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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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selbst.
     
    Am Tag darauf herrschte freudige Aufregung im Lager. Man eilte von hier nach dort, der ganze Stamm schien in Aufruhr zu sein. Frauen und Männer schmückten sich, und die Kinder scharten sich mehr als sonst um Feuerhaar und triezten ihn mit Stöcken. Erwartungsvolle Blicke lagen auf ihm. Ständig zeigte man ihm Kampfgesten; warum, wußte er nicht. Auch dieses Mal brachte man ihm reichlich zu essen.
    Schließlich, es war spät am Tag, löste man den Strick um seinen Hals und führte ihn mit gefesselten Händen zu einem Zelt. Auf dem Weg dorthin fielen ihm einige Frauen auf, die nicht so aussahen, als stammten sie vom Volk der Riesen ab - diese Frauen waren kleinere Plattgesichter, so wie er. Sie spannten frische Felle zum Trocknen - Wolfsfelle. Feuerhaar beschlich eine grauenhafte Ahnung ... Zum ersten Mal sah er das volle, riesige Ausmaß des Lagers. Nahe am Fluß schichteten Männer gesammeltes Holz zu drei großen Stapeln um einen aus dem Boden aufragenden schwarz und rot bemalten, seltsam geformten Pfahl, der selbst den größten der Riesen noch um einiges an Höhe und Breite übertraf. Mannshohe verkohlte Baumstümpfe standen unregelmäßig um den Pfahl herum und grenzten einen bestimmten Platz ein. Wie geisterhaft erstarrte Tote, deren Fleisch sich in angebranntes Holz verwandelt hatte, standen sie da und schienen über den Platz zu wachen.
    Als Feuerhaar das von Kräuterrauch gefüllte Zelt betrat, saß ein weißhaariger, alter Mann darin; unbekleidet bis auf einen knappen ledernen Schurz, der sein Glied bedeckte. Seine Hände ruhten auf zwei blanken Schädeln, deren leere, dunkle Augenhöhlen Feuerhaar anstarrten. Den Alten erkannte Feuerhaar sofort wieder, sein Gesicht war ihm bereits vertraut geworden. Zwei schwarz bemalte, männliche Gestalten hockten hinter dem Alten. Feuerhaar bezweifelte, daß sie das Mannesalter bereits erreicht hatten und zum Kreis der Jäger zählten. Sie standen auf, und während der eine langsam, ernst und schweigend an ihn herantrat, hob der andere ein gefaltetes Hirschfell vom Boden auf. Gemeinsam banden sie es Feuerhaar, samt Schädeldach und Geweih, fest an Leib und Kopf. Währenddessen vernahm er ein surrendes Geräusch, das mal tief und mal hoch ertönte. Ein weiteres Surren setzte ein - dann noch eines. Schauerlich und schön zugleich, wie ein Gesang von Toten, drangen die geisterhaften Töne in seinen Geist. Er fühlte einen kalten Schauer, der ihm über den Rücken zog, und erstarrte aus Ehrfurcht vor dem starken Zauber dieses Volkes. Unerwartet öffnete sich der Eingang des Zeltes und Sie kam herein, kniete sich zu ihm hinunter und sah ihn zunächst abschätzend an. Ein zarter Ausdruck des Wohlgefallens überzog mit einem Mal ihr Gesicht, und ihre leuchtenden Augen schauten tief und wärmend in ihn hinein. Dann berührte sie ihn an der Schulter und streichelte seine Muskeln. In Gedanken war er ihr schon oft so nah gewesen wie jetzt. Die surrenden Geräusche von draußen hallten laut in seinem Kopf nach. Gefühlvoll fuhr sie ihm mit den Fingern über die Brust, dann über den Bauch und schließlich legte sie ihre Hand auf sein Glied. Es schwoll sofort an, und er spürte die Hitze eines inneren Feuers, das ihre Berührung entfacht hatte. Unerwartet zog sie daraufhin ihre Hand zurück und flößte ihm einen warmen, bitteren Trank ein. Langsam stand sie wieder auf, wandte sich von ihm ab und verließ das Zelt. Nach einer Weile fragte er sich, ob sie sich tatsächlich nur von seiner Männlichkeit überzeugen wollte, und aus welchem Grund sie es getan hatte. Schon bald spürte er die Wirkung des Tranks. Das Surren jagte durch seinen Kopf wie ein Rudel Wölfe. Deutlich spürte er das Pulsieren seines Blutes und die wachsende Erregung von Körper und Geist ballte sich in seinem Unterleib. Als schließlich Trommeln einsetzten, glaubte er, das Schlagen seines Herzens zu hören. Er fühlte deutlich, wie sich außerhalb des Zeltes eine erwartungsvolle Spannung aufbaute, und daß sich sein Schicksal wie ein bevorstehendes Gewitter über ihm zusammenzog. Dennoch fürchtete er sich nicht - vielmehr verspürte er den Drang, inmitten von Donner und Blitz zu tanzen. Mit der einsetzenden Dämmerung stieg auch innerhalb des Zeltes die Spannung. Und als der Alte das Fell, das den Eingang des Zeltes verhüllte, zurückwarf und Feuerhaar hinausführte, erwartete ihn das Volk der Riesen bereits mit lauten Zurufen, im Feuerschein der angebrochenen Nacht. Jetzt sah er, daß sie das

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