Lange stieß verächtlich die Luft aus. »Unsinn! Das sind doch sowieso Heiden … Es ist sicher nicht gottgefällig, wenn die unser Land blockieren.«
Am 17. Juni 1843 bestiegen Ottfried Brandmann, Karl Jensch und neunundvierzig weitere Männer die regierungseigene Brigg Victoria . Von den an der Expedition teilnehmenden Landvermessern einmal abgesehen, waren sämtliche Männer bewaffnet. Thompson hatte auch Karl eine Muskete ausgehändigt, offenbar in der Annahme, der junge Mann kenne sich damit aus. Eine Einführung in die Bedienung der Waffe war jedenfalls nicht erfolgt.
Das Schiff segelte den Wairau-Strom hinauf, an dem das Lager der Maori vermutet wurde. Die Männer hofften, es in wenigen Stunden zu erreichen.
»Und dann wird die Sache mit dem Land hoffentlich bald geklärt sein!«, erklärte Jakob Lange seinen Kindern, die Bedenken des Ladenbesitzers ignorierend.
Schließlich hatte Beit den Auswanderern noch am Vortag übersetzt, dass Captain Wakefield plane, die Landvermesser gleich in der Wairau-Ebene abzusetzen, nachdem er die Häuptlinge verhaftet habe. Die Erschließungsarbeiten würden dann zügig vorangehen.
»Lasst uns also beten, dass Gott unserer Sache gnädig sein wird«, fuhr Lange fort und faltete die Hände. »Halte, o Herr, besonders deine Hand über meinen künftigen Schwiegersohn Ottfried, den Verlobten meiner Tochter Ida. Er möge Dein Werk für uns alle tun und gesund und siegreich heimkehren!«
Ida fiel brav in das Gebet mit ein, sprach aber auch verstohlen ein weiteres für Karl Jensch. Sie machte sich Sorgen um beide Männer. Und sie fragte sich, ob der Segen Gottes wirklich darauf liegen konnte, das Leben in diesem neuen Land mit einer Strafexpedition gegen die Ureinwohner zu beginnen …
Die blonde Maori
Wairau-Ebene, Nelson
1843
KAPITEL 1
»Du wirst doch übersetzen, nicht wahr?«, vergewisserte sich Te Puaha.
Bevor Cat sechs Jahre zuvor zu den Maori gekommen war, hatte dem jungen Mann diese Aufgabe oblegen, und er drückte sich auch nicht darum. Erst vor Kurzem, als Te Rauparaha Captain Wakefields Landvermesser vom Land der Ngati Toa vertrieben hatte, war es Te Puaha gewesen, der ihnen höflich, aber unmissverständlich klargemacht hatte, dass sie hier nicht erwünscht waren. So selbstverständlich und korrekt, wie sich Cat in der Sprache der pakeha ausdrückte, würde Te Puaha es jedoch niemals schaffen. Dieses Mal musste ja auch kein Trupp Krieger zu den Weißen geschickt werden, Captain Wakefields Leute würden die Maori in ihrem Dorf aufsuchen. Das junge Mädchen konnte also gefahrlos an den Verhandlungen teilnehmen.
»Natürlich!« Cat schob den Korb beiseite, an dem sie eben geflochten hatte, und nickte. »Es werden ja ohnehin alle da sein. Te Ronga hat sich auf jeden Fall für ein förmliches powhiri ausgesprochen.«
Te Puaha verzog den Mund. »Das können wir auch lassen«, meinte er. »Die pakeha wissen es ohnehin nicht zu schätzen, wenn wir sie mit Gesang und Tanz begrüßen. Es wird sie eher aufbringen. Sie haben wenig Geduld …«
Cat nickte wieder. »Aber es ist tikanga «, wiederholte sie die Worte ihrer Pflegemutter. »Die Götter werden den Verhandlungen wohlgefälliger gegenüberstehen, wenn wir die Bräuche achten.« Sie lächelte. »Wir werden es abkürzen. Das habe ich schon mit Te Ronga besprochen – wir achten damit den Brauch der pakeha , schnell zur Sache zu kommen.«
Der kräftige junge Maori, ein Neffe des Häuptlings, wie Cat inzwischen wusste, zwinkerte ihr zu. »Du machst es schon richtig. Ich denke, ich werde sie noch an Bord ihres Schiffes begrüßen und willkommen heißen. Dann rudern wir sie an Land, ich geleite sie auf den Verhandlungsplatz, und du kannst nach den Zeremonien zu uns stoßen.«
Cat strich ihr langes blondes Haar zurück, das sie mit einem breiten gewebten Stirnband in den Stammesfarben aus dem Gesicht hielt. Die pakeha würden
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